Nimue Alban 10 - Der Verrat
vorzugehen habt, Se i jin «, sagte er, »aber vielleicht solltet Ihr die Leute in Eurer Umgebung warnen, bevor Ihr so etwas macht. Das könnte Euch einiges an Schwierigkeiten ersparen … ganz zu schweigen von einem Schwert zwischen den Rippen, wenn ich ’ s recht bedenke. «
»Tobys, Sie sind ein guter Mann «, erwiderte Merlin. »Und wenn Sie es schaffen, mir ein Schwert zwischen die Rippen zu rammen, dann habe ich das wohl auch verdient! «
Misstrauisch blickte Raimair ihn an. Offenkundig ve r suchte er herauszufinden, ob die Worte des Seijin ein Ko m pliment oder eine Beleidigung sein sollten. Merlin lächelte. Dann blickte er an Raimair vorbei, als Graf Coris hinter dem Gardisten erschien.
»Beeindruckend «, sagte der Graf. Sein Ton war scharf. »Zweifellos. Aber war das wirklich notwendig, Seijin Me r lin? Wenn die erst einmal aufhören fortzurennen, dann wird man sich schon bald überall im ganzen Königreich G e schichten über Eure dämonischen Waffen erzählen! Und falls die vorher noch Schwierigkeiten gehabt haben sollten, genügend Leute zusammenzutrommeln, um uns zu verfo l gen, hat sich das jetzt ganz gewiss geändert – vor allem, wo auch noch zwei Inquisitoren tot sind! «
»Genügend Leute zusammenzutrommeln, war für die noch nie ein Problem, Mein Lord «, erwiderte Merlin ung e rührt. Er griff in die Tasche an seinem Gürtel und zog einen weiteren Zylinder hervor. Er sah genau aus wie der, den g e rade eben noch Raimair betrachtet hatte – nur war dieser Z y linder noch geladen und mit Zündhütchen versehen. Nun ließ Merlin ihn in den Revolver einrasten und schob dann die zurückgezogene Trommelachse in ihre Ausgangsstellung zurück: der Zylinder war nun im Rahmen der Waffe fixiert. Schließlich schob sich Merlin die nachgeladene Waffe wi e der ins Holster, zog die zweite und tauschte auch hier den Zylinder aus.
»Die Inquisition kann – und wird – das ganze Land au f rütteln «, fuhr er währenddessen fort. »Für die ist es doch völlig egal, ob ich nun über dämonische Waffen verfüge o der nicht! Aber, wie Ihnen nicht entgangen sein wird, ist, was an Gardisten der Königlichen Garde im Schloss war, geflüchtet. Aber ich bin mir sicher, dass sie sich schon bald eines Besseren besinnen. Denn was auch immer man sonst über sie sagen kann, Feiglinge sind sie wahrhaftig nicht. S o bald die sich von diesem Schock erholt haben, kommen sie zurück. Sie werden vorsichtig sein, aber sie kommen zurück, gar keine Frage. Doch in der Zwischenzeit könnten wir eine kleinen Vorsprung gewinnen. Die besten Pferde im ganzen Großherzogtum Talkyra befinden sich hier in König Zh a mes ’ Stallungen. Ich weiß wohl, dass in einem Mietstall vor den Toren der Stadt einige schöne Tiere auf Sie warten. Aber ich bezweifle doch ernstlich, dass sie es mit den Rö s sern aus den Königlichen Stallungen aufnehmen können. Und nicht nur das, es erscheint mir auch eine gute Idee, u n sere Verfolger hier kein einziges Pferd mehr vorfinden zu lassen. Und wo ich gerade darüber nachdenke, wie man d e nen die Verfolgung noch erschweren oder vielleicht sogar ganz verleiden kann, werde ich noch etwas tun: Während Sie und Tobys Pferde für uns holen, hinterlasse ich an diversen Stellen im Schloss ein paar … brennbare Visitenkarten. Be i spielsweise in … na, sagen wir: der Waffenkammer. «
Merlin blickte Raimair an und lächelte freundlich.
»Tobys, seien Sie doch so freundlich, für einen raschen Aufbruch zu sorgen! «, fuhr er fort. »Die Gardisten könnten durchaus sehr viel früher zurückkehren, als ich das im Moment annehme. Dann aber wäre ich gern schon unterwegs. «
Er verneigte sich ehrerbietig vor dem völlig verdutzt dreinblickenden Grafen und eilte die Treppe hinunter.
Es gelang Irys Daykyn, sich ein Stöhnen zu verkneifen, als sie sich aus dem Sattel schwang. Die Sonne war weit über den Himmel gewandert. Mittlerweile zog die Aben d dämmerung herauf, auch wenn das im Augenblick schwer abzuschätzen war. In dem tiefen Wald, den sie gerade durchquerten, hatten sich nur wenige terrestrische Pflanze n arten angesiedelt, und selbst die hoch aufragenden safeho l dianischen Kiefern wirkten geradezu zwergenhaft neben den gewaltigen Titaneichen. Die meisten dieser Titaneichen st e hen vermutlich schon seit dem Tag der Schöpfung hier, ging es der Prinzessin durch den Kopf. Bei einigen hatte der Stamm einen Durchmesser von beinahe fünfzehn Fuß, und mancher Baum hätte vermutlich genug Holz
Weitere Kostenlose Bücher