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Nimm Platz und stirb

Nimm Platz und stirb

Titel: Nimm Platz und stirb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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einmal.«
    Jühl drehte beim zweitenmal noch mehr
auf. Die Szene saß.
    »Genug«, rief Reinold. »Beide
kopieren.«
    Als der Lärm einsetzte und alles
durcheinanderzulaufen begann, nahm er die beiden um die Schultern und wanderte
langsam mit ihnen hinaus. Das beste Zeichen, daß er zufrieden war.
    »Du«, sagte Elsie, »das hat ausgesehen,
als ob er seinen Vater wirklich haßt!«
    »So muß es aussehen«, antwortete ich.
    Reinold kam zurück und tätschelte
Elsies Wange.
    »Na, mein Kind, immer noch nicht beim
Film? Wie lange soll ich noch warten?«
    Er ging weiter. Elsie konnte nicht
antworten und war besät mit roten Flecken.
    »Komm, Staatsschauspielerin«, sagte
ich. »Hier ist im Augenblick nichts los. Gehen wir.«
    »Ich will dein Zimmer sehen! Und das
Bett, in dem dauernd diese — diese — « Sie fand nicht den richtigen Ausdruck.
Ich zog sie hinter mir her über die Kabel und Leisten. Ein Bühnenarbeiter rief
von oben: »Wenn sich die Dame bei Ihn’ nicht wohl fühlt - wa ham jrade Pause!«
    Elsie winkte ihm zu und blinkerte mit
Meerjungferaugen. Der Film hatte sie schon ziemlich demoralisiert.
    Ich schleifte sie über die Galerie und
stieß die Tür zu meinem Gemach auf. Auf meinem Sofa lag, lässig und lang, Tina,
die Spitzenkraft. Ihr Rock war etwas weit hochgerutscht. Laufmaschen hatte sie
nicht.
    Ich hörte Elsie Luft holen.
    »Fast wäre ich eingeschlafen«, sagte
Tina. »Es war so gemütlich hier.«
    ich drehte mich um. Elsie war Lukrezia
Borgia vor dem Gattenmord.
    »Tina, das ist Elsie. Sie übernimmt
morgen die Hauptrolle. Elsie, das ist Tina, die beste Sekretärin der Welt. Gebt
euch schön die Hand und sprecht: Angenehm.«
    Sie taten es. Elsie setzte sich auf den
Stuhl am Waschbecken und machte spitze Knie und Lötlampenaugen. Ich ließ mich
am Schreibtisch nieder.
    »Was führt dich in mein Bett?« fragte
ich.
    »Stefan sucht Sie«, sagte Tina ruhig.
»Ich habe angerufen, nichts. Dann sollte ich Sie suchen und hinschleifen. Bin
hierhergekommen. Leere Betten machen mich immer so müde.«
    »Heute abend wird Elsie wissen wollen,
wie oft wir schon was miteinander hatten«, sagte ich matt. »Sag es ihr gleich,
Tina.«
    Tina erhob sich und schüttelte die
Locken vor dem Spiegel.
    »Viel ist nicht los mit ihm, Fräulein
Elsie. Man mußte ihm erst viel zu trinken geben und dann eine Nacht warten.
Wenn man Glück hat — na, Sie werden es selber wissen.«
    Sie ging langsam und lächelnd zur Tür.
    »Machen Sie schnell, Johannes. Stefan
muß wieder runter.«
    Dann war sie weg.
    »Jaja!« Ich faltete die Hände vor dem
Bauch.
    »Gib mir den Schlüssel, Johannes Trubo!
Ich hole meine Sachen und ziehe aus!«
    »Wohl!«
    Ich nahm sie bei den Schultern und
drückte sie auf die Couch.
    »Leg dich hin, solange das Ding noch
warm ist. Hier hast du was zu lesen. Ich hol’ dich, wenn’s weitergeht!«
    Ich gab ihr eins von meinen alten
Drehbüchern. Es war furchtbar. Der arme tote Serkoff hatte bei dem Film schwer
draufgezahlt. Elsie warf mir einen Blick zu, der zwischen den Schulterblättern
wieder rauskam. Ich küßte sie auf die Sommersprossen und ging Tina nach.
     
     
     

VIII
     
    Stefan saß in seiner Halle und trank
Kaffee. Es roch wie in einer Rösterei. Das Zeug war wieder so stark, daß es vor
Kraft nicht aus der Kanne konnte. Viel wollte er nicht von mir. Es war ihm nur
wieder was eingefallen, und daß mußte zu Papier.
    »Ich seh’ die Szene jetzt anders, Hans.
Da, wo sie im Keller sind, brauche ich mehr Text.«
    Da brauchte er mehr Text. Ich
versprach, mehr Text zu machen, und verließ ihn wieder. Seinen Atomkaffee
lehnte ich ab.
    Tina lächelte gewinnend. »Schönen Gruß
an Elsie!«
    Ich dankte und wanderte heimwärts.
    Elsie war fest ein geschlafen mit dem
Buch. Kein Wunder. Ich hockte mich hinter den Schreibtisch. Nach einer halben
Stunde ergriff ich Elsies Nase und hielt sie zu. Sie wurde unruhig und träumte
offenbar, sie wäre in der Gaskammer und die Blausäure käme unter ihrem Stuhl
hoch. Dann erwachte sie, sah mich voller Entsetzen an.
    »Wie war’s in der Gaskammer?« fragte
ich voller Anteilnahme.
    Das Entsetzen verstärkte sich. »Woher
weißt du das?«
    »Weib, ich kenne dich wie ein
aufgeschlagenes Drehbuch.«
    Sie setzte sich auf und schüttelte
sich.
    »Es war wirklich so«, flüsterte sie.
»Ich habe dich in der Badewanne mit dem großen Küchenmesser umgebracht, weil du
mich immer betrügst, oder hatte ich dich erwürgt, ich weiß es nicht mehr — und
dann mußte ich in

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