Nimm mich
nicht.“
Jessie saß in ihrem Auto und starrte auf das Restaurant. Hier hatte alles begonnen. Der Anfang des Endes. Regen strömte über die Windschutzscheibe und verwischte die Lichter. Das Geräusch der Scheibenwischer begann, ihr auf die Nerven zu gehen.
Ein scharfer weißer Speer erhellte den Himmel: Donner folgte. Perfekt, einfach perfekt. Kalte Trauer schnürte ihr Herz ab, sie schluckte heftig.
Als sie aus dem Auto stieg, waren ihre Augen trocken, brannten aber noch immer von ihrem letzten Heulkrampf. Sie sprintete zur Tür. Der vertraute Geruch nach Fett und Kiefernholzpolitur umfing sie, sie suchte sich einen Platz im hinteren Teil. Dort zog sie den nassen Regenmantel aus und blickt sich um. Etwa ein halbes Dutzend Gäste saßen an den Tischen, die meisten von ihnen waren Lastwagenfahrer.
Am Tresen saß eine Familie. Mutter, Vater und zwei goldige Kinder. Jessie streichelte ihren Bauch und warf dem kleinen Mädchen ein Lächeln zu, das sich immer wieder hinter der Lehne seines Stuhls zu verstecken versuchte, bis die Mutter mit ihm schimpfte und es aufforderte, sich richtig hinzusetzen.
Jessie genoss diese kurze Ablenkung. Die Kaugummi kauende Bedienung umrundete die Theke und fragte, ob sie Kaffee wolle. Sie bestellte sich etwas zu essen, obwohl sie nicht hungrig war, und starrte dann verdrossen auf die zerkratzte Tischplatte.
In den letzten Wochen hatte sie in einem Hotel in San José gewohnt. Niemand sollte wissen, wo sie war, bis sie herausgefunden hatte, was sie künftig tun und wo sie leben wollte. Doch vor Joshua Falcon zu fliehen, war nicht einfach. Am besten wäre es, in eine andere Galaxie zu verschwinden, weit, weit weg. Doch leider war sie dafür nicht klug genug, sie hatte andere Pläne.
Ihr Herz machte einen Satz. Wenn sie nur richtig wütend sein könnte, das wäre eine herrliche Erlösung, aber dazu hatte sie kein Recht. Denn alles, was Joshua im Büro gesagt hatte, stimmte. Aus seiner Sicht betrachtet.
Sie war immer so stolz darauf gewesen, die Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen. Und sie war einhundertprozentig verantwortlich dafür, dass ihr Herz gebrochen war. Joshua hatte sie niemals angelogen.
Die Bedienung stellte einen Teller vor sie. Jessie verteilte Ketchup über die Pommes Frites. Sie hatte dieses Baby gewollt. Das zumindest tat ihr nicht leid. Sie hatte es riskiert, zu lieben. Und sie hatte verloren.
Bis zur nächsten Runde.
Wenn sie auf jemanden wütend sein konnte, dann nur auf sich selbst. Dafür, dass sie geglaubt hatte, einen so festgefahrenen Mann wie ihn ändern zu können. Den Eisklotz. Steinhart und unerbittlich. Und so daran gewöhnt, von Frauen betrogen zu werden.
Sie schlürfte den starken Kaffee und blickte sich um. Seit sie das letzte Mal hier gewesen war, hatte sich so viel in ihrem Leben verändert. Es war merkwürdig zu sehen, dass hier alles beim Alten geblieben war. Dieselben staubigen Plastikpflanzen hingen von der vergilbten Decke. Dieselben Risse in denselben Vinylsitzen. Dieselbe geschmacklose Weihnachtsdekoration.
Jessie seufzte. Zumindest manche Dinge änderten sich nie.
Sie schaute auf die Uhr und dann durch das regennasse Fenster nach draußen. Der fast leere Parkplatz wurde von einem Blitz hell erleuchtet. Sie wartete auf den Donner, aber das Geräusch, das folgte, erinnerte eher an ihren altersschwachen Scheibenwischer.
Sie aß noch ein paar Pommes Frites, beäugte den sehr mitgenommen aussehenden fettigen Fisch, piekte ein Stück auf die Gabel und zog es durch den Ketchupsee.
Es war bereits spät, weit nach zehn Uhr. Jessie fragte sich, um wie viel Uhr Joshua heute nach Hause gekommen war, ob er überhaupt im Land war. Wie hatte er auf den Weihnachtsbaum und ihre Geschenke reagiert? Gott, sie hoffte so, dass es ihn ein wenig erweicht hatte, dass er das, was sie ihm angetan hatte, jetzt besser ertragen konnte. Aber bei Joshua wusste man nie, wie er reagieren würde.
Sie wollte ihm vierundzwanzig Stunden Zeit geben, alles zu verarbeiten, und dann alles daransetzen, dass er begriff, wie sehr er sie liebte.
Jedenfalls, wo auch immer er gerade war, er täte besser daran, noch eine Weile alleine zu sein. Jessie richtete sich auf. Es war noch etwas früh für Geliebte Nummer … wie viel auch immer, aber Joshua war so außer sich gewesen, dass er womöglich sogar seinen eigenen Zeitplan ignorierte.
Jessie stützte den Kopf in die Hand und schloss die Augen. Sie konnte es nicht ertragen, ihn sich mit einer anderen Frau
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