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Nimmermehr

Nimmermehr

Titel: Nimmermehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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an, und in den dunklen Augen lag ein ganzes Leben. So klar, so richtig. Es hatte auf mich gewartet. Er hatte auf mich gewartet.«
    Zwei Wochen, nachdem sie sich in Matthias Grillparzer verliebt hatte und diese Verliebtheit erwidert worden war, marschierten die Deutschen ein. Österreich wurde dem Deutschen Reich angeschlossen, und das Leben in Wien begann sich zu ändern.
    Was immer auch passiert, sagte Matthias, wir werden beisammen bleiben. Du bist mein Leben. Meine Luzi. Das wirst du immer sein. Er küsste sie. Niemals wird es anders sein. Die Tränen auf ihren Wangen berührte er ganz sanft mit dem Finger, einfach so, und flüsterte: niemals, nimmer, nimmermehr.
    »Meine Eltern waren gegen die Beziehung zu dem Studenten. Er besäße gefährliche Ansichten, pflegte Papa mich zu warnen. Niemals würden meine Eltern der Beziehung ihren Segen geben und einer Ehe zustimmen.«
    Sie können uns nicht trennen, versprach Matthias ihr. Niemand kann das. Die Deutschen nicht und deine Eltern erst recht nicht. Die Verliebtheit der beiden, die schon am ersten Abend im Herrenhof zarte Keime getrieben hatte, erblühte zu einer Liebe, die den Horizont erfüllte. Sie waren einander Sterne und Monde und alles, was ein Leben ausmachte.
    »Wir heirateten heimlich.«
    Das war 1941.
    Noch im selben Jahr trat Matthias Grillparzer als aktives Mitglied der Widerstandstruppe 05 bei.
    »Es war ein einfacher Code«, erklärte mir Luzia. »Die Null und der fünfte Buchstabe des Alphabets ergeben zusammen das Ö für Österreich.«
    Einer muss es tun. Einer muss den Mut aufbringen. Wir werden es schaffen, und Wien wird wieder eine schöne Stadt sein. Matthias war kein leichtsinniger Mann. Das wird nicht gut ausgehen, warnte Luzia ihn. Ich habe Angst. Doch er ging nur auf sie zu, umarmte sie und flüsterte: Ach, Luzi, die Welt gehört doch uns allem.
    Es kam, wie viele Dinge kommen. Matthias begann seine gefährliche Arbeit im Untergrund, und Luzia zog in seine kleine Wohnung in Simmering ein, nahe dem Zentralfriedhof.
    »Er war ein Idealist.«
    Während die Länder Europas in Flammen standen, wurde das Leben härter. Ende 1944 begann die Belagerung der Stadt. Die Rote Armee näherte sich Wien aus dem Norden und aus Ungarn. Immer öfter regnete es Bomben. Luzias Elternhaus in der Johannesgasse im ersten Bezirk wurde im Winter 1945 getroffen. Kein Stein blieb auf dem anderen.
    »Meine Eltern starben in den Trümmern.« Sie seufzte. »Matthias und ich spazierten durch Schönbrunn, als der Angriff kam.«
    Das sind die Roten! Er zog sie unter Bäume, als die Flieger den Himmel verdunkelten. Hab keine Angst. Luzia, die ihre Eltern nicht mehr gesehen hatte, seit sie den Namen Grillparzer trug, stand an deren Grab und sprach in ihren Gedanken all die Worte aus, die zu sagen sie in den letzten Jahren versäumt hatte. Sie hatte geahnt, dass etwas passieren würde.
    Was dies war, das hatte sie nicht geahnt.
    »Im Frühjahr stellte ich fest, dass ich schwanger war.«
    Matthias Grillparzer war überglücklich.
    Ich werde Papa, nur diese Worte. Und Tränen des Glücks.
    Dann kamen die Russen.
    »Wien ergab sich den Roten«, erinnerte sich Luzia, »und wir glaubten, dass nun alles besser werden würde.«
    Wonach es zunächst auch aussah.
    »Tagelang hatten wir uns kaum aus den Kellern getraut. Als es dann endlich so weit war, fanden wir nichts als Ruinen vor.«
    »Die Sieger öffneten die großen Vorratskammern, die der deutsche Stadtkommandant bis dahin der Bevölkerung vorenthalten hatte.«
    Jedermann durfte sich bedienen.
    »Dann entdeckten die Russen die Weinkeller.« Ein Schatten legte sich über ihr Gesicht.
    Matthias und Luzia gingen durch die Straßen und staunten über das Bild, das sich ihnen bot. Trinkgelage gab es und jauchzende Verbrüderungen mit den Befreiern. Sowjetsoldaten plünderten die Weinkeller der Stadt und tranken mit den Einwohnern der umliegenden Häuser. Immer ausgelassener wurde die Stimmung, und bald schon betranken sich die Soldaten immer mehr.
    »Dann fielen die ersten Schüsse.«
    Das geht nicht gut aus, sagte Matthias, als die Schüsse den Tag zerfetzten. Luzia ergriff seine Hand. Sah ihm in die dunklen Augen. Was immer auch geschehen mag. Er küsste sie sanft und flüsterte: Niemals, nimmer, nimmermehr.
    »Das Leben kann ein Tier sein, manchmal, böse und gierig.«
    In ihrem Eifer, mehr und mehr Fässer zu öffnen, begannen die Soldaten, wild und wahllos zu schießen. Frauen und Männer wurden getroffen. Wein und Blut

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