Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)
schon seit zwei Fünftagen beständig an deiner Stellung vorbei. Mittlerweile haben die dich völlig eingekesselt. Sie haben einfach zu viele Männer!
Jemand räusperte sich. Als der Brigadier aufblickte, erkannte er im Eingang Hauwerd Zhansyn.
»Kommen Sie doch bitte herein«, forderte er seinen Besucher auf, und der siddarmarkianische Oberst setzte sich in den anderen Klappsessel im Unterstand.
»Ich habe gerade Sumyrs gesehen«, begann er. »Sein Gesichtsausdruck und die Tatsache, dass er immer noch hier ist, verraten mir, dass er seinen Auftrag nicht hat ausführen können, richtig?«
»So könnte man es sagen, ja«, antwortete Taisyn mit einem freudlosen Lächeln. »Er selbst hat sich ein wenig anders ausgedrückt: Ich glaube, er hat gesagt, die stünden so dicht an dicht wie Flöhe auf einem sodaranischen Schafdieb!«
»Mit Worten kann der Sergeant wirklich gut umgehen.« Zhansyn lachte in sich hinein, wurde aber rasch wieder ernst. »Aber ich bin nicht gerade überrascht, das muss ich zugeben. Diese Leute da vorn wollen einfach nicht aufgeben.«
»Diese Leute da vorn werden nicht aufgeben«, verbesserte ihn Taisyn. »Allmählich gehen uns die Gewehrkugeln aus. Ich glaube, das wissen die da drüben schon.«
»Wir hatten von Anfang an nicht so viele, wie uns das lieb gewesen wäre«, meinte Zhansyn und zuckte mit den Schultern.
»Nein, das stimmt«, pflichtete ihm Taisyn bei. Einen Moment lang blickte er sein Gegenüber fest an. »Ich hatte wirklich damit gerechnet – na ja, zumindest darauf gehofft –, dass wir hier noch lebend rauskommen.«
»Wirklich?« Zhansyns Grinsen fiel bemerkenswert schief aus. »Ich nicht … nein, eigentlich nicht. Wahrscheinlich hätte ich seinerzeit schon etwas in dieser Richtung sagen sollen. Ich war von Anfang an der Ansicht, dass wir hier ein bisschen arg weit gehen. Um ehrlich zu sein, hatte ich die ganze Zeit über das Gefühl, genau darum gehe es Ihnen hier.«
Fragend wölbte er eine Augenbraue. Taisyn atmete hörbar aus.
»Wahrscheinlich«, gab er dann zu. »Ich glaube, ich wollte das niemandem, auch mir selbst nicht eingestehen.«
»Dacht ich mir.« Zhansyn lehnte sich in seinem Klappsessel zurück und stützte eine Ferse gegen Taisyns Schreibtisch-Fass. »Die Sache ist, Mhartyn … ich habe mich dafür nie bei Ihnen bedankt.«
»Bedankt?« Taisyns abwehrende Handbewegung schloss den ganzen matt beleuchteten Unterstand ein. »Für mich sieht es nicht gerade danach aus, als müssten Sie sich für irgendetwas bedanken , Hauwerd!«
»Aber selbstverständlich«, widersprach ihm Zhansyn und blickte ihm fest in die Augen. » Ich bin Siddarmarkianer, Sie nicht. Sie halten Ihren Kopf hier nicht für Ihr Volk hin, sondern für das meine . Und wenn Sie nicht beschlossen hätten, sich dem Feind hier entgegenzustellen, wäre Kaitswyrth jetzt schon kurz vor Gletscherherz und der Tyrnyr-Kluft – und hinter ihm stünde die ganze Provinz Gletscherherz lichterloh in Flammen. Ich weiß auch nicht, wo Herzog Eastshare jetzt wohl gerade stecken mag. Aber nur Ihnen ist es zu verdanken, dass er jetzt vermutlich vierhundert oder fünfhundert Meilen weiter westlich stehen wird, wenn Kaitswyrth auf ihn trifft, als das ohne Sie der Fall gewesen wäre. Gott allein weiß, wie vielen Siddarmarkianern Sie das Leben gerettet haben. Ich finde, jemand sollte Ihnen dafür danken.«
Schweigend blickte ihn Taisyn an. Er spürte, dass der Zhansyn jedes Wort ernst und aufrichtig meinte. Schließlich nickte der Brigadier.
»Dann nehme ich diesen Dank gern an«, sagte er und räusperte sich. »Ich werde vor Morgengrauen eine letzte Brief-Wyver losschicken«, fuhr er dann mit deutlich festerer, forscherer Stimme fort. »Wenn Sie ebenfalls einen letzten Bericht absetzen wollen, lassen Sie ihn Lieutenant Hahskans bitte innerhalb der nächsten zwei, drei Stunden zukommen.«
»Sind wir so weit?«
Mit dem braunen Haar, den ebenso braunen Augen und seinem freundlichen, stets gelassenen Auftreten hatte Bischof-Kommandeur Cahnyr Kaitswyrth schon manchen Nichtsahnenden getäuscht: Hinter dem beinahe schon sanftmütigen Äußeren verbarg sich ein unerbittlicher Eiferer. Kaitswyrth war Chihirit im Orden vom Schwerte. Dass er jahrelang in der Tempelgarde gedient hatte, merkte man seinem Haarschnitt ebenso an, wie seiner Art zu gehen – sogar der Art, wie er stand. Als er nun der Reihe nach seine leitenden Offiziere anblickte, sprach aus seinen braunen Augen unbeugsame Härte.
»Dieser Mist hier hat uns
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