Nimm mich
„Ich … m-muss mich setzen …“ Das Licht wurde schwächer und erlosch dann vollständig.
„Jessie?“ Sie hörte die Angst in seiner Stimme, die von weit, weit weg an ihr Ohr drang … Etwas Kaltes und Feuchtes strich über ihr Gesicht. „Mach die Augen auf, Liebes.“
Das konnte nicht Joshua sein. Er hatte sie noch nie zuvor Liebes genannt, und seine Stimme würde auch niemals so panisch klingen. Jessie ließ sich treiben.
„Jessie, mach die Augen auf. Jetzt!“ Typisch Joshua. Er befahl ihr, das Bewusstsein wiederzuerlangen.
Seine Lippen. Joshuas Lippen. Er küsste ihre Hand. Sein Griff fühlte sich sicher und fest an. Jessies Wimpern flatterten, es gelang ihr, die Augen zu öffnen. Joshua kniete neben dem Sofa, auf dem sie lag, den Blick auf ihr Gesicht geheftet. „Was zum Teufel ist geschehen?“, fragte er.
Seine Lippen waren ganz verkniffen, sein Haar sah zerzaust aus, als ob er es sich gerauft hätte. Zwischen seinen aristokratischen Augenbrauen war sogar eine Sorgenfalte zu sehen. Er verstärkte seinen Griff, sie wimmerte auf, und er ließ ein wenig locker. Nur ein wenig.
Sie hatte das Gefühl, dass sich ihr gleich der Magen umdrehen würde, und dann plötzlich beruhigte er sich. So viel zum Thema Fünfsterneküche, wo die Essenspreise so hoch waren wie die Staatsverschuldung eines kleinen Landes.
„Jessie?“
„Ja?“
„Was ist passiert, verdammt noch mal?“ Er wandte sich an die schemenhafte Gestalt hinter sich. „Sie scheint bei Bewusstsein zu sein. Ich glaube nicht, dass sie …“
„Ich bin bloß ohnmächtig geworden, Joshua.“ Sie drehte den Kopf, um ihn direkt ansehen zu können, und zwang sich, zu lächeln. „Ich habe keine Gehirnerschütterung – mir geht’s gut.“ Sie kämpfte sich hoch, dankbar, dass Joshua ihr dabei half. Sie befanden sich in einem Büro. Zwei Männer standen diskret auf der anderen Seite des Zimmers.
„Ich glaube, das viele Essen und die Aufregung haben mir nicht gutgetan. Tut mir leid, dass ich dich in so eine Situation gebracht habe.“
„Unsinn“, entgegnete Joshua knapp. „Mein Gott, du bist weiß wie eine Wand.“
„Das liegt nur daran, dass du mein Make-up abgewischt hast.“ Jessie lehnte den Kopf an seine Schulter. Es ging ihr schon viel besser, sie genoss es, das Joshua so besorgt um sie war. „Bitte sag, dass mein Kleid nicht verrutscht ist und ich hingefallen bin wie eine Lady.“
„Die Männer waren so wild darauf, dich hochzuheben, dass ich beinahe nicht sehen konnte, wo genau du hingefallen bist.“ Joshua strich ihr eine Haarsträhne aus der Stirn. Ihre Haut war klamm.
„Könnten wir zurück auf unser Zimmer, bevor ich mich hier noch weiter blamiere?“
„Ich werde den Arzt bitten, dich dort zu untersuchen.“
„Ich brauche keinen …“
Joshua gab dem Arzt in tadellosem Französisch Anweisungen, dann hob er Jessie hoch, als sei sie so leicht wie eine Feder. Ihre Augen wirkten riesig in dem blassen Gesicht.
„Aber sorge dafür, dass mein Hintern nicht zu sehen ist.“ Jessie schloss die Augen, als er sie durchs Casino zum Fahrstuhl trug.
„Du bist sittsam bedeckt“, sagte er lächelnd.
„Ich komme mir so blöd vor.“ Jessie versteckte ihr Gesicht an seiner Brust.
„Alle sind der Meinung, dass du recht elegant ohnmächtig geworden bist“, neckte er sie und manövrierte sie ins Hotelzimmer.
„Ich weiß, dass du lügst. Ich bin vor Tausenden gut gekleideter Millionäre und ihren mit Diamanten behängten Frauen platt auf die Nase gefallen. Ich könnte wetten, dass jeder meine Unterwäsche sehen konnte.“ Ihre Unterlippe bebte, und sie hatte Tränen in den Augen, als sie ihn ansah. „Es tut mir so leid, dass ich dich blamiert habe.“
Er wischte ihr die Tränen weg. „Das kommt nur dir so schlimm vor, Jessie. Dabei hat es kaum jemand bemerkt, ich schwöre es. Sekunden bevor du ohnmächtig wurdest, sind der Prinz und sein Gefolge gekommen. Alles haben ihn angesehen, nicht dich.“
„Es wird wieder schlimmer“, sagte sie plötzlich, alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. „Bring mich schnell ins Badezimmer.“
Joshua setzte sie gerade noch rechtzeitig ab und hielt ihren Kopf. Sie übergab sich krampfartig. Danach stützte er sie, als sie sich das Gesicht wusch und die Zähne putzte, und trug sie anschließen zum Bett.
„Nicht“, stöhnte sie, als er ihr Gesicht mit einem kalten Handtuch abtupfte. Joshua war erleichtert, als Minuten später der Arzt klopfte.
Er empfahl Jessie ein paar Tage Ruhe
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