Nimm doch einfach mich
an unser Tele fon?«, fragte seine Mutter verwirrt. »Wie auch immer, mein Schatz, ich wollte dir nur kurz Bescheid geben, dass dein Vater und ich heute Abend zurückkommen. Es war wirklich ganz reizend hier, aber dann haben die grauenvollen Brüder deines Vaters wieder angefangen, die alten Familiengeschichten auszugraben, wonach uns nun wirklich nicht der Sinn stand«, schloss sie.
Rhys krümmte sich innerlich. »Klar, Mom«, sagte er matt und zuckte zusammen, als er sah, wie Vince eine zerbrechliche chinesische Vase von einem kleinen Beistelltischchen in der Ecke nahm.
»Stell das sofort wieder hin!«, zischte er.
»Rhys?«, fragte Lady Sterling.
»Ich … ich muss los.« Rhys legte eilig auf. Er wusste noch nicht einmal, wie viele Leute überhaupt noch im Haus waren.
Eins ist klar: Wo Rauch ist, da ist die Kifferhorde nicht weit.
ein neuer tag bricht an
Jack wälzte sich schlaflos auf dem Biobaumwolllaken hin und her, mit dem die rosshaargefüllte Matratze bezogen war – aber so oft sie sich auch drehte, sie fand einfach keine gemütliche Schlafposition. Als sie vor einer halben Stunde aufgewacht war, hatte sie festgestellt, dass sie immer noch ihr weißes Dior-Kleid anhatte, allerdings war ihr viel zu schwindelig und schlecht gewesen, als dass sie es geschafft hätte, aufzustehen und es auszuziehen.
Neben ihr lag J.P. mit weit von sich gestreckten Armen und Beinen auf dem Bauch, an den Füßen seine schwarzen Lackschuhe von Harris. So viel zum Thema leidenschaftlicher Sex. Avery und sie hatten sich irgendwann kurz nach Mitternacht von der Party abgeseilt und waren in eine ziemlich versiffte Kneipe gegangen, wo sie die einzigen weiblichen Gäste gewesen waren. Das Bier dort hatte ziemlich schal geschmeckt, was sie jedoch nicht davon abgehalten hatte, es literweise in sich reinzuschütten. Zwischendurch hatten sie dann noch mit einer Gruppe dienstfreier Polizisten ein paar Kurze gekippt. Erstaunlicherweise hatten sie sich blendend amüsiert. Gegen zwei Uhr morgens hatte Jack dann einen Blick auf ihr Handy geworfen und eine SMS von J.P. und seinem Vater darauf entdeckt, die offenbar in ziemlicher Panik waren, weil sie nicht wussten, wo sie steckte. Sie hatte Avery in ein Taxi verfrachtet und war dann zu den Lofts gefahren, wo man sie sofort genötigt hatte, wieder in Kameras zu lächeln, entsetzlich langweiligen Menschen die Hände zu schütteln und weitere Interviews mit irgendwelchen Fernsehsendern zu führen.
Und noch mehr zu trinken?
Weil sie zwei Stunden lang verschwunden gewesen war, ließen Candice und Jeannette sie und J.P. erst gegen vier Uhr morgens wieder aus ihren Krallen, als auch die Party nur noch auf Sparflamme köchelte. Allerdings bestanden die beiden darauf, dass sie zum Abschluss im Penthouse noch ein letztes Interview mit einem Reporter von NY1 führten. Jack hoffte inständig, dass sie dabei nicht wie eine komplette Vollidiotin rübergekommen war. Obwohl … wenn sie jetzt so darüber nachdachte, war es ihr eigentlich ziemlich egal. Sie schloss die Augen wieder. Vielleicht würde sich ihr Kater etwas gelegt haben, wenn sie sie das nächste Mal öffnete.
Wie schade, dass man als das Gesicht des Grünen Woh nens nicht automatisch zur niemals-müden, niemals-verkaterten, immer-fitten Superheldin mutierte.
»Uuuaaahhh.« J.P. stöhnte im Schlaf und legte einen Arm quer über Jacks Brüste, was sie allerdings nicht an-, sondern extrem abtörnte. Verdammt noch mal, konnte er nicht auf seiner Seite des Betts bleiben?
Als sie vorsichtig ihre Füße über die Bettkante schwang, wäre sie fast auf Magellan getreten. Das kleine Hundemädchen stieß ein empörtes Winseln aus und sprang dann übermütig aufs Bett.
»Runter mit dir«, zischte Jack und schubste sie auf den Boden zurück. Als sie sich im Apartment umschaute, sah sie auf der Arbeitsplatte eine Armada an Geschenkkörben und Weinflaschen stehen. Wann waren die denn geliefert worden?
Sie wankte zur Theke, nahm sich einen Heidelbeer-Muffin aus einem der Geschenkkörbe und biss hinein. Er war staubtrocken.
»Wo bist du, meine Schöne?«, krächzte J.P., rollte sich herum und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Seine Haare standen in alle Richtungen vom Kopf ab und auf einer Wange hatten die Knöpfe seines Kopfkissens tiefe Abdrücke hinterlassen.
»Morgen.« Plötzlich sah Jack sich selbst und J.P. in fünfzig Jahren vor sich – wie sie immer noch in den Cashman-Lofts wohnten, wie sie immer noch neben ihm aufwachte und er sie
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