Nimm mich
lagen Papiere und Akten verstreut. Ein Teller mit nicht angerührten Sandwiches war zur Seite geschoben und durch ein Telefon und Notizbuch ersetzt worden. Joshua stand vor einer eingebauten Bar. Als sie über den dicken Teppich lief, drehte er sich um. „Weißwein?“
„Ich hätte lieber eine Cola.“
Er füllte Eis in ein Glas und schenkte ihr ein. Beide schienen sie fasziniert von dem sich bildenden Schaum zu sein.
„Danke.“ Jessie nahm das Glas und freute sich darüber, wie kühl ihre Stimme klang. Wie unglaublich wohlerzogen wir doch sind.
Unaufgefordert setzte sie sich, das Glas fest in beiden Händen. Das Leder passte sich schnell ihrer Körpertemperatur an. Es war viel zu bequem. Sie rückte nach vorne an den Rand, während Joshua sich auf das Sofa ihr gegenüber setzte und sie durch halb geschlossene Lider beobachtete.
Mit geübten Augen schaute Jessie durch den großen Raum. Alles hier war technisch betrachtet absolut in Ordnung. Die Gemälde und Skulpturen waren teuer und von diskreten Lichtern gut beleuchtet. Der rotweinfarbene Teppich mit schwarz-weißem Rand erstreckte sich über den riesigen Raum bis zu den Fenstern. Die steif und korrekt zusammengebundenen Vorhänge passten zum Teppich. Niemand konnte in dieses Fenster im zweiundzwanzigsten Stock über der Stadt blicken. Drei butterweiche schwarze Ledersofas formten ein U vor dem Kamin und den beiden Fenstern mit dieser unglaublichen Aussicht auf die Lichter der Stadt.
Aber es war nicht das geringste Leben in diesem Raum.
„Conrad hat seinen Job hervorragend gemacht, aber wer auch immer für die Dekoration zuständig war, muss ein Androide gewesen sein.“ Conrad hatte architektonisch offenbar völlig freie Hand gehabt, unbegrenzte finanzielle Möglichkeiten und einen Klienten, der sich für das Projekt erst interessierte, nachdem es fertiggestellt war. Leider Gottes hatte Joshua dem Innenausstatter dieselben Freiheiten zugestanden.
Jessie war es wichtig, ihre Kunden von Anfang an in den Prozess mit einzubeziehen. Für sie war es wichtig, dass die Kunden mehr als nur ihr Geld investierten. Denn wenn sie mit einem Haus fertig war, sollte daraus ein Heim geworden sein. Geprägt von der Persönlichkeit ihrer Kunden.
Joshua zog wegen ihres Androiden-Kommentars eine Augenbraue in die Höhe. „Es handelt sich hier um eine Geschäftswohnung.“ Er blickte sich nicht um. Seine Aufmerksamkeit war hundertprozentig auf Jessie gerichtet. „Ich bin absolut zufrieden damit.“
Sie sprachen doch von der Einrichtung … oder nicht? „Ich wollte dich nicht stören.“ Sie hob das Kinn, in der Absicht, genau das zu tun – diesen Mann aus Eis zu stören, bis er endlich schmolz. Falls sie ihm vorher nicht körperliche Gewalt antat. Sie sah ihn durch ihre langen Wimpern hindurch an.
Sein Blick konnte einem Frostbeulen bescheren. Das war wohl der Grund, warum man ihn Eisklotz nannte. Sein Gesichtsausdruck hatte sich nicht im Geringsten verändert, seit sie ins Zimmer gekommen war. Innerlich musste sie lächeln, weil sie wusste, dass unter dieser harten, rauen Schale der wahre Joshua Falcon versteckt war. Sie würde das dicke Eis zum Schmelzen bringen, damit die darunterliegende Lava zum Vorschein kam. Selbstverständlich nur so viel, dass sie sich daran nicht verbrennen konnte, aber genug, um Joshua am Kochen zu halten, bis sie hatte, was sie wollte. Dann konnte er gerne wieder einfrieren.
„Du störst mich, seit ich dich das erste Mal gesehen habe, Jessie“, bekannte Joshua trocken. „Du solltest besser hier sein, um Ja zu sagen. Wenn nicht, dann scher dich sofort zum Teufel.“ Seine Stimme klang tief und grob.
Er sah sie an – oh, doch nicht mehr so kalt –, und er musterte ihren Körper, als ob sie nackt wäre. „Ich warte nicht eine Sekunde länger auf dich.“
„Nein?“ Ihre Wangen röteten sich, als sie versuchte, ihren Atem unter Kontrolle zu bekommen. Sie bedeckte den heftig schlagenden Puls an ihrem Hals mit der Hand. Solange er sie so ansah, fiel es ihr schwer, nicht zu vergessen, dass sie diejenige war, die die Richtung bestimmte. Ihre Brustwarzen richteten sich auf und drückten gegen den BH, ihre Haut fühlte sich an wie nach einem Sonnenbrand.
Ihre Blicke verhakten sich ineinander, während sie das Glas an die Lippen hob.
„Wieso bist du gekommen?“ Sie sah, dass er hart schluckte, doch er blinzelte nicht einmal, während er sie betrachtete. Er hatte den hypnotisierenden Blick einer Schlange. Ich werde dich bekommen, sagte
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