Nimmerzwerg
Mit seiner improvisierten Keule drosch er auf sie ein, doch für jeden Arm, den er zerschmetterte, tauchten drei weitere zwischen den Rohren auf. Der provisorische Herrscher der Zwerge hatte keine Chance gegen die unerbittliche und unfehlbare Maschinerie der Wächterhöhle. Schließlich bekam eine der zahllosen Eisenklauen ihn an seinem Bart zu fassen. Trümmerboldt jaulte auf, und der Eisenarm riss ihn mit einem Ruck empor. Wieder hörte Trümmerboldt hinter sich die rostige Stimme. Ein weiterer Trichterarm schob sich von hinten an ihm vorbei, und von der Seite her sah er einen schwarzen Kristall näher kommen.
Die Eisenwalzen im Trichter knirschten in bedrohlichem Ton: „Du hast Glück, dass ich dich brauche, Trümmerboldt. Denn sonst würde ich dir alle deine Knochen brechen. Und zwar zweimal!“
Mit schmerzverzerrtem Gesicht baumelte Trümmerboldt in der Gewalt der Eisenklaue an seinem Bart gut zwei Zwerg über dem Boden. Er versuchte, um sich zu schlagen, doch die Arme bewegten sich in sicherem Abstand zu ihm.
Keuchend drehte er sich in Richtung des Kristalls und blickte wütend hinein.
„Aber wofür? Wozu brauchst du mich?“
„Um meine Arme tiefer in den Fels zu treiben“, schnarrte die Walze.
Trümmerboldt verstand nicht. Eine Maschine, die sich selbstständig auszubreiten und zu wachsen gedachte? So etwas erschien ihm vollkommen undenkbar.
Aber was scherte ihn diese Maschine? Sein Bart war ihm näher als ihre Schrauben. Und sein Bart war in diesem Moment, da er mit seinem ganzen Gewicht daran hing, der Ursprung schier unerträglicher Schmerzen. Trümmerboldt blickte sich um, so gut es ging. Unter sich sah er ein gutes Dutzend zerschmetterter Gelenke – Arme, die er gerade erst zerstört hatte. In diesem Moment kamen zwischen den Rohren neue Arme hervor. Sie waren mit rostigem Werkzeug und kleinen Feuerschleudern bestückt. Einige trugen schwarze Kristalle, andere kleine Lampen. Hier blitzte ein Schraubgewinde auf, dort ein Nietenbolzen, und dann machten sie sich an die Arbeit. Sie schienen genau zu wissen, was sie taten. Jeder Handgriff saß. Sie schmiedeten, hämmerten und schraubten, und der gepeinigte Trümmerboldt traute seinen Augen nicht: Diese unheilige Maschine reparierte sich selbst!
Dann wurde Trümmerboldt allmählich schwarz vor Augen. Der Schmerz war kaum noch erträglich. Ihm war, als ob ihm jeden Moment der Bart mitsamt Unterkiefer abreißen würde. Doch die Klaue, die ihn hielt, war unerbittlich. Er stöhnte leise auf.
Das Kristallauge kam blinzelnd näher.
Schließlich ließ ihn der Eisenarm langsam zu Boden sinken. Bevor Trümmerboldt diesen jedoch erreichte, legten sich weitere Klauen eng um seine Hände und Füße und machten eine weitere Flucht unmöglich. Eine der Klauen schloss sich so fest um sein Handgelenk, dass er mit einem Aufschrei den abgerissenen Arm fallen ließ. Die Klaue, die seinen Bart gepackt hatte, ließ jedoch los und zog sich zwischen die Rohre zurück.
Der Eisentrichter kam mit einem Surren näher heran: „Ich vergesse immer wieder, dass ihr Schmerzen empfindet. Und wie leicht ihr kaputtgeht. Ich fürchte, ich habe in den letzten zweihundert Jahren wahrscheinlich zu wenig Umgang mit Lebenden gehabt…“
Trümmerboldt atmete tief durch, während die eisernen Hände ihn fest in ihrer Gewalt hatten und er noch immer einen Bart über dem Boden schwebte. Zum ersten Mal in seinem Leben spürte er tatsächlich und unmissverständlich Furcht.
Es konnte keinen anderen Namen dafür geben. Und er hätte nicht einmal mehr die Kraft gehabt, es zu leugnen. Er wusste, dass das, was er in diesem Moment spürte, eben das war, was er selbst über Hunderte Jahre in den Tiefen des Imperiums verbreitet hatte. Reine und unverfälschte Furcht angesichts eines Gegners, der die Macht hatte, mit einem zu tun, was ihm beliebte. Trümmerboldt war wehrlos. Gefangen. Von einem stählernen Geschöpf mit tausend Armen. Der Schweiß auf seiner nackten Stirn war jetzt nicht mehr zu übersehen. Mit weit aufgerissenen Augen blickte er in den schwarzen Kristall und dann hinüber zu dem Trichter, nicht sicher, an welchen Teil des mechanischen Monstrums er sich wenden sollte.
„Was… was bist du, beim ewigen Schmied noch eins?“
Ein schauerlich rostiges Lachen drang aus dem Inneren des Trichters, und dann begannen die Eisenwalzen sich wieder gegeneinander zu drehen: „Nicht was, Trümmerboldt, sondern wer!“
Während der Angstschweiß von seiner Stirn perlte und die ersten
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