Nimue Alban: Kampf um die Siddarmark: Roman (German Edition)
Kopfende des Tisches fallen. »Ach, kommen Sie schon, Taryl! Wir wissen doch beide, dass Cayleb Ahrmahk nicht für die Ermordung Hektors verantwortlich war. Wir haben es von Anfang an gewusst, nur ziemlich lange gebraucht, es uns gegenseitig einzugestehen. Ganz offensichtlich ist auch Phylyp zu diesem Schluss gekommen. Laut seiner Nachricht hatte Clyntahn bereits Vorkehrungen getroffen, auch Daivyn und Irys ermorden zu lassen – aus ganz genau den gleichen Gründen wie ihren Vater und Bruder.«
Bei diesen letzten sechs Worten gewann sein Tonfall an Härte. Über den Tisch hinweg blickte er dem Freund und Kollegen fest in die Augen. Eine oder zwei Sekunden lang hielt Tartarian dem Blick stand, dann nickte er.
»Ich weiß«, sagte er und räumte damit etwas ein, das sie beide insgeheim schon seit langer Zeit für selbstverständlich hielten.
Kaiser Caylebs Argument, für Hektors Ermordung keinen Grund gehabt zu haben, war ihnen beiden einleuchtend erschienen. Und doch blieb immer noch der Verdacht, Kaiserin Sharleyan könne das Attentat arrangiert haben – vielleicht sogar, ohne das ihrem Mann gegenüber zu erwähnen. Doch Vermutungen in diese Richtung verstummten auch unter der Bevölkerung allmählich, nachdem Sharleyan im vergangenen Jahr persönlich nach Corisande gekommen war. Natürlich war das Volk noch längst nicht ganz der Unschuld des Kaiserpaars überzeugt. Schließlich stand das Fürstentum nach wie vor unter charisianischer Besatzung. Man musste allerdings einräumen, dass sich die Besatzer nach Kräften bemühten, behutsam aufzutreten. Seit den Tagen von Hektors Ermordung hatte sich die Stimmung im Land dramatisch verändert. Mittlerweile war eine ganze Reihe Corisandianer zu den gleichen Schlüssen gekommen wie Tartarian und Anvil Rock, was die Frage nach den Hintermännern für das Attentat auf ihren Fürsten und dessen Erben betraf. Das brachte die Tempelgetreuen in ein interessantes Dilemma: Bislang hatten sie die Empörung über Hektors Ermordung dazu nutzen können, die Treue zur ›Alten Kirche‹ zu beschwören … obwohl die Zahl der Reformisten auch in Corisande langsam, aber stetig stieg. Aber genau das, was Zion zuvor gute Dienste geleistet hatte, schadete jetzt. Falls Coris vielleicht gar einen Beweis dafür vorlegen könnte, dass Clyntahn die Ermordung von Irys und Daivyn angeordnet hatte …
»Er dürfte Ihnen doch etwas mehr berichtet haben als nur, dass die Kinder und er für einen Freundschaftsbesuch nach Tellesberg reisen, oder?«, fragte Tartarian schließlich. Sein Tonfall klang beinahe schon wieder normal.
»Stimmt.« Anvil Rock lehnte sich zurück; mit einer Hand spielte er an der Scheide seines Dolches. »Ich lege Ihnen die gesamte Depesche schon bald vor. Jedes Ratsmitglied benötigt eine Abschrift davon – ich muss sie nur noch anfertigen lassen. Aber einige der Informationen in diesem Schreiben haben deutlich mehr damit zu tun, wie er zu dieser Schlussfolgerung gekommen ist, als ich den Rest des Rates im Augenblick wissen lassen möchte.«
»Was für Informationen meinen Sie?« Tartarian kniff die Augen zusammen, und Anvil Rock hob kurz die Schultern.
»Ach, zum Beispiel, dass er schon vor Jahren einen Doppelagenten auf Wyllym Rayno angesetzt hat. Es war sogar Hektor persönlich und das schon vor seiner Thronbesteigung, der diesen Mann bei der Inquisition eingeschleust hat. Das neben anderen Kleinigkeiten sollten wir vorerst für uns behalten. Ich glaube zwar nicht, dass North Coast damit hausieren geht, aber schon bei Airyth bin ich mir da nicht mehr so sicher. Margo jedoch dürfte damit sogar … ernstlich Probleme haben.«
Tartarian nickte. Sir Bairmon Chahlmair, Herzog Margo, war ein politischer Verbündeter des Grafen Craggy Hill gewesen. Als entfernter Verwandter Prinz Daivyns konnte er eher Anspruch auf den Thron erheben als jeder andere, der sich derzeit in Corisande aufhielt. Allerdings gab es keinerlei Beweise dafür, dass er selbst in irgendeiner Weise in Craggy Hills sogenannte Nordverschwörung verstrickt gewesen war. Bislang hatte er nicht einmal angedeutet, sich Hoffnungen auf den Thron zu machen. Das hieß aber nicht, dass sich jemand, dessen Aufgabe es war, besagten Thron zu schützen, nicht doch Hoffnung machte. Zugleich fühlte sich Margo angesichts der neuen reformistischen Kirchenhierarchie in Corisande sichtlich unwohl. Genau das Gleiche galt auch für Trumyn Sowthmyn, den Grafen Airyth. Weder Tartarian noch Anvil Rock zweifelten an Airyths
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