Nimm mich
ich eine Verpflichtung mit einem Kunden eingehe, werde ich mich verdammt noch mal daran halten.“
„Du hast eine Verpflichtung …“ sagte er barsch und umfasste ihre Handgelenke noch fester. „Mir gegenüber. Und das ist viel wichtiger.“
Jessie entwand sich seinen Fingern. Sein Griff hatte nicht wehgetan, und er ließ sie auch umgehend los. An den Tisch gelehnt warf sie ihm einen kalten Blick zu. Trotz ihres wild schlagenden Herzens versuchte sie, ruhig zu atmen. Er war so kalt wie der Frühlingswind, der draußen durch die Bäume strich.
„Ich werde mit diesen Kunden auch nächstes Jahr zusammenarbeiten, vermutlich auch übernächstes.“
Sein Mund wurde zu einer schmalen Linie. Er verstand, was sie sagen wollte.
„Mit meinen Kunden werde ich lange zu tun haben, Joshua. Du hingegen wirst dich nächsten Januar nicht einmal mehr an meinen Namen erinnern. Ich werde Geliebte Nummer …“, sie wedelte mit der Hand, „… was auch immer sein.“ Sie kreuzte ihre Finger hinter dem Rücken, weil sie gelogen hatte. Weil sie behauptet hatte, sie würde im Januar noch immer bei ihm sein. Dabei wollte sie spätestens nächsten Monat aus seinem Leben verschwinden.
„Ich werde zwei Wochen weg sein.“ Joshua betrachtete sie prüfend. Sie hatte keine Ahnung, worauf er wartete. Auf eine Kapitulation?
„Ich wünsche dir einen guten Flug.“
Eine lange Pause entstand. „Ich möchte, dass du das Ressort einrichtest, das ich in Tokio baue.“
Jessie schloss die Augen und seufzte innerlich. Das Multimillionenprojekt in Tokio war tatsächlich eine große Versuchung.
„Ich berate lieber private Kunden.“ Immer wieder hatte sie sich eingebildet zu wissen, was er dachte, und immer wieder musste sie feststellen, dass sie sich täuschte. Dieser Mann brauchte überhaupt nichts und niemanden. Wenn er sie in Tokio dabeihaben wollte, dann nur, weil es für ihn von Vorteil war.
Er hatte ihr mehrfach gesagt, was für eine wunderbare Gastgeberin sie war, wie gut sie sich mit seinen Geschäftspartnern und deren Frauen und Freundinnen verstand. Nun, dieses Mal musste er sich selbst um die Unterhaltung kümmern. Sie hatte anderes zu tun. Davon mal abgesehen war er schuld daran, dass sie unter PMS litt.
Sie lehnte sich über den Tisch und schlug den Kalender auf. „Lass uns diesen Trip rechtzeitig planen, dann kann ich mir Zeit nehmen …“
„Bis du so weit bist“, sagte Joshua mit einer Stimme, die scharf genug war, um Eis zu zerschneiden, „habe ich bereits Evelyn Van Roosmalen unter Vertrag genommen.“ Er knöpfte seinen dunkelblauen Kaschmirmantel zu und schlenderte zur Tür. „Ich bitte niemals eine Frau, Jessie.“ Er griff nach der Klinke. „Deine Antwort reicht. Ich werde dich nicht noch mal fragen.“
„Joshua …“ Er schloss die Tür leise hinter sich.
„Verdammt!“ Jessie warf sich auf den Stuhl. „Verflixt und zugenäht!“
Joshua schob den Papierkram zur Seite, auf den er sich seit drei Stunden zu konzentrieren versuchte. Diese verdammte Frau! Sie war seine Geliebte, Himmelherrgott noch mal! Was zur Hölle wollte sie eigentlich? Nie zuvor hatte er eine Frau gekannt, die ihm immerzu das Gefühl gab, durch brennende Reifen zu springen. Und sie schien das nicht einmal mit Absicht zu tun.
Sie beschwerte sich nie, war meist mit allem einverstanden und störte seinen Arbeitsalltag nicht im Geringsten. Er hatte sich daran gewöhnt, dass sie abends bei ihm zu Hause auf ihn wartete. Und daran, mit ihr gemeinsam das Abendessen zu kochen. Und es hatte ihm verdammt gut gefallen, sie nachts in seinem Bett zu haben.
Inzwischen fand er es sogar schon eher lästig, sie mitten in der Nacht wieder nach Hause zu schicken. Normalerweise war er derjenige, der nach dem Sex ging. Aber sie weigerte sich, ihn bei sich übernachten zu lassen.
Neben einer Frau aufzuwachen hatte ihm irgendwie immer das Gefühl von Nähe gegeben, die er keinesfalls wollte, eine Vertrautheit, die er nie wirklich empfunden hatte. Auf diese Weise war sein Sexleben einfach verlaufen – schnell, befriedigend und unpersönlich. Intimität war etwas anderes. Intimität bedeutete, verletzlich zu sein und die Kontrolle zu verlieren.
Vermutlich war es gut, dass die Affäre mit Jessie Adams vorbei war.
Joshua starrte auf die Wolken, die am Fenster des Flugzeugs vorbeizogen. In der Kabine war es kühl, so wie er es mochte. Nur dass er ganz schwach Jessies Parfüm in der Luft riechen konnte. Dabei war sie seit ihrer Reise nach Griechenland nicht
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