Nimue Alban: Kampf um die Siddarmark: Roman (German Edition)
zuzulassen, Zahmsyn. Aber jetzt kann das eben nicht mehr so weitergehen! Diverse einflussreiche Harchongesen bedienen sich schon seit Menschengedenken mit dreißig Prozent des geschuldeten Zehnten aus den Kaiserlichen Schatzkammern. Da ist Geld genug, um zu zahlen, glauben Sie mir.«
»Aber … aber wir brauchen doch … Ich meine, Sie wissen doch, dass uns Harchong immer die Treue gehalten hat! Wenn wir jetzt überzogene Forderungen stellen, dann …«
»Das sind keine überzogenen Forderungen«, fiel ihm Duchairn tonlos ins Wort. »Selbst Zhaspahr kann nicht alles haben. Er hat diese ›spontanen‹ Aufstände in die Wege geleitet, ohne uns vorher zu warnen. Und seine ›spontanen‹ Aufstände«, die Stimme des Schatzmeisters troff vor Ironie, »sind der Grund für eine so entsetzliche Hungersnot in den westlichen Teilen der Siddarmark, dass selbst eine gottverfluchte Wyvern die Reise nicht ohne Proviantpäckchen antreten würde!« Zorn loderte in Duchairns sonst so sanftmütigen Augen. »Sie haben die Berichte gelesen, Zahmsyn. Sie wissen, wie viele Menschen noch verhungern werden. Sie wissen, wie entsetzlich die Gefechte waren, und jetzt erwarten wir von Allayn, dass er eine ganze Armee durch genau dieses Territorium ziehen lässt? Wie im Namen Sondheims und Truscotts soll er denn seine Soldaten ernähren, wenn schon die Leute, die in diesen Landstrichen leben, kurz vor dem Hungertod stehen? Allayn wird jedes bisschen Nahrung brauchen, das sich finden lässt – egal ob wir uns das leihen, erbetteln oder stehlen. Und dann wird er jeden Kahn, jede Kutsche und jeden Drachenkarren brauchen, den wir für ihn auftreiben können, damit ihn diese Nahrungsmittel auch erreichen. Das alles kostet schon wieder Geld – irgendwo muss es also herkommen. Deswegen wird Zhaspahr entweder meinem … unerfreulichen Plan für Waisu und den Rest von Harchong zustimmen, oder er soll sich verdammt noch mal selbst etwas einfallen lassen, wie Allayn diese Wüstenlandschaft da durchqueren soll – die Wüstenlandschaft, die Zhaspahr überhaupt erst geschaffen hat, verdammt!«
Duchairns unerwarteter Heftigkeit wegen war Trynair vor ihm zurückgewichen. Ohne den Blick von seinem Kollegen zu nehmen, schluckte der Kanzler heftig. Dann seufzte er.
»Also gut, Rhobair«, sagte er leise. »Also gut, ich unterstütze Ihren Vorschlag. Aber um Langhornes willen, sehen Sie zu, dass Sie nicht vor Zhaspahr in dieser Art … explodieren. Bitte!« Geradezu flehentlich hob er die Hände. »Sie haben recht, ja. Aber Sie kennen doch Zhaspahr. Sie wissen, wie er zu Harchong steht. Wenn Sie das zu einer Konfrontation zwischen Ihnen beiden ausarten lassen, oder wenn es so aussieht, als würden Sie Harchong gezielt angreifen, wird das Zhaspahr nur noch störrischer machen. Dann wird er prinzipiell alles ablehnen, was von Ihnen kommt. Und wenn das geschieht … na ja, sagen wir einfach: Das wäre keine gute Idee.«
Duchairn stieß ein Schnauben aus, das Verständnis, Resignation und Abscheu gleichermaßen ausdrückte. Doch zugleich nickte er.
»Das verstehe ich natürlich, aber ich habe auch schon mit Allayn gesprochen. Er ist ebenfalls bereit, mich zu unterstützen. Schließlich hat er die Zahlen gesehen. Er weiß, dass wir jede Mark brauchen, die wir nur in die Finger bekommen können, und das so rasch wie möglich. Deswegen brauchen wir beide ja auch Ihre Unterstützung. Wenn wir drei gemeinsam Zhaspahr gegenüber diese Position vertreten, wenn wir vereint auftreten, dann könnte es funktionieren: Allayn erklärt, warum er das Geld braucht, Sie legen dar, warum Desnairia und Dohlar und – Langhorne stehe uns bei! – sogar Sodar Geld brauchen, und ich erläutere dann, woher sich Geld überhaupt noch beschaffen lässt. Dann wird vielleicht sogar Zhaspahr Vernunft annehmen.«
»Und wenn nicht?«, fragte Trynair sehr leise.
»Zahmsyn, ich stelle jetzt schon Wechsel über Gelder aus, die wir gar nicht mehr haben«, erwiderte Duchairn ebenso leise. Trynair riss die Augen auf. »Dieser Heilige Krieg hat unseren Kapitalfluss von Anfang an schwer belastet. Wie gesagt: der Zehnte verschiedener Reiche fällt immer bescheidener aus, und Krieg zu führen ist teuer. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte macht Mutter Kirche Verluste – und das schon seit mehr als drei Jahren . Schlimmer noch: Wir sind Geldgeber für andere. Der ganze Bankenapparat war doch nie darauf ausgelegt, dass wir größere Geldsummen von weltlichen Herrschern leihen. Lassen Sie mich nur
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