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Nimm dich in acht

Nimm dich in acht

Titel: Nimm dich in acht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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An der Tür hing sogar ein Schild mit der Aufschrift ZU

    VERMIETEN. Hoffentlich zieht dort keine Konkurrenz ein, dachte er. Die Geschäfte gehen schon schleppend genug.
    Am Donnerstag schloß Nat sein Geschäft um neun Uhr.
    Bevor er ging, stellte er allerdings noch seine Auslage um.
    Als er durch das Schaufenster auf die Straße blickte, erinnerte er sich, wie am Dienstag gegen eins dieser aufgemotzte Kerl in sein Schaufenster gesehen und dann die Straße überquert hatte, um in Parkis Laden zu gehen.
    Vielleicht hätte er den Cops doch von ihm erzählen sollen, dachte Nat. Dann verscheuchte er diesen Gedanken sogleich wieder. Reine Zeitverschwendung, sagte er sich.
    Der Kerl war vermutlich wie ein Jojo in Parkis Laden reinund wieder rausgehüpft. Diese Sorte stöberte lieber im Sortiment des »Dark Delights« als im Khyem Geschenkshop. Für Parkis Zeug interessierten sich nur Touristen, und der Mann, den er gesehen hatte, sah beileibe nicht wie ein Tourist aus.
    Nat grinste, als er an das seltsame Geschenk dachte, daß Parki ihm im letzten Jahr mitgebracht hatte – ein fetter kleiner Kerl mit dem Kopf eines Elefanten, der auf einem Thron saß.
    »Du bist ein guter Freund, Nat«, hatte Parki in seinem eigentümlichen Singsang gesagt. »Das habe ich für dich geschnitzt. Dies ist Ganesh, der Gott mit dem Elefantenkopf. Es gibt eine alte Legende … Shiva, sein Vater, schnitt Ganesh versehentlich den Kopf ab, als er fünf Jahre alt war, und als seine Mutter verlangte, der Vater solle ihn wieder ansetzen, gab er dem Kind irrtümlich den Kopf eines Elefanten. Darauf protestierte die Mutter, ihr Sohn sei so häßlich, daß alle ihn verachten würden, doch der Vater sagte: ›Ich werde ihn zum Gott der Weisheit, des Wohlstands und des Glücks machen. Du wirst sehen, man wird ihn lieben.‹«

    Nat wußte, daß es Parki viel Mühe gekostet hatte, die kleine Figur zu schnitzen. Und wie die meisten Dinge, die Parki selbst herstellte, war sie mit Türkissteinchen verziert.
    Nat Small gab selten sentimentalen Anwandlungen nach, doch zu Ehren seines ermordeten Freundes ging er wieder in sein Lager, grub den Elefantengott aus und stellte ihn ins Schaufenster, und zwar so, daß der Rüssel zu Parkis Laden zeigte. Dort lasse ich ihn stehen, bis der Laden vermietet ist, beschloß er. Als eine Art Denkmal für den netten kleinen Kerl.
    Während Nat Small abschloß und sich auf den Heimweg machte, war er ein wenig traurig, kam sich jedoch auch beinahe tugendhaft vor und ließ sich von dem Gedanken aufheitern, daß vielleicht eine Bäckerei in Parkis Ladenlokal einziehen würde. Das wäre nicht nur äußerst praktisch für ihn, sondern auch sehr gut fürs Geschäft.

    72
    Donald Richards hatte Rena, seiner Haushälterin, gesagt, daß er auswärts essen wolle, dann, da es ihm allein zu langweilig war, hatte er spontan Mark Greenberg, einen guten Freund und Psychiaterkollegen angerufen, bei dem er nach dem Tod seiner Frau eine Zeitlang professionellen Rat gesucht hatte. Zum Glück stand Greenberg zur Verfügung. »Betsy geht mit ihrer Mutter in die Oper«, sagte er. »Ich habe gekniffen.«
    Sie trafen sich im Kennedy’s an der West Fifty-seventh Street. Greenberg, vom Aussehen der typische Akademiker, Ende Vierzig, wartete, bis ihre Getränke kamen, dann sagte er: »Don, wir haben schon lange nicht mehr als Arzt und Patient miteinander geredet. Wie geht es dir?«
    Richards lächelte. »Ich bin rastlos. Ich schätze, das ist ein gutes Zeichen.«
    »Na ja, ich habe dein Buch gelesen. Es hat mir gefallen.
    Erzähl mir, warum du es geschrieben hast.«
    »Das ist das zweite Mal in zwei Tagen, daß mir jemand diese Frage stellt«, entgegnete Richards. »Ganz einfach –
    das Thema hat mich interessiert. Ich hatte mal einen Patienten, dessen Frau verschwunden war. Er lag völlig am Boden. Dann, vor zwei Jahren, als ihre Leiche in ihrem Wagen gefunden wurde, konnte er endlich wieder etwas aus seinem Leben machen. Sie war von der Straße abgekommen und in einen See gestürzt. Ihr Tod war die Folge eines Unfalls. Die meisten in meinem Buch erwähnten Frauen sind Opfer eines Verbrechens. Ich habe das Buch geschrieben, um anderen Frauen die Gefahren vor Augen zu führen, denen sie ausgesetzt sein können, und um ihnen zu zeigen, wie man entsprechende Situationen meiden kann.«
    »Eine Art Wiedergutmachung? Gibst du dir immer noch die Schuld an Kathys Tod?« fragte Greenberg leise.
    »Ich möchte gern glauben, daß ich allmählich darüber

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