Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)
legte die Hand an den Brustpanzer und wollte sich gerade schon abwenden. Er zögerte dann aber, als der Brigadier noch etwas hinzufügte.
»Passen Sie auf sich auf, Dahltyn«, sagte er leise.
»Sie auch, Sir«, erwiderte Sumyrs schroff, ohne sich umzuwenden. Dann verließ er den Unterstand und trat in die pechschwarze Nacht hinaus. In dem Klappsessel vor dem leeren Fass, das ihm als Schreibtisch diente, sackte Taisyn in sich zusammen.
Sumyrs war ein wirklich guter Mann. Seit mehr als vier Jahren diente er nun schon unter dem Brigadier, und wenn es überhaupt jemanden gab, der Mittel und Wege gefunden hätte, die Reihen der Tempelgetreuen zu durchstoßen, die sie eingekesselt hatten, dann war das Sumyrs.
Hätte natürlich auch nicht viel gebracht, wenn er tatsächlich durchgekommen wäre, oder? , gestand sich Taisyn grimmig ein. Du bist hier ein gewaltiges Risiko eingegangen, und jetzt sieht’s ganz danach aus, als nehme dieses Unterfangen kein sonderlich erfreuliches Ende.
Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und rieb sich mit beiden Händen das Gesicht. Schlaff sackten seine Schultern herab: Eine derartige Geste offen zur Schau gestellter Verzweiflung hätte sich Brigadier Mhartyn Taisyn in Gegenwart von Zeugen niemals gestattet.
Seine viertausend Mann und er hielten immer noch die Stellung. Sie waren tatsächlich zur unerträglichen Fischgräte im Hals von Cahnyr Kaitswyrths Vorhut geworden, genau wie er das Zhansyn und Watyrs versprochen hatte. Doch Kaitswyrth war fest entschlossen, diese Gräte irgendwie doch loszuwerden, mit allen Mitteln. Ebenso fest war er entschlossen, auch noch den letzten organisierten Widerstand gegen seinen Einmarsch in Gletscherherz zu brechen.
Wir sind mit zu wenig Männern zu weit vorgestoßen , fasste Taisyn die Lage zusammen. Die ganze Länge des Flusses bis hinunter zum See: Nie hätte ich die halten können. Irgendwo wären die an uns vorbei – und das habe ich von Anfang an gewusst. Aber ich musste sie hier aufhalten. Es war die letzte Möglichkeit für eine derart kleine Truppe, den ganzen Fluss abzuriegeln. Ich brauchte die Felsen, ich brauchte genug Platz, um die Geschütze so aufzustellen, dass sie freies Schussfeld hatten … und die Männer brauchten Möglichkeiten, sich anständig einzugraben. Mit mehr Männern hätten wir uns vielleicht ein Stück weiter im Osten verschanzen können, näher am See. Dann hätten wir die Felsen hier vielleicht gar nicht gebraucht. Aber …
Hätte, hätte, hätte: Es hatte doch keinen Sinn, darüber nachzudenken. Außerdem wusste er ganz genau, dass er die richtige Entscheidung gefällt hatte … oder zumindest die beste, die er hatte treffen können. Manchmal gab es keine richtige Entscheidung, sondern höchstens eine, die weniger falsch war als andere. Seine Männer hatten die Dreckskerle da draußen ordentlich bluten lassen. Sie hatten ihnen den Weg versperrt; sie hatten den ganzen Fluss abgeriegelt – zwei Fünftage lang! Seit zehn Tagen schon hatte Kaitwyrths Armee nicht einen einzigen Schritt tiefer in die Provinz Gletscherherz vordringen können … und Hunderte von Männern bei dem Versuch verloren, die gegnerischen Stellungen anzugreifen.
Ich wüsste nur zu gern, wo der Herzog gerade steht. Ich kann mir zwar wirklich nicht vorstellen, dass er schon den Eissee erreicht haben soll, aber trotzdem … Vielleicht besteht ja doch eine Chance, dass er sich bis zu uns durchschlägt und uns hier heraushaut. Ist aber nicht gerade sonderlich wahrscheinlich.
Er ließ die Hände sinken und atmete tief durch.
Von Anfang an hatte er nicht genug Männer gehabt, um Kaitswyrth davon abzuhalten, die gegnerische Stellung einfach zu umzingeln. Und natürlich hatte der Bischof-Kommandeur genau das getan. Auf dem Fluss zwischen Taisyns Position und dem Eissee hatte er sowohl Infanterie als auch Kavalleristen positioniert. Sie hatten auch Geschütze mitgenommen, um Taisyn genau das anzutun, was er seinerseits ihnen angetan hatte. Keiner von ihnen konnte den Fluss befahren – das verhinderten die Geschütze der Gegenseite. Doch hinter Kaitswyrths Stellung war dessen Versorgungskette noch intakt, die von Taisyn jedoch nicht. Das bedeutete: Der Brigadier konnte sich nicht darauf verlassen, weiterhin Nahrungsmittel oder Munition zu erhalten, Kaitswyrth hingegen schon.
Aber es ist ja nicht nur der fehlende Nachschub , dachte er. Das Schlimme ist, dass du nicht den Rückzug antreten kannst. Und weil das eben nicht geht, arbeiten die sich jetzt
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