Nimue Alban: Kampf um die Siddarmark: Roman (German Edition)
Sicherheit für unsere finanziellen Verpflichtungen stehen könnten. Wenn das Volk das begreift, was früher oder später unweigerlich geschieht, geht die Talfahrt erst richtig los. Wir werden buchstäblich nicht mehr in der Lage sein, die Rechnungen von Mutter Kirche zu bezahlen. Und dann sind wir auch nicht mehr in der Lage, den Krieg zu finanzieren. Es ist ganz einfach: Ohne Einnahmensteigerung verlieren wir den Heiligen Krieg. Punkt!«
Es zuckte in Trynairs Gesicht, als sein Vikarskollege so schonungslos das Wort ›verlieren‹ aussprach. Duchairn jedoch starrte ihn an – mit einem Blick aus Stahl.
»Aber wir können Allayns Armeen in diesem Jahr ins Feld führen, ja?«, setzte der Kanzler nach.
»Ja, können wir. Aber solange wir nicht Mittel und Wege finden, unsere Einnahmen anzukurbeln – und dabei stellen die Vorschläge, die ich bereits angesprochen habe, ein absolutes Minimum dar –, werden wir sie nicht lange im Feld halten können. Dann ist Ende der Fahnenstange! Verzeihen Sie, dass ich das so unverblümt ausdrücke, aber wir müssen unbedingt dafür sorgen, dass auch Zhaspahr das begreift. Sonst haben wir es bald mit ein paar hunderttausend Mann zu tun, die wir nicht mit Lebensmitteln versorgen können, und Sold können wir ihnen auch nicht zahlen. Diese Männer stehen dann in wenigen Wochen mitten in einer vollkommen verödeten Landschaft, in der sämtliche Vorräte entweder bereits aufgebraucht oder vernichtet wurden. Wir reden hier von hunderttausenden hungriger Soldaten, die allesamt zumindest nominell im Dienste von Mutter Kirche stehen. Diese Soldaten befinden sich dann in genau jenen Provinzen, die sich im Namen von Mutter Kirche dem Reichsverweser entgegengestellt haben. Wenn diese Soldaten dort auf Raubzug gehen, vergewaltigen und plündern, meinen Sie nicht auch, dass das der Treue jener Provinzen Mutter Kirche gegenüber nicht unbedingt förderlich sein wird?«
Zahmsyn Trynair starrte den Schatzmeister an. Nicht einmal der schneidende Wind, der Schneeflocken an den Fenstern des Tempels entlangpeitschte, hätte es mit der Eiseskälte aufnehmen können, die sich gerade im Herzen des Kanzlers ausbreitete.
.XVIII.
Bargetown, Baronie High Rock,
Altes Königreich Charis, Kaiserreich Charis
»Und, Zosh?«
Im rotglühenden Schein der Morgensonne stand Ehdwyrd Howsmyn neben seinem Leitenden Handwerksmeister. Gemeinsam starrten sie zu dem Frachtschiff hoch, das einem gestrandeten Seedrachen gleich hoch über ihnen aufragte. Gedrungen und doch gewaltig hockte der leere Frachter auf den Stützstreben. Ihn aus dem Wasser herauszuholen war deutlich schwieriger gewesen, als ihn seinerzeit zu Wasser zu lassen. Damals hatte die Schwerkraft den Kahn den Wellen entgegengleiten lassen. Doch nun hatten sich vier Hügeldrachen mit aller Kraft in die Geschirre gestemmt, um das Boot den Wellen wieder zu entreißen. Dankenswerterweise hatten Howsmyns Mitarbeiter mittlerweile Erfahrung darin, auch größere Massen in Bewegung zu setzen. Mit Flaschenzügen wirkten die Männer hin und wieder echte Wunder.
Nun kratzte sich Zosh Huntyr den kurzgeschnittenen braunen Bart und schürzte die Lippen.
»Wäre ja schon viel einfacher, wenn wir das so hätten machen können wie Nahrmahn, Sir. Ich weiß, dass wir dafür nicht die Zeit hatten. Aber mit Schienen und anständigen Rädern hätte sich die Gute doch deutlich effizienter«, er grinste seinen Vorgesetzten an, als er sich dessen Lieblingswort zu eigen machte, »bewegen lassen als über Rundhölzer.«
»Zweifellos«, versetzte Howsmyn trocken. »Aber leider haben Ihre Majestäten recht unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, die Arbeit noch in diesem Jahr abgeschlossen sehen zu wollen. Wo wir gerade davon sprechen …?«
»Ich glaube, das werden wir hinbekommen, Sir. Und ich glaube, wir werden auch den restlichen Zeitplan Ihrer Majestäten einhalten können … mehr oder weniger. Versprechen kann ich natürlich nichts. Aber falls jetzt nicht noch etwas Unvorhergesehenes geschieht, dann sollten wir’s schaffen.«
»Einschließlich dem Einbau des neuen Antriebs?« Howsmyn wandte den Blick von dem nicht sonderlich hübschen, dafür aber zweckmäßigen Frachter ab und schaute seinen Leitenden Handwerksmeister besorgt an.
»Stahlman ist überzeugt davon, ja, Sir. Natürlich werden wir dafür Arbeitskräfte von deutlich mehr anderen Aufgaben abziehen müssen, als uns allen recht ist. Aber wir können’s schaffen. Ich meine, der ursprüngliche Antrieb war ja
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