Nimue Alban: Der Kriegermönch: Roman (German Edition)
schon viel zu viel Zeit gekostet«, fuhr er mit ebenso harter Stimme fort. »Und er wird uns noch mehr Zeit kosten! Wenn diese Ketzer-Dreckskerle so gründlich vorgegangen sind, wie ich das vermute, werden wir noch Tage brauchen, um die Fahrrinne wieder freizuräumen, selbst wenn wir vorher schon jeden Einzelnen von denen umgebracht haben. Und an jedem Tag, den wir verlieren, können Stohnar und dieser Hurensohn Cayleb weiter nach Westen vorrücken. Deren shan-wei-verdammten Marineinfanteristen waren ja schon schlimm genug. Ich will auf jeden Fall im Osten von Gletscherherz stehen, bevor wir auf den ersten gottverfluchten charisianischen Soldaten treffen. Haben Sie mich verstanden?«
Zustimmendes Raunen war die Antwort. Kaitswyrth zwang sich dazu, einmal tief durchzuatmen.
»Für das, was hier geschehen ist, kann man niemandem die Schuld anlasten«, fuhr er dann in beinahe schon wieder normalem Tonfall fort. »Der Gegner hatte das Überraschungsmoment auf seiner Seite, als wir auf ihn stießen. Also gut, vielleicht – nur vielleicht, meine Herren! – hätte sich das vermeiden lassen, wenn unsere Kundschafter etwas gründlicher vorgegangen wären … oder ein bisschen mehr Glück gehabt hätten. Aber die Ketzer haben ohnehin bereits auf uns gewartet. Die haben sich für diesen Hinterhalt den besten Flussabschnitt in einem Umkreis von hundert Meilen ausgesucht. Und dann haben sie uns gründlich den Weg versperrt. Die haben den Korken richtig fest in die Flasche gepresst. Und uns bleibt jetzt keine andere Möglichkeit mehr, als diesen Korken wieder herauszuholen – mit allem, was dafür nötig ist. Das wird uns einiges kosten. Wir reden hier nicht davon, ein paar Dutzend Pikeniere in einer offenen Feldschlacht einfach zu überrennen. Wir haben schon jetzt mehr als dreizehnhundert Mann verloren, die Besatzung der Kähne gar nicht mitgezählt. Und die Verlustzahlen werden noch deutlich unerfreulicher werden, weil wir den Ketzern geradewegs vor die Mündungen marschieren müssen. Was bedeutet: wir verlieren noch mehr Männer. Daran lässt sich aber nun einmal nichts ändern … es sei denn, wir wollen hier einfach hocken bleiben und die aushungern. Wenn wir das tun, können wir uns allerdings absolut sicher sein, dass wirklich alles, was Stohnar und Cayleb aufzutreiben vermögen, für uns bereitsteht, wenn wir endlich weiterziehen.«
Erneut blickte er die Offiziere an.
»Ich weiß nicht, was die hinter dieser Stellung noch alles haben – falls da überhaupt etwas ist! Unsere Spione haben Schwierigkeiten, an weitere Informationen zu gelangen. Von den ortsansässigen Rechtgläubigen scheint auch niemand eine Ahnung zu haben, was da vielleicht noch auf uns zukommt. Gerüchte? Die gibt’s reichlich – einschließlich wilder Geschichten, Cayleb Ahrmahk persönlich sei geradewegs auf dem Weg hierher, und zwar mit einer halben Million Mann!« Er schnaubte verächtlich. »Aber ich muss zugeben, dass das für mich nicht sonderlich überzeugend klingt.«
Einige seiner Offiziere lachten leise. Dann tippte der Bischof-Kommandeur auf die skizzierte Karte vor sich.
»Die haben überhaupt keine halbe Million Männer«, fuhr er fort. »Bei allen Schätzungen vor unserer Inmarschsetzung ist man zu dem Schluss gekommen, die Charisianer könnten Truppen frühestens Ende Juli oder Anfang August ins Feld führen. Ihre gesamte Armee stand zum damaligen Zeitpunkt noch in Chisholm, und das ist von der Siddarmark ja noch shan-wei weit entfernt. Aber seit Beginn des Heiligen Krieges haben sich unsere Geheimdienste schon so manches Mal getäuscht. Also werde ich mich auch jetzt nicht ganz und gar auf die verlassen. Deswegen gehe ich davon aus, dass sich tatsächlich in diesem Augenblick charisianische Truppen auf dem Weg nach Gletscherherz befinden. Und deswegen nehmen wir diese Stellung hier ein, und zwar gleich morgen früh!«
Er ballte die Hand zur Faust und hieb auf die Karte.
»Wir werden diese Stellung einnehmen, und wenn es uns zwei oder drei Divisionen kostet! Die Ketzer können sich nicht zurückziehen. Unsere Männer stehen weniger als fünfhundert Schritt vor deren Schanzen, und der Feind kann zwischen den verschiedenen Schanzen nicht einmal Truppen verschieben, weil wir jetzt in der Lage sind, sie alle gleichzeitig anzugreifen. Niemand will das Leben unserer Männer sinnlos wegwerfen. Aber wenn wir zulassen, dass diese Dreckskerle uns hier noch länger aufhalten, wird uns das langfristig noch viel mehr Männer kosten.
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