Nimmerzwerg
Unkraut überwuchert.
Schlinggewächse und Wurzeln ragten aus der Decke, und schimmlige Flechten bedeckten die Wände. Der Boden war feucht und roch modrig, Knochen und Essensreste steckten im Schlamm, und an allen Ecken und Enden stank es erbärmlich.
Überall in der Höhle waren verzogene Wurzelverschläge errichtet worden, in denen Trolle hockten und ihre obskuren Waren feilboten. Das wenigste davon vermochten die Zwerge überhaupt zu erkennen, und das meiste stank erbärmlich.
Aber an einem Ort wie diesem hätte etwas, das nicht übel roch, mit Sicherheit Misstrauen erweckt. Die Trolle, die nicht minder widerwärtige Gerüche ausdünsteten, priesen derweil brüllend ihre Waren an.
Unerträglicher Gestank mischte sich also mit unerträglichem Lärm. Selbst für das Volk der Zwerge, das nicht dafür bekannt war, empfindliche Nasen und Ohren { * } zu besitzen, war von beidem zu viel in dieser Höhle. Zumindest, wenn man es nüchtern ertragen musste. Das ein oder andere Fässchen Bier hätte ihre Sinne vermutlich angenehm zu dämpfen vermocht. Doch Schwartzbarths Mannschaft hatte gar nicht daran gedacht, in das trunkene Wohlbefinden ihrer Gefangenen zu investieren. Und es stand zu befürchten, dass sie in ihrem nüchternen Zustand noch einiges mehr als Lärm und Gestank würden ertragen müssen. Dabei hatte keiner von ihnen bis zu diesem Zeitpunkt große Erfahrungen mit dem Versklavtsein oder Gefressenwerden.
Von den Piraten angetrieben, schlurften die Gefangenen über den stinkenden Markt, vorbei an den schrundigen Wurzelverschlägen. Die Höhle wurde nur spärlich erhellt. Gnädig verdeckte die Dunkelheit einen großen Teil der Hässlichkeit dieses Ortes. An den Höhlenwänden und Trollverschlägen waren lediglich vereinzelt Talglampen befestigt, deren flackernde Flammen trübes Licht spendeten. Der übel riechende Rauch, der von ihnen aufstieg, verpestete dafür die Luft, die eine einzige Mischung aus Widerwärtigkeiten zu sein schien. Über allem hingen riesige Schwärme schillernder Staubfliegen, die von einem üblen Geruch zum nächsten schwirrten.
Raue, tiefe Trollstimmen dröhnten durch das Zwielicht. Und während die Zwerge in klirrenden Ketten an ihren Verschlagen vorbeigingen, gelang es ihnen hin und wieder, einen Blick auf ihre Waren zu erhaschen. Tote Tiere – Ohne, Molche, vereinzelt sogar Schieferspringer – hingen kopfüber und in Bündeln außen an den Ständen, zum Teil offenbar schon seit mehreren Schichten. Darüber hinaus sahen die Gefangenen auch getrocknete Unken, Felsläufer an Spießen und gezuckerte Spinnenbeine. Und schließlich erblickten sie das Schlimmste: Zwerge. Sie hingen in Käfigen aus Wurzelgeflecht unter der Decke oder waren an riesige Holzklötze neben den Verschlägen gekettet. Ebenso wie die Gefangenen waren sie lediglich mit schmutzstarrenden ledernen Lendenschurzen bekleidet. Ihre Körper waren von Narben und Wunden übersät. Der Blick der Zwerge war gebrochen, trübe und aller Hoffnung beraubt. Sie schienen die anderen Angehörigen ihres Volkes, die an ihnen vorübergingen, nicht einmal wahrzunehmen.
Und überall in den Gängen und Verschlägen waren Trolle. Sie wankten zwischen den Ständen hin und her und tauschten stinkende Dinge gegen andere stinkende Dinge ein.
Der Zug der Gefangenen erregte großes Aufsehen, während er über den Markt in Richtung Schacherplatz zog. Bereits auf dem Weg dorthin begannen sich um die Zwerge gierige Trolle zu versammeln, denen bei ihrem Anblick förmlich der Geifer aus dem Maul lief. Doch wann immer einer von ihnen seine Pranke nach einem der Zwerge ausstreckte, erinnerte ihn ein anderer Troll daran, was dem widerfahren war, der es kurz zuvor schon einmal versucht hatte. Das Schicksal des Entarmten sprach sich rasch herum. Bald schon begannen die Trolle ihre Pranken bei sich zu behalten und öffneten stattdessen ihre Blitzbasaltbörsen, um nachzuschauen, ob sie sich womöglich ein Zwergenhäppchen leisten konnten.
Mit einer Mischung aus Staunen und Schrecken betrachteten die Gefangenen ihre Umgebung. Abgesehen von Glimmboldt, für den Schrecken nach wie vor ein Fremdwort war und der vergnügt glucksend seine Kette schleppte.
Fassungslos schüttelte der Höchste der Hohen den Kopf.
„Beim Heiligen Hammer! Zwerge, die nicht mehr als Ware sind. Unseresgleichen, feilgeboten zwischen Fleisch und Tabak. Was ist das für ein grausamer Ort?“
Es war einer der Flammsteinfischer, der ihm Antwort gab.
„Dies, Fremder, ist der
Weitere Kostenlose Bücher