Nimue Alban: Kampf um die Siddarmark: Roman (German Edition)
ein Duell auf zwanzig Schritt, ausgetragen mit Karronaden – die mit Traubenkartätschen geladen sind!«
»Auf dieses Bild hätte ich gern verzichtet, Mein Lord«, erwiderte Baiket trocken.
»Sonderlich angetan, Stywyrt, bin ich von dieser Vorstellung auch nicht. Vielleicht bin ich ja auch über Gebühr pessimistisch … nur glaube ich das nicht. Nicht nach den Berichten aus Iythria. Es wird wohl darauf hinauslaufen, dass der die Schlacht gewinnt, der als Erster feuert. Denn im Augenblick sehe ich keine Möglichkeit, eine Galeone vor Granatenbeschuss effektiv zu schützen.«
»Mir erschien die Idee, Ketten über die Bordwand zu hängen, um den Schiffsrumpf zu schützen, vielversprechend, Mein Lord.«
»Ja, vielleicht. Nur gibt es nicht unbegrenzt viele Ankerketten. Ich habe Ahlvyn und Ahbail ausgeschickt, jedes Schiff und jedes Lagerhaus des ganzen Hafens abzusuchen. Es sieht ganz so aus, als seien in letzter Zeit verdammt viele alte Ketten eingeschmolzen worden, um daraus neue Kanonen zu gießen.« Der Graf grinste seinen Flaggoffizier schief an. »Und wenn ich mir diese Diagramme anschaue«, wieder tippte er auf die Zeichnungen, die auf seinem Schreibtisch lagen, »bin ich auch nicht mehr so zuversichtlich, damit überhaupt eine Granate abwehren zu können! Nicht bei der Wandstärke dieser Granaten – und schon gar nicht über kurze Distanzen hinweg. Die trifft ihr Ziel mit sehr viel mehr Kraft, als ich erwartet habe. Ein bisschen helfen die Ketten, ja. Aber wir sollten nach etwas Besserem Ausschau halten.«
»Ich verstehe, Mein Lord. Also …«
Der Wachposten vor der Tür zu Thirsks Kabine donnerte mit dem Kolben seiner Muskete auf Deck.
»Commander Khapahr wünscht den Admiral zu sprechen!«, verkündete er. Paiair Sahbrahan, Thirsks Kammerdiener, kam aus seinem winzigen Kabuff, huschte durch die Kabine und öffnete die Tür.
»Verzeihen Sie die Störung, Mein Lord«, sagte Commander Ahlvyn Khapahr und folgte Sahbrahan in das Arbeitszimmer des Admirals. Die Kopfbedeckung vorschriftsmäßig unter dem Arm, nahm er Haltung an. Khapahr war etwa dreißig Jahre alt und hatte dunkle Haare und eine stets sonnengebräunte Haut. Das Auffälligste an ihm aber war zweifellos sein gewaltiger Schnurrbart. Thirsk hielt den jungen Offizier für äußerst intelligent. Genau deswegen bekleidete er auch den Posten, den man auf Terra als ›Stabschef‹ bezeichnet hätte … und ebenso in der Imperial Charisian Navy. Ein weiterer Offizier begleitete Khapahr – ein Lieutenant, den Thirsk nie zuvor gesehen hatte.
»Ich weiß, dass Sie mit dem Captain über die neuen Waffen sprechen wollten«, fuhr Khapahr fort. »Deswegen dachte ich mir, ich sollte Sie, solange Sie damit beschäftigt sind, auf Lieutenant Zhwaigair hier aufmerksam machen.«
»Ach, ja?« Thirsk nahm wieder in seinem Sessel Platz. Er stützte die Ellbogen auf die Armlehnen und blickte Zhwaigair nachdenklich an.
Der Lieutenant war sogar noch jünger als Khapahr. Wahrscheinlich war er sogar noch jünger als Sir Ahbail Bahrdailahn, Thirsks Flaggleutnant. Er hatte blondes Haar und Augen in einem Ton, der zwischen Haselnuss- und Dunkelbraun lag – eine auffällig seltene Augenfarbe. Zhwaigair war recht muskulös und groß: In Thirsks Kabine mit ihrer ziemlich niedrigen Decke konnte er nicht aufrecht stehen. Deswegen zog er die Schultern zusammen und ließ den Kopf ein wenig hängen. Thirsk selbst war deutlich kleiner. Darum empfand er Mitgefühl bei dem Gedanken, wie oft sich Zhwaigair an Bord wohl schon heftige Kopfschmerzen zugezogen hatte.
»Und weswegen sind Sie der Ansicht, mich auf den Lieutenant aufmerksam machen zu müssen, Ahlvyn?«, wollte er wissen.
»Weil er eine Idee hat, Sir. Zunächst klingt sie ziemlich lächerlich. Ich muss auch zugeben, dass sie mich eigentlich nicht sonderlich interessiert hat, als er sie mir heute Morgen vorgetragen hat. Um ehrlich zu sein, habe ich sie sogar rundweg abgelehnt … Aber der Lieutenant ist erstaunlich hartnäckig. Und da Sie mich auf die Suche nach den Ankerketten geschickt hatten, die anscheinend in ganz Dohlar spurlos verschwunden sind, kam ich zu dem Schluss, ich könne meine … öhm, kriegsentscheidenden Aufgaben gerade lange genug aufschieben, um mir doch anzuhören, was der Lieutenant zu sagen hat. Das hat sich als die richtige Entscheidung herausgestellt. Wie ich schon sagte, anfänglich klang seine Idee wirklich lächerlich. Aber je länger ich darüber nachdenke, desto sinnvoller erscheinen mir
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