Nimmermehr
mehr abwenden konnte von all den Menschen, die hier unten in der Finsternis lebten und nur Lumpen trugen. »Schau hin und suche die Perle, die du unter dem Baum vergraben hast.«
Die Prinzessin, der die Menschen leid taten, sprach: »Ich bin Prinzessin Parvati, und in der Stadt, fern dieser dunklen Höhlen, und in dem prächtigen Palast meines Vaters ist Platz für euch alle.«
Und so führte sie die Menschen aus den Höhlen hinauf in die Stadt und nahm viele von ihnen mit in den Palast.
Noch am Abend des gleichen Tages ging sie zum Rand des Dschungels und traf auf den Tiger.
»Du siehst nicht mehr traurig aus«, sagte der Tiger.
»Ich habe gefunden, wonach ich so lange gesucht habe«, antwortete die Prinzessin.
Der Tiger schnurrte. »Wie gut, dass ich dich nicht gefressen habe.«
Dann zog er sich ins Dickicht des Waldes zurück.
Kurz darauf traf die Prinzessin auf den Affen.
»Du siehst nicht mehr traurig aus«, sagte der Affe.
»Ich habe gar nichts verloren«, antwortete die Prinzessin.
Der Affe kicherte. »Wie gut, dass du nicht zu uns Affen gekommen bist.«
Dann schwang er sich an einer Liane hinauf und war verschwunden.
Die Spinne jedoch hatte die ganze Zeit über ihr Netz zwischen zwei Ästen gesponnen.
»Du siehst nicht mehr traurig aus«, sagte die Spinne.
»Ich weiß, dass ich glücklich sein werde«, antwortete die Prinzessin.
Die Spinne krabbelte flink über das Netz, und da sah die Prinzessin die Perle, die mitten im Netz der Spinne an seidenen Fäden hing. Die Prinzessin streckte die Hand aus und pflückte die Perle behutsam aus dem Spinnennetz.
Die Spinne lächelte. »Wie gut, dass du dich nicht in meinem Netz verfangen hast.«
Dann fing sie eine Fliege und verspeiste sie.
Prinzessin Parvati aber dachte an den Offizier in der roten Uniform und daran, wie töricht sie doch gewesen war. Sie betrachtete die Perle in ihrer Hand und lachte ein Lachen, das sogar den Gesang der Vögel in den Bäumen an Anmut übertraf, und in ihren Augen lebte wieder die Fröhlichkeit, die immer schon dort zuhause gewesen war. Denn Prinzessin Parvati war glücklich.
Die Spinne sah es, der Tiger sah es, der Affe sah es.
Und tief im Dschungel sah Ganesh, der Elefantenkopfgott, es auch.
Herbsttage singen ihre Lieder
Herbsttage – sind die B-Movies der 50er:
Tarantula, Der Schrecken vom Amazonas, Die unglaubliche Geschichte des Mr. C, Formicula, Die Dämonischen … Der Blob.
Schwarzweißbunt, die Farben der Kindheit, an die man sich erinnert in der Sonne, noch ganz warm, und in den Schatten, die schon Winter flüstern.
Herbsttage – sind die Comics der 70er:
Spiderman, Batman, Das Ding aus dem Sumpf, Micky Maus, Krieg der Sterne, Geisterstunde.
Papier, das wie tote Blätter riecht und nach Leim, und Taschenlampenschein spät abends, während Regen und Nebel die Stille verschlucken.
Herbsttage – sind Träume, die zwischen Klingeln und Pause das Leben in der Schule bestimmen, sind Yps, Raider und Flugzeugquartett in den Gängen, wo es nach Caprisonne und Butterbrot und nassen Sachen riecht … sind Blätter auf dem Schulhof, die den einsamen Kämpfern auf ihren Missionen ins Unbekannte und Helden in Capes um die Schuhe wehen.
Herbsttage – sind unruhig pochende Herzen, die noch immer die Lieder des Sommers singen, wenn auch nur leise und manchmal und undeutlich … und wir lächeln wissend, so sicher sind wir, dass der Schrecken vom Amazonas noch immer da draußen ist, irgendwo, wie das Ding aus dem Sumpf … und alles andere auch.
Wintermärchen
Der Augenblick, in dem die Dämonen der Vergangenheit auf die Geister kommender Tage treffen, ist gleichsam jener Moment, der es Wundern erlaubt, sich heimlich in die Welt zu schleichen. Und die Stunden, die Schlag Mitternacht wie Schneeflocken stöbern, könnten von Geschehnissen künden, die Tränen und Lachen in sich vereinen wie die alten Märchen, die für Kinder so wahr sind wie die Träume, die sie des Nachts begleiten.
So irrte in einer Silvesternacht, die eisig kalt und dunkel war wie unzählige Silvesternächte zuvor, ein Mädchen durch die frostklirrende Winterstadt. Ganz blau waren seine Hände und ganz bleich das verzweifelte Gesicht mit den traurigen Augen. Die wenigen Bücher, die das Mädchen in einem Sack über der Schulter trug, waren alles, was es besaß. Es hatte kein Zuhause, und da war niemand, der sich um es gesorgt hätte. Einsam und allein wanderte das Mädchen durch die Stadt und bot alte Bücher
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