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Nimmermehr

Nimmermehr

Titel: Nimmermehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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neben dem Bett.
    »Wir haben dich gesucht«, sagte der Maharadscha.
    Prinzessin Parvati lächelte nicht, und ihre Augen spiegelten auch keine Fröhlichkeit.
    »Ich bin im Dschungel gewesen«, antwortete sie. »Ganesh hat mir eine Perle gegeben, und in dieser Perle ist jetzt mein Lachen und die Fröhlichkeit aus meinen Augen.«
    Ganz bleich wurde der Maharadscha, als die Prinzessin dies sagte.
    »Ich habe den Preis bezahlt, den er verlangt hat.«
    In diesem Augenblick wusste der Maharadscha, dass er die Geschichte von Ganesh besser niemals erzählt hätte.
    Prinzessin Parvati aber lief schnell zum Palasttor, und dort stand auch schon der junge Offizier, der wunderhübsch aussah in seiner Uniform, die rot in der Mittagssonne glänzte.
    »Da bist du ja wieder, mein Liebster«, sagte die Prinzessin und sprach seinen Namen aus, als ginge es um einen seltenen Schatz: »William.«
    Doch der junge Offizier wich vor ihr zurück, als sie auf ihn zutrat.
    »Was ist mit dir?«, fragte sie ganz bang.
    »Du hast dich verändert«, sagte er argwöhnisch. »Dein Lächeln ist verschwunden, und deine Augen sind gar nicht mehr so hübsch, wie ich sie in Erinnerung habe.«
    »Das ist der Preis gewesen, den ich zahlen musste.«
    »Du hättest das nicht tun dürfen. In dein Lächeln und deine Augen hatte ich mich verliebt. Nicht aber in das ernste Gesicht, das mich jetzt anblickt.«
    Tränen traten der Prinzessin in die Augen.
    »Ich werde dich verlassen«, sagte der junge Offizier. »Denn mein Regiment zieht nach Bombay.«
    Dann tat er, was er angekündigt hatte. Denn er war ein Offizier Seiner Majestät und stand zu seinem Wort, sogar wenn dieses Wort das Herz einer jungen Prinzessin brach.
     
    So blieb Prinzessin Parvati einsam im Palast zurück.
     
    An einem heißen Tag, als sie mit ihren Gedanken allein sein wollte, ging sie an den Rand des Dschungels, und da stand der Tiger.
    »Du siehst traurig aus«, sagte der Tiger. »Hast du deinen Liebsten noch immer verloren?«
    »Ich habe niemals einen Liebsten gehabt«, antwortete Prinzessin Parvati.
    »Dann hätte ich dich besser aufgefressen«, meinte der Tiger, »denn es ist besser, aufgefressen zu werden, als niemals einen Liebsten gehabt zu haben.«
    »Vielleicht hast du ja recht.«
    Der Tiger sah sie lange an. »Vielleicht auch nicht«, sagte er schließlich.
    Und ging seines Weges.
     
    An einem Tag zur Zeit des Monsuns ging die Prinzessin erneut an den Rand des Dschungels und traf auf den Affen.
    »Du siehst traurig aus«, sagte der Affe. »Hast du deinen Liebsten noch immer verloren?«
    »Ich habe niemals einen Liebsten gehabt«, antwortete Prinzessin Parvati.
    »Dann wärst du besser bei den Affen geblieben«, meinte der Affe, »denn es ist besser, bei den Affen zu leben und die Menschen zu meiden, als niemals einen Liebsten gehabt zu haben.«
    »Vielleicht hast du ja recht.«
    Der Affe sah sie lange an. »Vielleicht auch nicht«, sagte er schließlich.
    Und ging seines Weges.
     
    Eines Tages, als der Monsun längst vorüber war, ging Prinzessin Parvati durch die Straßen der Stadt, und an einem Fenster sah sie ein Spinnennetz.
    »Du siehst traurig aus«, sagte die Spinne. »Hast du deinen Liebsten noch immer verloren?«
    »Ich habe niemals einen Liebsten gehabt«, antwortete Prinzessin Parvati.
    »Dann hättest du dich besser in meinem Netz verfangen«, meinte die Spinne, »denn es ist besser, sich in meinem Netz zu verfangen und aufgefressen zu werden, als niemals einen Liebsten gehabt zu haben.«
    »Vielleicht hast du ja recht.«
    Die Spinne sah sie aus ihren vielen Augen lange an. »Vielleicht auch nicht«, sagte sie schließlich.
    Aber die Spinne ging nicht ihres Weges.
    Stattdessen sagte sie: »Folge mir!«
    Und Prinzessin Parvati folgte der Spinne, die sie unter die Erde führte, wo die anderen Spinnen lebten und sich die Verliese der Stadt in weiten Höhlen befanden, wo die Kranken und Hungernden des Reiches eingeschlossen waren, sodass sich kein Auge an ihrem Anblick würde stören können. Es gab Menschen mit fehlenden Gliedmaßen und solche, deren Gesichter von schwärendem Aussatz bedeckt waren. Da war eine junge Frau, deren milchige Augen nicht einmal das Leid um sie herum zu sehen vermochten.
    Doch klagten die Menschen nicht, denn dies war das Leben, an das sie sich gewöhnt hatten. Sie hatten sich mit ihrem Schicksal versöhnt, auf eine Weise, um die sie die Prinzessin nur beneiden konnte.
    »Schau nur hin«, sagte die Spinne zur Prinzessin, die den Blick nicht

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