Nimue Alban: Kampf um die Siddarmark: Roman (German Edition)
mit jeder noch so blutrünstigen Schreckensherrschaft. Und wir sollten auch den Ehrfurcht gebietenden Seijin Merlin nicht vergessen. Offizieller Ratgeber Ihrer Majestäten: Er hat wahrscheinlich mehr Einfluss auf die beiden als alle anderen offiziellen Ratgeber zusammen! Die beiden geben sich zwar redlich Mühe, das nicht in der Öffentlichkeit zu zeigen, aber er ist immer an ihrer Seite. Mir ist nicht entgangen, wie die Kaiserin immer wieder aus dem Augenwinkel zu ihm hinüberblickt, ganz egal, mit wem sie gerade spricht. Und dann dieses Netzwerk von Seijin -Spionen, mit dem Merlin anscheinend alle Ecken und Winkel Safeholds abdeckt!« Tartarian schüttelte den Kopf. »Das Wort dieses Mannes wiegt schwer, Rysel. Er spielt sich nie in der Vordergrund; er scheint sich nie irgendwo aufzudrängen. Aber Ihre Majestäten vertrauen ihm deutlich mehr an als nur ihr eigenes Leben – was ich ihnen überhaupt nicht verdenken kann. Schließlich leistet er als Berater ja wohl beachtliche Arbeit.«
»Das ist mir auch schon aufgefallen«, meinte Anvil Rock. Dann straffte er die Schultern und atmete tief durch. »Ja, das ist mir auch schon aufgefallen«, wiederholte er. »Und ganz unter uns gesagt: Ich glaube, damit machen Ihre Majestäten alles ganz genau richtig. Und wo wir schon so offen miteinander sprechen …« Unverwandt blickte er seinen Freund und Kollegen an. »Noch nie habe ich etwas mit so viel Freude aufgenommen wie die Nachricht, dass Daivyn und Irys in Charis sicher sind, statt weiterhin König Zhames’ Ehrengäste zu sein.«
»Mir geht’s genauso. Natürlich wirft das schon wieder eine interessante Frage auf: Wie soll der Regentschaftsrat das dem Fürstentum verkünden? Und mit noch einer Kleinigkeit sollten wir uns befassen: Wie stehen wir offiziell zu dem Gesuch, Daivyn nach Corisande zurückkehren zu lassen?«
»Durchaus gute Punkte, ja! Diese Entscheidungen muss der gesamte Regentschaftsrat treffen.«
»Ach, das weiß ich auch! Aber halten Sie es nicht für eine gute Idee, wenn wir uns jetzt schon überlegten, zu welcher Entscheidung der ›gesamte‹ Regentschaftsrat kommen wird, nachdem wir den anderen die Sachlage erklärt haben?«
»Manchmal sind Sie entschieden zu zynisch, Taryl«, sagte Anvil Rock streng. Tartarian stieß ein Schnauben aus.
»Das ist nicht zynisch, Taryl. Das ist bloß pragmatisch «, versetzte er. »Und Sie wissen genauso gut wie ich, dass die Lage zu knifflig ist, um sich in überlangen Debatten festzufahren.«
»Das ist wahr.« Nachdenklich schürzte Anvil Rock die Lippen und blickte einige Sekunden lang ins Leere. Dann hob er die Augenbrauen. »Und da wir gerade unter uns sind, brauchen wir nicht so zu tun, als wären nicht in Wahrheit Sie derjenige, der hauptsächlich das Denken für den Regentschaftsrat übernimmt. Was also sollten wir Ihres Erachtens tun?«
Leise lachte Tartarian und schüttelte den Kopf. Ganz unrecht hatte Anvil Rock nicht: Tartarian war tatsächlich geistig deutlich flexibler als die meisten anderen Mitglieder des Rates. Aber auch an Anvil Rocks Verstand gab es nicht das Geringste auszusetzen. Bei ihm war die Hartnäckigkeit hervorzuheben, mit der er sich auf die jeweils anstehende Aufgabe konzentrierte. Das konnte allerdings dazu führen, dass er sich selbst den Blick für Alternativen verstellte.
»Nun, ich finde, wir sollte Koryn und Charlz hinzuziehen und uns ihre Vorschläge anhören, bevor wir eine endgültige Entscheidung treffen«, meinte Tartarian nach kurzem Nachdenken. Sir Koryn Gahrvai, Anvil Rocks Sohn, war der Oberkommandierende der Corisandian Army, deren Aufgabe es war, in der Heimat für Recht und Ordnung zu sorgen … natürlich unter der Aufsicht von General Sir Zhoel Zhanstyn. Dieser hatte Hauwyl Chermyn als charisianischer Vizekönig in Corisande abgelöst, nachdem Letzterem der Titel ›Großherzog von Zebediah‹ verliehen worden war. Sir Charlz Doyal, Gahrvais Stabschef, fungierte zugleich als Leiter des Nachrichtendienstes im Auftrag des Regentschaftsrats.
»Wenn überhaupt jemand ein Gespür dafür hat, wie das Fürstentum auf diese Neuigkeit reagiert, dann wohl die beiden«, gab Anvil Rock ihm recht. »Und ich denke, wir sollten auch Erzbischof Klairmant ins Boot holen.«
»Aber erst, nachdem wir mit Koryn und Charlz gesprochen haben«, versetzte Tartarian rasch und verzog das Gesicht, als Anvil Rock ihn fragend anblickte. »Ich vertraue Klairmant so weit, wie ich überhaupt jemandem vertraue, Rysel. Aber sonderlich fest im
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