Nimue Alban: Kampf um die Siddarmark: Roman (German Edition)
Schweigen im Raum. Tartarian machte eine Geste, als wolle er die letzten Worte wie Krumen von einem Tisch wischen.
»Wie dem auch sei …«, fuhr er, leichter im Ton, fort. »Ich mache mir Sorgen darüber, wie die Menschen hier in der Heimat ihrer … Unzufriedenheit Ausdruck verleihen werden. Das Vertrauen in Clyntahns Aufrichtigkeit und Wahrheitsliebe ist hier in Corisande selbst unter zahlreichen Tempelgetreuen in Mitleidenschaft gezogen – und dabei haben wir Phylyps Brief noch gar nicht veröffentlicht! So lange wir alles vermeiden können, was in irgendeiner Weise Clyntahns Version der Ereignisse zu stützen scheint, rechne ich nicht damit, dass sein Wutgebrüll hier allzu viel bewirken wird. Die, die ihm immer noch vertrauen, werden sowie alles, was er sagt, so behandeln, als stamme es geradewegs aus der Heiligen Schrift selbst. Da ist es völlig bedeutungslos, was wir tun oder verkünden. Denn seine Anhänger sind eh unverrückbar gegen Charis und damit auch gegen den Regentschaftsrat eingenommen. Wir müssen uns vor allem Gedanken um die Unvoreingenommen machen! Das heißt zu überlegen, wie wir die haarige Sache so behutsam wie möglich angehen können.«
»Also sind Sie der Ansicht, wir sollten nicht mit Nachdruck auf Daivyns Rückkehr bestehen?«
»Ich meine, wir sollten uns ein wenig Zeit verschaffen. Zunächst schicken wir Depeschen ab, in denen wir uns nach dem Gesundheitszustand des Prinzen und seiner Schwester erkundigen und ersuchen, den beiden direkten Kontakt mit uns zu gestatten.« Tartarian wandte sich wieder dem Fenster zu. »Das wäre – lageunabhängig – ein ganz natürlicher erster Schritt. Die Zeit, die es nun einmal braucht, die Schreiben von hier nach Tellesberg und zurück zu befördern, wird uns zugute kommen. Wir geben also dem ganzen Fürstentum zunächst nur die frohe Kunde, dass die beiden sicher in Tellesberg angekommen sind. Dann veröffentlichen wir auch unsere Schreiben an die beiden und an das Kaiserpaar, in denen wir unserer Besorgnis Ausdruck verleihen und zugleich deutlich zeigen,
dass wir uns redlich darum bemühen, die Lage wieder ein wenig zu normalisieren. Ich denke, wir sollten auch noch einmal den Treueeid veröffentlichen, den der Regentschaftsrat Daivyn als rechtmäßigem Fürsten von Corisande geleistet hat – für Mutter Kirche bezeugt von Klairmant. Es wäre doch nur angemessen, wenn wir den Eid in seinem Namen erneuern würden, nachdem sich der Prinz jetzt nicht mehr im Gewahrsam der Kirche befindet! Zugleich könnten wir damit deutlich zeigen, dass unsere Treue zuallererst eben ihm gilt und damit ganz Corisande.«
»Also gut.« Anvil Rock nickte. »Das alles ergibt durchaus Sinn. Aber was, wenn wir diese Depesche abgeschickt haben und eine Antwort erhalten?«
»Das hängt natürlich vor allem von der Antwort ab! Ihre Majestäten sind zweifellos schlau genug zu begreifen, wie wichtig es ist, uns ihren Standpunkt darzulegen, ehe wir unsererseits unseren der Öffentlichkeit verkünden. Aber im Augenblick nehme ich an, der nächste Schritt müsste dann darin bestehen, Daivyns Rückkehr zu erbitten. Der Wortlaut von Friedensvertrag wie Amtseid der Regentschaftsräte lässt Ihren Majestäten in dieser Hinsicht ein wenig Spielraum. Aber sie haben ihn bereits als Herzog Manchyr und Hektors rechtmäßigen Thronerben anerkannt. Natürlich gibt es zahlreiche Klauseln, die es zu erfüllen gilt, damit Daivyn die Krone auch annehmen darf. Aber an seinem Anspruch darauf besteht keinerlei Zweifel! Also können wir das Ganze wohl recht ruhig angehen, sogar ausnehmend höflich. Zumindest anfänglich können wir unser Gesuch dezent mit der Bitte verschleiern, uns darüber zu informieren, wie Charis besagte Klauseln auszulegen beliebt. Wir müssen das Ganze richtig angehen – und dazu gehört, unsere Schreiben, ja, den gesamten Schriftverkehr öffentlich zu machen, zumindest derzeit. So können wir gewiss fast zwei Jahre lang die Sache friedlich diskutieren. Wir können unmissverständlich kundtun, dass unsere Treue allein Daivyn gilt, und dann bieten wir Ihren Majestäten eine Gelegenheit, ihrerseits zu zeigen, dass sie die Situation so zumutbar wie nur möglich zu gestalten gedenken. Genau das wird sich ja dann auch in ihren Antworten auf unsere Schreiben zeigen … und darin, inwieweit sie bereit sind, sich überhaupt auf die Diskussion einzulassen. Wenn sie schlau genug sind, die Motive für unser Handeln zu erkennen, arbeitet die Zeit für uns, und die Lage
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