Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)
Pfiff stand ein Druck von mehreren Hundert Pfund pro Quadratzoll! Kein Wunder, dass die Einheimischen sich davonmachten.
Aus dem Augenwinkel bemerkte Bahrns eine Bewegung. Er beugte sich vor, bis seine Stirn fast die Stahlwandung berührte, spähte so weit achteraus, wie das eben ging … und brummte dann zufrieden. Die erste Barkasse hatte von dem Kahn im Schlepptau der Delthak abgelegt, der als Truppentransporter diente: vollbesetzt mit Männern in den dunkelblauen Kasacks und den hellblauen Hosen der Imperial Charisian Marines. Nun hielt sie zügig auf das Zielobjekt der Männer zu – das Büro des Schleusenwärters. Andere Boote folgte ihr.
»Alle Maschinen stopp«, befahl Bahrns.
Captain Verryn hatte vollstes Verständnis dafür, dass Paidryg Tybyt nicht hatte beschreiben können, was er gesehen hatte. Die Ähnlichkeit mit einem schwimmenden Haus war erstaunlich. Aber auch Verryn hatte noch nie ein Haus mit derart hohen Schornsteinen gesehen … aus denen dann auch noch so viel dichter, schwarzer Qualm gekommen wäre.
Und vor allem habe ich noch nie gesehen, dass ein Haus einfach einen Kanal hinauffährt – ohne etwas, das es antreibt!
Die widernatürlich gleichförmige Bewegung dieses … Dings erfüllte Verryn mit Angst und Schrecken. An den schrillen geisterhaften Schrei wollte er da gar nicht erst zurückdenken.
Die Ketzer dienen Shan-wei , ging es ihm durch den Kopf. Langhorne und Schueler allein wissen, welche Ausgeburt der Hölle die Herrin der Lügen dieses Mal geschaffen haben mag. Und wenn sie das den Ketzern ausgehändigt hat …!
»Was stehen Sie denn hier nur herum? Die Ketzer schaffen gerade Truppen an Land, Captain! Jetzt unternehmen Sie doch endlich was!«
Verryn wirbelte herum … und sah Owain Kyrst vor sich, den Bürgermeister von Fairkyn.
»Was in Schuelers Namen soll ich denn bitte schön unternehmen, Herr Bürgermeister?«, versetzte er barsch. »Mir unterstehen insgesamt genau vierzig Mann, und von denen sind gerade einmal fünfzehn hier. Jetzt sehen Sie sich das an!«
Mit dem Zeigefinger deutete er die Straße hinab. Dort tauchten von Sekunde zu Sekunde mehr Blauuniformierte auf. Dazwischen erkannte er jetzt auch Männer in der Uniform der Siddarmark – aber sie trugen Musketen, keine Piken! Und es waren viele. Dahinter sah er, wie entlang der gesamten Breitseite dieses schwarzen Ungetüms im Kanal Geschützpforten geöffnet wurden. Während er zuschaute, kamen schwarze, gedrungene Kanonenrohre aus den Öffnungen. Dygry Verryn mochte ja kein Held auf dem Schachtfeld sein, aber zumindest verfügte er über einen funktionsfähigen Verstand.
»Ich kann da überhaupt nichts tun, Herr Bürgermeister«, erklärte er unumwunden. »Ich kann höchstens dafür sorgen, dass zahlreiche Menschen ums Leben kommen. Wenn Sie der Ansicht sind, jemand müsse unbedingt etwas unternehmen, dann gehen Sie doch nach vorn und reden mit denen. Sie sind ja schließlich der Bürgermeister, nicht wahr?«
»Was zum …?«
Wyllym Bohlyr von der Kanalaufsicht war der Schleusenwärter in Fairkyn. Es war für den täglichen Betrieb und die Wartung der zweistufigen Schleuse verantwortlich, die den Wasserstandsunterschied zwischen dem Guarnak-Ascheneis-Kanal und dem Fluss ausglich. Nur dieser Schleuse wegen existierte Fairkyn überhaupt. Bohlyr nahm seine Pflichten sehr ernst – auch wenn man nicht gerade behaupten konnte, er würde sich dabei überarbeiten. Während der Erntezeit wurde es etwas anstrengender: Da erreichte der Verkehr auf dem Kanal und dem Fluss den jährlichen Höchststand. Aber den ganzen Rest des Jahres über war Bohlyrs Arbeitszimmer ein ruhiger, fast schon verschlafener Rückzugsort. Schließlich kam die eigentliche Arbeit ohnehin dem Pumpenwärter und dem Schleusentorwärter zu.
Heute war das anders.
Die Unruhe am Ufer des Kanals hatte Bohlyr ohnehin schon die Konzentration gekostet. Dabei hatte er sich gerade mit der üblichen, allmorgendlichen Schreibarbeit befassen wollen. Aber erstaunlicherweise war immer noch niemand zu ihm hereingekommen, um ihm zu berichten, was los war. Doch dann wurde die Tür zu seinem Arbeitszimmer aufgerissen: Rhobair Kulmyn, der Pumpenwärter der Tagschicht, kam regelrecht hereingestürmt, dichtauf gefolgt von Zhoel Wahrlyw, dem Schleusentorwärter. Und die beiden kamen nicht allein. Hinter ihnen drängte ein ganzes Dutzend Männer in Uniformen herein, die Bohlyr noch nie gesehen hatte … und sie hielten auffallend lange, schlanke Musketen in den
Weitere Kostenlose Bücher