Nimue Alban: Kampf um die Siddarmark: Roman (German Edition)
vernarrt in den Kleinen, auch wenn sie wirklich ihr Bestes gibt, ihn nicht zu verziehen oder zu verwöhnen. Irys hat hin und wieder Andeutungen gemacht, weswegen ich vermute, dass sie mit Besorgnis die Entwicklung ihres älteren Bruders wahrgenommen hat, bevor er ermordet wurde. Irys ist fest entschlossen, so etwas bei Daivyn nicht zuzulassen – und Coris unterstützt sie dabei nach Kräften. Es schadet gewiss auch nicht, dass Tobys ihr ebenfalls zur Seite steht«, setzte die Gräfin hinzu. Amüsiert beobachtete sie, wie Tobys Raimair aus der Luke mittschiffs trat. Hinter sich zog er seinen lautstark protestierenden Lehnsherrn her – am Kragen von dessen Kasack, der innerhalb von nicht ganz einer halben Stunde eine wundersame Verwandlung von ›makellos sauber‹ zu ›völlig ruiniert‹ gemacht hatte.
Sharleyans Blick folgte den beiden anderen Waffenträgern unter Raimairs Kommando: Sie hatten Haarahld und Trumyn Breygart im Schlepptau. Auch wenn es Sharleyan kaum möglich schien, aber Haarahld war sogar noch ein wenig zerzauster und verdreckter als Daivyn. Als der ältere der beiden Breygart-Söhne seine Stiefmutter entdeckte, blickte er schlagartig sehr besorgt drein.
Daivyns Protest wurde noch lauter – nein, er klang nachgerade verzweifelt, als seine Gardisten ihn und seine Gefährten mitleidslos vor seine Schwester zerrten. Zumindest Haarahld war deutlich anzumerken, dass er immens erleichtert war, sich bloß vor einer Prinzessin verantworten, statt seiner Stiefmutter unter die Augen treten zu müssen.
Vorerst, zumindest.
Irys unterbrach ihr Gespräch mit Aplyn-Ahrmahk. Die Prinzessin verschränkte die Arme vor der Brust und blickte mit finsterer Mienen auf den völlig verdreckten, immer noch lautstark protestierenden Fürsten von Corisande hinab. Mairah lachte auf.
»Kein Wunder, dass sie diesen Halunken so mag!« Wieder ernst fuhr sie fort: »Ihre Hoheit war ganz klar erleichtert über Daivyns Reaktion darauf, aus Delferahk entkommen zu sein. Vor anderen zugeben wird sie das natürlich nicht. Deshalb bin ich mir sicher: Es spielt für sie keine Rolle, was sie sich für sich ersehnt, was ihr größter Herzenswunsch wäre. Sie wird nie, wirklich nie etwas tun, was ihrem Bruder schaden oder für ihn gefährlich sein könnte. Wenn Ihr sie also wirklich zu einer Verbindung mit Hektor ermutigen wollt, solltet Ihr sie wissen lassen, dass ihrem Bruder dadurch keinerlei Gefahr droht.«
»Möglich.« Vorsichtig schob Sharleyan ihre freie Hand unter Alahnahs Kopf und hauchte ihrer Tochter einen zarten Kuss auf die Wange. Dann blickte sie wieder zu Mairah auf. »Nein, schon richtig. Aber dass sie diese Verbindung eingeht, darf nie wirken wie ein Tauschgeschäft. Wenn Irys auf die Idee verfällt, Daivyns Leben hänge von einer Heirat mit Hektor ab, wird sie wahrscheinlich darauf eingehen. Aber sie würde niemals vergessen, dass man sie zu dieser Eheschließung genötigt hat. Schlimmer noch: Sie würde sich ständig fragen, was wohl geschehen wäre, wenn sie abgelehnt hätte – ob wir Daivyn wirklich umgebracht hätten.«
»Richtig, das will reiflich überlegt sein«, meinte Mairah nachdenklich, während sie zuschaute, wie Daivyn seiner Schwester wortreich erklärte, weswegen seine Kleidung in Mitleidenschaft gezogen war. »Reiflich, ja. Dennoch, es wäre in vielerlei Hinsicht sehr praktisch, nicht wahr?«
»Mairah, Sie waren schon immer eine Meisterin der Untertreibung«, versetzte Sharleyan trocken. »Natürlich würden Clyntahn und die anderen, einschließlich der Unverbesserlichen in Corisande, Zeter und Mordio schreien! Selbstverständlich wird es heißen, wir hätten die Prinzessin gezwungen, einen unserer Handlanger zu ehelichen, und dann auch noch einen gebürtigen Bürgerlichen! Man wird es als Beweis sehen, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis wir Daivyn ermorden lassen. Aber für diejenigen in Corisande, deren Verstand noch einwandfrei funktioniert …?« Sie schnaubte. »Merlin würde jetzt wohl sagen: ›Nur Vorteile, keine Nachteile.‹«
»Obendrein«, ergänzte Mairah leise, »seid Ihr der Ansicht, diese Ehe würden beide glücklich machen.«
»Der Ansicht? Nein, nur der Hoffnung!«, korrigierte Sharleyan und legte auch den anderen Arm um ihre Tochter. »Denken Sie doch nur, wie selten jemandem wie Irys eine Liebes- statt einer Staatsheirat vergönnt ist! Cayleb und ich sind da ja wahrlich gesegnet. Ganz unverdient haben wir viel Freude aneinander. Ich sähe gern, dass Irys und
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