Nimm mich, wie ich bin
sah. “Wie hast du mich gefunden?”
“Jo hat mich über Funk informiert. Sie macht sich große Sorgen um dich.”
Ally verschränkte die Arme über der Brust. “Das ist eine Beleidigung. Ich bin sehr gut in der Lage, auf dem Pfad zu bleiben und nicht in Schwierigkeiten zu geraten.”
“Du wirst mir vergeben, wenn ich mir einen Kommentar dazu verbeiße.” Er warf einen Blick auf die Karte, die sie in der Hand hielt, und runzelte die Stirn.
“Ich suche nach Hinweisen”, sagte sie kleinlaut. “Ich musste etwas tun, Chance.” Sie errötete, denn dummerweise hielt sie die Karte falsch herum.
Chance schüttelte den Kopf. “Warum habe ich immer das Bedürfnis, dich irgendwo einzusperren?”
Sie lächelte. “Vielleicht weil du mich gern hast?” Aber sie wurde ernst, als ihr einfiel, weswegen sie beide hier waren. “Zwing mich nicht zurückzugehen. Ich möchte Brian helfen.”
Chance legte den Kopf in den Nacken und blickte in den klaren blauen Himmel, die Hände auf die Hüften gestützt. “Ehrlich, ich weiß nicht, was ich mit dem Jungen tun soll. Irgendwie verstehe ich ihn ja.” Er sah Ally an. “Und warum endet ein Gespräch mit dir immer damit, dass ich dir mein Herz ausschütte?”
Ihr Herz machte einen Sprung. “Aus dem gleichen Grund, weswegen ich mit dir rede. Du musst inzwischen begriffen haben, wie viel du mir bedeutest.”
Er sah müde aus. Sein ganzer Körper war angespannt, und um seine Augen hatten sich kleine Linien der Erschöpfung gebildet. Ally wünschte, sie könnte ihm helfen, aber sie wusste, dass er keinen Trost von ihr wollte. Er wollte nichts von ihr – außer vielleicht, dass sie endlich aus Wyoming verschwand.
“Du hattest noch einen Anruf”, sagte er.
“Von Lucy?”
“Nein.” Er warf ihr einen unergründlichen Blick zu. “Aus San Francisco.”
“Oh.”
“Es war Maggie.” Er sah sie mit einer leidenschaftlichen Intensität an, die Allys Knie selbst nach all diesen Wochen in Wackelpudding verwandelte.
Was wollte er von ihr? Sie hatte nicht die geringste Ahnung. Sie holte eine Wasserflasche aus ihrem Rucksack und nahm einen Schluck. Sie schloss die Augen und genoss es, die warme Sonne auf ihrer Haut zu fühlen.
Als Chance sie plötzlich mit seinen großen, starken Händen an den Schultern packte und sie zu sich herumdrehte, schrie sie leise auf. Wieder biss er gereizt die Zähne zusammen, und sie sagte sich insgeheim, dass er sich doch etwas aus ihr machte, so wenig er es auch zugeben wollte.
Bevor sie ein Wort herausbringen konnte, presste er begierig den Mund auf ihre Lippen.
Mit einem dumpfen Geräusch fiel der Rucksack auf den Boden. Die Feldflasche folgte.
Jetzt küsste Chance Ally noch heftiger und entfachte eine Hitze in ihr, die sich in Sekundenschnelle in ihrem ganzen Körper ausbreitete. Ally glaubte zu schweben. Keiner außer Chance hatte je solche Empfindungen in ihr geweckt, bei keinem Mann hatte sie sich so lebendig gefühlt. Sie stieß einen Laut aus, der tiefe Freude ausdrückte, legte die Arme um seinen Nacken und begann seinen Kuss voller Begeisterung zu erwidern.
Als sie die Finger in sein Haar schob, stöhnte er auf, presste sich noch fester an sie und schob einen seiner Schenkel zwischen ihre Beine. Auch seine Hände blieben nicht untätig. Rastlos glitten seine Finger über ihren Rücken und ihre Hüften, und überall, wo er sie berührte, prickelte ihre Haut. Verzückt schloss sie die Augen und wünschte sich, er würde ewig weitermachen.
Doch plötzlich löste er sich von. Verwirrt sah sie ihn an.
“Verdammt!”, stieß er hervor und wich mit finsterer Miene vor ihr zurück, als hätte sie eine ansteckende Krankheit.
“Was …” Ally musste sich räuspern, um sprechen zu können. “Was war das?”
“Nichts. Nur ein Kuss.”
Sie sollte froh sein, dass sie das geklärt hatten, weil sie schon geglaubt hatte, dass es sehr viel mehr als nur ein Kuss gewesen war. Was sehr, sehr schlecht war, denn es war nicht nur ihr Körper, der sich jetzt nach mehr sehnte. Nein, auch ihr Herz tat weh. Und das machte ihr Angst.
“Ich muss mich von dir fernhalten”, erklärte Chance grimmig. “Ich bin entschlossen, die Hände von dir zu lassen.”
“Nun, du bist nicht sehr gut darin.”
“Ich werde mir zukünftig größere Mühe geben.”
“Gut, weil …” Es schnürte ihr die Kehle zu, ihn auch nur anzusehen, denn sie begehrte ihn nun mal. Und er begehrte sie auch, das wusste sie. Aber er wollte sie nicht begehren, und das tat
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