Nimue Alban 10 - Der Verrat
»Wir können von Glück reden, wenn wir letztendlich auf weniger als dreihundert Tote kommen! Und Sie haben ganz recht, Cayleb: Die hätten das niemals durchziehen können, wenn wir nicht so verdammt bereche n bar gewesen wären! «
»Das dürfte nicht der einzige Grund sein, warum die das hinbekommen haben «, bemerkte Sharleyan und hob den Kopf. Immer noch hielt sie die kleine Alahnah an ihrer Schulter. Die Kronprinzessin hatte keine Ahnung, was hier eigentlich vor sich ging. Doch ganz offenkundig spürte sie die Emotionen der Erwachsenen, die sie umringten: Mit weit aufgerissenen Augen blickte sie sich um.
»Was meinst du damit? «, fragte Cayleb und hob eine A u genbraue.
»Ich meine, unser Selbstvertrauen hat sich gerade gegen uns gewendet und uns in den Hintern gebissen – so zumi n dest würde es Merlin wohl ausdrücken «, sagte sie. »Wir wi s sen, welchen Vorteil uns die SNARCs verschaffen und wie segensreich es ist, dass Owl alles für uns im Blick behalten kann. Ach, wir wissen natürlich auch, dass uns manche Di n ge entgehen – wie das, was in Manchyr passiert ist, zum Be i spiel. Aber trotzdem wissen wir, dass wir über bessere S i cherheitsvorkehrungen verfügen als jedes andere Reich. «
»Du meinst also, wir hätten zu sehr auf unser Selbstvertrauen gebaut und uns in falscher Sicherheit gewiegt. « C a yleb zuckte mit den Schultern. »Aus genau dem gleichen Grund sind wir doch auch einfach zu berechenbar geworden, Sharley. «
»Nein, das meine ich nicht. Oder sagen wir besser: das ist zumindest nicht alles, was ich meine. « Sharleyan atmete tief durch. »Was ich sagen will, ist das: Wir wissen um die Vo r teile, die wir haben, aber manchmal vergessen wir, wie viel auch die Gegenseite herauszufinden vermag. Offenkundig haben sie Mittel und Wege gefunden, durch Owls Überw a chungsnetz zu schlüpfen. Damit hatten wir einfach nicht g e rechnet. «
Kurz senkte sich Stille über die Kaiserlichen Gemächer.
Schließlich nickte Nahrmahn, während seine Kutsche sich ihren Weg durch den Verkehr von Eraystor bahnte.
»So wie damals bei dieser gezielten Desinformation, w o hin Harpahr seine Flotte tatsächlich schicken würde, meint Ihr? «, fragte er.
»Ja, in etwa «, erwiderte sie, »aber das geht darüber noch weit hinaus. « Sharleyan suchte noch nach den richtigen Worten. Cayleb verschränkte die Arme vor der Brust und blickte seine Gemahlin konzentriert an. »Das damals war eher … passiv. Oder vielleicht eine Art Abwehrmaßnahme. Damals hat man uns gezielt eine Fehlinformation zugespielt. Das Vorgehen jetzt erscheint mir viel aktiver. Die haben es fertig gebracht, den Wagen voll Sprengstoff nach Tellesberg zu schaffen. Die haben es fertig gebracht, den Attentäter mit einer großen Menge Schießpulver auszustatten. Nichts d a von haben wir bemerkt. Überhaupt nichts! Wie haben die das geschafft? Wie konnten die eine Organisation aufbauen, die ein derartiges Attentat vorbereiten konnte, ohne dass wir irgendetwas davon mitbekommen haben? «
»Das konnten die gar nicht «, sagte Cayleb langsam und bedächtig. Sharleyan nickte.
»Eben, sie konnten es nicht. Und haben es nicht «, sagte sie tonlos. »Ich weiß nicht wie, aber die Inquisition schlägt sich weiß Gott schon seit ewigen Zeiten reichlich mit Spi o nen, Informanten und Lockspitzeln herum. In Manchyr hat Clyntahn bereits bewiesen, dass er ein Attentat auf einen regierenden Fürsten verüben lassen kann, ohne dass man ihn dabei ertappt! Irgendwie haben die es geschafft, diesen A t tentäter hier in Position zu bringen. Meines Erachtens kö n nen sie das nur geschafft haben, ohne dass wir davon erfü h ren, indem sie das Attentat wie diese gezielte Desinformat i on vor der Schlacht in der Markovianischen See vorbereitet haben. «
»Die haben das im Tempel geplant und vorbereitet, wo wir sie eben nicht mit SNARCs ausspionieren können «, griff Nahrmahn den Gedanken auf. »Genau das meint Ihr doch, nicht wahr? Und weil die mittlerweile begriffen haben, dass unsere Spione einfach besser sind als ihre eigenen – auch wenn sie keine Ahnung haben, wie das möglich ist, haben sie ihren Attentäter ohne jegliche Helfer hierher geschickt. «
»Zumindest ohne Helfer, die er hier noch kontaktieren musste «, korrigierte Sharleyan ihn. »Ich glaube nicht, dass jemand ein solches Attentat im Alleingang vorbereiten kann. Die ganze Vorarbeit musste schon erledigt worden sein, b e vor der Attentäter losgeschickt wurde. Aber ich möchte we t
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