Nimue Alban: Kampf um die Siddarmark: Roman (German Edition)
eigentlich bloß eine im Frachtraum untergebrachte Kiste – die Kessel standen ja offen an Deck. Wir brauchen also bloß einen neuen Unterbau, verlagern den ersten Antrieb, bringen den zweiten Antrieb unter und die dazugehörigen Kessel. Klar, das heißt, wir müssen schon drauf achten, dass alles richtig ausbalanciert ist. Dann ziehen wir die ursprüngliche Schraubenwelle ab, verlegen auch die noch und organisieren uns von einem der noch nicht fertiggestellten Boote eine zweite Welle. Um beide zusammen bauen wir dann ein neues Gehäuse. Als Nächstes dichten wir das Loch ab, wo die Schraubenwelle ursprünglich verlaufen ist, und müssen uns eine zweite Schiffsschraube und ein Drucklager organisieren. Aber die können wir ja von dem gleichen Kahn holen, aus dem wir uns auch schon die Schraubenwelle organisiert haben! Dann bauen wir das alles rasch ein und ziehen anschließend über die gesamte Länge des Schiffes ein Geschützdeck. Ach, und die Kabinen und Bunker und das ganze Zeug bauen wir natürlich auch noch.« Er zuckte die Achseln. »Einfacher könnt’s doch gar nicht sein, Sir!«
»Na, wenn das so ist, weiß ich gar nicht, warum Sie überhaupt noch weitere Hilfskräfte benötigen!«, erwiderte Howsmyn. »Ich gehe jetzt schnurstracks in mein Arbeitszimmer zurück und sage den anderen, dass Sie allein das Ding schon schaukeln werden.«
Die beiden Männer grinsten einander an. Schließlich zuckte Huntyr mit den Schultern.
»Wissen Sie, Sir«, sagte er und klang nun deutlich weniger ironisch, »im Augenblick ist der Kahn doch nur eine so gut wie leere Kiste. Alles, was drin ist, lässt sich nach Herzenslust umsortieren. Und es ist viel einfacher, so vorzugehen, als erst das Geschützdeck anzulegen. Das wird zwar jede Menge Arbeit sein, aber wir bekommen das hin. Wenn wir schon dabei sind, panzern wir auch gleich die Kasematten. Solange das Walzwerk uns die Ein-Zoll-Panzerplatten rechtzeitig liefert und genug Bolzen zur Verfügung stehen, können wir den Zeitplan einhalten.«
»Gut, Zosh, sehr gut sogar!« Beifällig schlug Howsmyn seinem Leitenden Handwerksmeister auf die Schulter. »Hab’s gewusst, die ganze Zeit über, dass Sie das hinbekommen, wirklich!«
Huntyr warf ihm einen unverhohlen skeptischen Blick zu, und Howsmyn gluckste.
»Na ja, zumindest hatte ich darauf gehofft , als ich Ihren Majestäten vollmundige Versprechen gegeben habe.«
»Niemand hier möchte Ihre Majestäten enttäuschen, am allerwenigsten ich, Sir. Wir bekommen das hin«, wiederholte Huntyr. Zufrieden nickte Howsmyn.
»Dann will ich Sie jetzt auch nicht weiter aufhalten.«
Noch einmal schlug er Huntyr anerkennend auf die Schulter, dann wandte er sich ab und stapfte entschlossenen auf sein neues Fortbewegungsmittel zu.
Dass es auf Safehold mittlerweile etwas so trügerisch Einfaches wie Fahrräder gibt, ist eine weitere anscheinend unbedeutende Kleinigkeit, die gewaltige Konsequenzen nach sich ziehen wird , ging es ihm durch den Kopf, während er sich in den Sattel schwang. Natürlich wäre es ihm deutlich lieber gewesen, wenn er das Rad mit aufblasbaren Reifen hätte ausstatten können. Aber das würde noch eine ganze Weile auf sich warten lassen müssen. Daher hatte sich Howsmyn damit zufriedengeben müssen, den Sattel mit den leistungsstärksten Federn zu versehen, die sich nur fertigen ließen. Selbst mit der besten Federung war eine Fahrt über Kopfsteinpflasterstraßen kein Honigschlecken. Aber dass Menschen jetzt, wenn der Boden nur hinreichend eben war, ganz aus eigener Kraft Geschwindigkeiten von zehn oder sogar fünfzehn Meilen in der Stunde erreichen konnten, war eine echte Revolution. Das Beste an dieser interessanten Neuerung war, dass niemand auch nur auf die Idee kommen konnte, sie könnte gegen die Ächtungen verstoßen.
Und ein bisschen Bewegung schadet uns Bleistiftschubsern und skrupellosen Kapitalisten absolut nicht , dachte Howsmyn und grinste in sich hinein, während er in die Pedale trat und dem Rattern der Fahrradkette lauschte. Eines muss ich allerdings zugeben: Es war meiner Würde nicht gerade zuträglich, dass ich mich beim ersten Versuch, mit diesem Apparat zurechtzukommen, mit Schwung auf den Hintern gesetzt habe.
Das Fahrrad war noch einfach gehalten: Es gab zwar eine Rücktrittbremse, aber noch keine Gangschaltung, und im Ganzen war das Vehikel viel schwerer, als man es mit fortschrittlicheren Maschinen hätte fertigen können. Trotzdem war es die effizienteste Fortbewegungsmethode, die auf
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