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Nimm Platz und stirb

Nimm Platz und stirb

Titel: Nimm Platz und stirb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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es
der richtige Strahl. Wer Ihre Texte spricht, muß ja Durst bekommen.«
    »Der Kerl wird auch noch frech!
Alsdann, bis morgen!«
    Elsie bekam wieder ihren Handkuß. Ich
nicht. Dann verschwand der Jühl, und wir waren wieder allein.
    »Na, wie hat’s dir gefallen bei uns?«
    »Wunderbar!« Ich bekam einen Kuß mit
Pilsgeschmack.
    »Du, der Jühl ist nett. Nicht so ein
Angeber. Und viel besser erzogen als du. Wohl!« ›
    »Zum Wohl!«
    Das Telefon rasselte los, als ich
trinken wollte. Es war Tina.
    »Sind Sie noch da?«
    Ich mußte es zugeben.
    »Der liebe Gott möchte Sie noch einmal
sehen.«
    »Ach du lieber Gott«, seufzte ich in
den Hörer. »Wär’ ich doch nur schon gegangen. Bin gleich drüben. Nur noch
austrinken,«
    Ich leerte die Flasche.
    »Muß noch mal zum Meister«, sagte ich.
»Da siehst du, wie es zugeht bei uns. Bis aufs Mark wird man ausgebeutet.« ,
    »Bleibst du lange?«
    »Ich versuch’s kurz zumachen. Leg dich
auf das Lotterbett und träume vom Film. Du kriegst eine Rolle, wirst Weltstar,
und der Jühl küßt dich auf die Hand und hält dann um dieselbe an.«
    Sie streckte mir die Zunge heraus. Ich
kroch in meine Jacke, dann kam mir ein dummer, unheimlicher Gedanke.
    »Schieb den Riegel vor«, sagte ich
leichthin. »Es braucht dich niemand in meinem Bett vorzufinden. Wir sind ein
anständiges öffentliches Haus. Wenn einer rein will, ruf mich bei Reinold an.
Nummer zwo elf.«
    »Aber...«
    »Gehorche, Weib! Bis nachher!«
    Ich wartete vor der Tür, bis ich das
schüchterne Geräusch des Riegels hörte. Dann marschierte ich aufrecht davon.
Das Bier in meinen Adern hatte mich mutig gemacht wie einen Kampfschwimmer, und
die finstere Halle und die Einsamkeit der Gänge störte mich nicht.
    Tina war noch recht munter.
    »Man kann in diesem Haus keinen
einzigen Tropfen zu sich nehmen, ohne gestört zu werden«, knurrte ich.
    Reinold saß hinter seinem Schreibtisch.
Gaby hockte in der üblichen Haltung im Sessel und aß Mandarinen aus der Büchse.
Wahrscheinlich sollte ich sie wieder nach Hause fahren. Niemand von uns kam
dazu, etwas zu sagen. Hie Klingel des Telefons riß ein Loch in die Stille.
Reinold nahm ab.
    »Hallo? «
    Er lauschte, nahm den Hörer vom Ohr
weg, hob das Kinn.
    »Ist für dich!«
    Ich war schnell am Schreibtisch. Der
Hörer wurde klebrig in meiner Hand
    Elsies Stimme flüsterte:
    »Es ist jemand an der Tür.«
    Es ging nicht mehr anders. So schnell
mußte ich ein Held sein.
    »Kleinen Augenblick«, murmelte ich.
»Mach nicht auf.«
    Ich legte den Hörer auf die Platte.
Reinold sah mich an. Er hatte sich nicht bewegt.
    »Bin sofort wieder da«, sagte ich,
obwohl ich das nicht so genau wußte.
     
     
     

IX
     
    Die Gänge waren leer und hell wie
vorher. Ich hatte keine Furcht, nur eine große Neugierde, und zum erstenmal
fragte ich mich, was ich eigentlich ohne Elsie tun würde.
    Dann schoß ich um die letzte Ecke,
hinaus auf die Galerien. Der Mann, mit dem ich zusammenstieß, taumelte zurück
und gegen das Geländer. Ich freute mich. Es war nicht so schlimm. Es würde
nicht schwer sein, ihn hinunterzuschmeißen.
    Es war Nathan Kirschbaum. Ich blieb
dicht vor ihm stehen. Sein Mund öffnete sich. Sein Gesicht wurde bleich. Dann
lief er zinnoberrot an.
    »Was rennst du hier herum wie
meschugge!« schrie er. »Wo bist du? Wer ist in deinem Zimmer?«
    Ich sah .ihn an, als hätte ich ihn noch
nie gesehen. So einen schönen Anlauf hatte ich gehabt. So viel Mut. Wieder
nichts.
    »Entschuldige, Nathan«, sagte ich.
»Entschuldige. Elsie hat mich angerufen. Sie ist da drinnen. Habe ihr gesagt,
soll niemandem aufmachen, damit niemand rumschnüffelt.«
    Eine von Nathans besten Eigenschaften
war, daß er sich niemals länger aufregte, als es unbedingt nötig war. Die Zeit
war ihm zu schade. Er faßte nach meinem Schlips und zog daran.
    »Habe mit dir zu reden.«
    »Sofort, nur ‘ne Sekunde.«
    Ich ging zu meiner Tür und sagte Elsie
Bescheid. Er zog mich am Arm um die Ecke, die ich eben im Laufschritt genommen
hatte. Wir waren kaum in seinem Vorzimmer, als er schon anfing.
    »Hast du mich vorgestern gefragt nach
dem Kontrolleur in der Halle in der Nacht?«
    »Habe ich.«
    »Hast du es dem Kommissar gesagt?«
    »Habe ich nicht.«
    Kirschbaum sah mich an. Seine braunen
Augen wurden sanft und zahm, wie die eines Rehes, wenn es Futter unter dem
Schnee findet.
    »Das ist vernünftig, Johannes. Das ist
sehr vernünftig. Ich habe auch nichts erzählt. Ich habe Angst gehabt die ganze
Zeit, daß

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