Nimue Alban: Kampf um die Siddarmark: Roman (German Edition)
Treue zu Prinz Daivyn. Aber was die Verbreitung reformistischen Gedankenguts betraf, war er beinahe ebenso beunruhigt wie Margo. Graf Coris’ Spion in die Reihen der Inquisition wäre für beide eine dicke Kröte, die es erst zu schlucken gälte – ganz egal, was besagter Spion zu berichten hatte … oder verhindert haben mochte.
»Da mögen Sie recht haben«, räumte Tartarian ein. »Auf jeden Fall gibt es keinen Grund, das jetzt schon herausfinden zu müssen.« Er lächelte dünn. »Wenn Phylyp es wirklich schafft, wieder in die Heimat zurückzukehren, kann er das ja immer noch persönlich vortragen.«
»Oder darauf verzichten«, stimmte Anvil Rock zu. »Nun, das Ganze liest sich wie ein schlechter Roman. Trotzdem sind seine Zeilen unmissverständlich. Nachdem er herausgefunden hat, dass Clyntahn die Ermordung von Daivyn und Irys plante – vermutlich, so schreibt Phylyp, weil es nach dem Geschmack der Inquisition hier in Corisande nicht genügend Widerstand gegen Charis gebe –, gab es nur noch einen Ort, an den er fliehen konnte. Und meines Erachtens stimmt seine Vermutung, was Clyntahn zu dieser Entscheidung bewogen haben könnte.«
»Glaube ich auch.« Tartarian nickte. »Ganz egal, was wir unternommen hätten, letztendlich wäre jemand wie Clyntahn ohnehin auf diese Idee gekommen.« Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Welchen Nachteil könnte es denn für ihn schon haben, einen zehn Jahre alten Jungen und dessen Schwester ermorden zu lassen?«
»Da fällt mir auch nichts ein.« Anvil Rock blickte ebenso angewidert drein wie Tartarian. »Phylyp erging es wohl ebenso. Und er hat ja schon immer gern einen Notanker bereit gehabt. Anscheinend hatte er schon Kontakt mit Graf Gray Harbor aufgenommen, lange bevor er eine Bestätigung für Clyntahns Mordbefehle erhalten hat. Und – das dürfte Ihnen besonders gefallen, Taryl! – bevor diese verdammten Fanatiker Gray Harbor ermordet haben, hat er einen von Seijin Merlins Freunden ausgeschickt, der mit Coris … die Flucht in die Obhut der Charisianer geplant hat. Dann haben Cayleb und Pine Hollow Merlin persönlich damit beauftragt, die Flucht zu organisieren.« Tartarians Gesichtsausdruck war Anvil Rock ein Lächeln wert. »Nach dem, was Phylyp zu berichten hatte, muss es verdammt gut gewesen sein, dass Merlin da war. Ohne ihn – und ich sollte vielleicht noch hinzufügen: ohne die Unterstützung durch die Imperial Charisian Navy und das tatkräftige Eingreifen von Herzog Darcos – wäre keiner der drei lebendig aus Delferahk entkommen.«
»Das klingt ja nach einer hochinteressanten Lektüre«, erwiderte Tartarian. »Sie haben ganz Recht: typisch Phylyp! Zugleich beweist es, dass er noch nichts von seinem alten Biss eingebüßt hat. Seine Instinkte funktionieren. Ich bezweifle zwar, dass er sich sonderlich wohl dabei gefühlt hat, Charis um Hilfe zu bitten. Aber angesichts der Lage muss ihm klar gewesen sein, dass sich Gray Harbor diese Chance keinesfalls entgehen lassen konnte und daher alle Register ziehen würde. Für Cayleb und Sharleyan wäre es«, Tartarian grinste sardonisch, »schlichtweg eine Katastrophe gewesen, wären die beiden nach der ›Flucht‹ einfach verschwunden. Aber dergleichen anzumerken, bräuchte es schon einen ebenso eiskalten wie zynischen Realpolitiker.«
»Aber natürlich! Und nur weil auch ich meine eiskalten und zynischen Phasen habe, ist mir dieser Gedanke auch schon gekommen. Aber das alles ändert nichts daran, dass die beiden Kinder nur dank Seijin Merlin und dem Kaiserpaar von Charis überhaupt noch leben. Damit haben die drei bei mir einen ziemlichen Stein im Brett.«
»Bei mir auch«, pflichtete ihm Tartarian bei. »Trotzdem stellt sich jetzt die Frage, was Ihre Majestäten mit den beiden, einmal aus Delferahk entkommen, vorhaben.«
»Allerdings!« Anvil Rock ließ seine Zähne aufblitzen. »Dank Phylyp haben wir jetzt wenigstens einen kleinen Vorsprung. Aber es sollte mich sehr überraschen, wenn nicht schon bald eine Nachricht aus Tellesberg einträfe – eine offizielle Nachricht, meine ich. Und ich glaube nicht, dass Ihren Majestäten entgehen wird, wie groß der sprichwörtliche Stein im Brett ist, den sie dann in ganz Corisande haben.«
»Nein, dass ihnen das entgeht, halte ich für absolut ausgeschlossen. Und wenn doch, wird Pine Hollow sie ganz gewiss darauf aufmerksam machen. Auch Staynair ist ein ziemlich heller Bursche. Er weiß genau, dass sich mit Barmherzigkeit ungleich mehr bewirken lässt als
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