Nimm mich
zu kommen und das bisschen Frieden, das er gefunden hatte, wieder zu zerstören?
Die Vorstellung von Jessies rundem Bauch, in dem das Kind eines anderen Mannes heranwuchs, drückte gegen seine Hirnwindungen. Würde dieses Bild jemals verblassen? Oder würde es eines Tages von dem Bild ersetzt werden, auf dem Jessie das Kind eines anderen Mannes an ihre Brust legte?
Joshua lief wieder nach unten. Sein Kiefer schmerzte, so sehr hatte er die Zähne zusammengebissen. Das tat sie nur, um ihn zu quälen. Das würde er nicht zulassen. Er flüchtete sich in seine kontrollierte, viel leichter zu handhabende Persönlichkeit und schenkte sich einen ordentlichen Armagnac ein. Er versuchte, den 1884er Bas Armee zu genießen und den Duft der Plätzchen zu ignorieren.
Dann betrachtete er die Geschenke, die unter dem Baum gestapelt waren. Ein grünes, goldgesprenkeltes Tuch lag über etwas Langem, Gebogenem. Ein Zettel war daran geheftet.
Joshua ging in die Hocke. Seine Hände zitterten leicht, als er das Papier vom Stoff entfernte.
„Hör auf zu zweifeln“, hatte sie geschrieben. „Tu so, als ob du sieben Jahre alt wärst und an Heiligabend die Treppe herunterkommst.“ Joshua schloss einen Moment seine brennenden Augen. „Ich kann nicht Teil deiner Zukunft sein. Ich war nur ein kleiner Teil deiner Gegenwart. Ich wollte dir etwas von deiner Vergangenheit zurückgeben.“ Sie hatte nicht unterschrieben.
„Verflucht, Jessie.“ Er nahm einen großen Schluck des Armagnacs, zog das Tuch vorsichtig zur Seite und hielt den Atem an. Es war eine Eisenbahn. Eine perfekte Eisenbahn, eine schwarze, glänzende Lionel-Lok, der Kohlentender, und dahinter die Waggons, in denen kleine Geschenke verstaut waren.
Die Eisenbahn verschwand hinter einem Tränenschleier. Joshua fiel auf die Knie und blinzelte heftig, dann legte er den Schalter um. Der Zug setzte sich mit einem Pfeifen in Bewegung, kurz danach stieg aus dem Schornstein eine Rauchsäule auf. Unwillkürlich musste er lächeln, obwohl tief in ihm etwas schmerzte.
Sie hatte die Gleise entlang der Wände gelegt, unter dem Schreibtisch hindurch und um die Stühle herum. Joshua betrachtete den Zug fast eine halbe Stunde lang, während er versuchte, wieder klar zu denken. Er hatte keine Ahnung, warum sie das getan hatte. Und er wollte sich auch nicht darüber freuen.
Er stand auf, um sein Glas nachzufüllen, und nahm dann gedankenverloren den Plätzchenteller mit zurück an seinen Platz. Er schob sich ein Plätzchen in den Mund, schloss die Augen und lauschte dem Klack-Klack der winzigen Räder auf den winzigen Gleisen. Mit sieben hätte er sein Leben für eine solche Eisenbahn gegeben.
Jessie hatte das nicht vergessen.
Jessie, die niemals ein Geschenk bekommen hatte, bis sie einundzwanzig war. Jessie, die als Kind niemals Spielzeug gehabt hatte. Jessie, die ihn nie um irgendetwas gebeten hatte.
Ein kleines Päckchen fiel von einem Waggon vor sein Knie. Ein wenig beklommen öffnete er es. Ein rotes Jo-Jo kam zum Vorschein. Im nächsten waren Murmeln. Und im nächsten ein Schweizer Armeemesser.
In jedem Päckchen befand sich etwas, was er sich als Junge gewünscht hatte. Er riss das bunte Papier von einem Geschenk unter dem Baum auf und fand das Flanellhemd, das sie ihm in Tahoe versprochen hatte. In der nächsten Schachtel lag eine braune Bomberjacke.
Er zog sein Jackett aus und die Jacke über, die streng nach Leder und ein ganz klein wenig nach Jessie roch. Er griff in die Tasche und zog den langen weißen Seidenschal hervor. Sie hatte sich jeden seiner geheimen Wünsche gemerkt und ihm erfüllt. Nichts hatte sie vergessen.
Joshua lehnte sich zurück, der Armagnac und das Kaminfeuer wärmten seine Haut. Er nahm ein Kissen vom Sofa, das ebenfalls noch nach ihr roch. „Verflucht, Jessie“, rief er böse und drückte es gegen seine Brust. Wie immer erregte ihn ihr Geruch. Er stöhnte gequält auf. „Du sollst in der Hölle schmoren.“ Schließlich hatte sie ihn dort auch hingeschickt.
Er betrachtete die Geschenke und die Berge an Papier, die um ihn herumlagen, während seine Eisenbahn eine weitere Runde drehte. All das hatte er als Kind gewollt. Und Jessie hatte es ihm gegeben. Siebenundzwanzig Jahre später.
Joshua griff nach dem letzten Päckchen, das unter dem Baum lag. Eine in goldenes Papier eingewickelte Schachtel mit einer großen roten Schleife. Dieses Geschenk hatte sie unter all den anderen versteckt.
Er nippte an seinem Drink. Wie gerne hätte er geglaubt,
Weitere Kostenlose Bücher