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Nina, so gefällst Du mir

Nina, so gefällst Du mir

Titel: Nina, so gefällst Du mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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„Ich mache dir ein bißchen Kamillentee, und wir messen die Temperatur.“
    Es stellte sich heraus, daß Nina Fieber hatte. Als die Magenschmerzen wiederkamen, rief Frau Löge den Arzt.
    Er sah sich Nina aufmerksam an, fragte sie aus, ob sie schon lange diese Übelkeit gehabt, ob sie sich müde und unaufgelegt gefühlt habe. Und das mußte Nina allerdings bejahen.
    „Deine Augen kommen mir ein bißchen gelb vor“, sagte der Arzt, der Nina im Laufe der Jahre von Keuchhusten, Masern und drei- bis viermal Grippe kuriert hatte. „Du hast dir doch nicht etwa eine Gelbsucht geholt?“
    „Ach nein“, sagte Nina unglücklich.
    „Ach doch“, sagte der Arzt mit dem guten, zuverlässigen „Onkel-Doktor-Lächeln“. „Ich fürchte, es ist so. Bleib jetzt vorläufig einmal im Bett, ich werde deiner Mutter genau sagen, was du essen darfst – oder vielmehr, was du nicht essen darfst – , und dann werden wir weiter sehen.“
    „Muß ich lange im Bett bleiben?“
    „Möglich, daß es ein paar Wochen dauert. Aber nun rege dich nur nicht auf, Nina. So wie ich deine Mutter kenne, wirst du wie eine Prinzessin gepflegt werden.“
    „Ja, deswegen ist es ja nicht, aber… aber…“
    „Aber es ist langweilig, krank im Bett zu liegen, ausgerechnet wenn die Frühlingssonne so schön scheint und so weiter. Doch dabei ist nichts zu machen, Kleines. Vorläufig mußt du Ruhe haben. Ich schaue morgen wieder herein.“
    Der Arzt schaute herein, und sein Verdacht bestätigte sich: Nina hatte eine waschechte Gelbsucht.
    „Sie werden Diät kochen müssen, Frau Löge. Es ist wohl besser, Sie schreiben gleich mal alle verbotenen Früchte auf…“
    „Früchte sind nun wohl nichtgerade verboten“, sagte Frau Löge mit einem matten Versuch zu lächeln. „Wenn ich mich nicht irre, sind es Butter und Fette und dergleichen, was streng untersagt ist.“
    „Stimmt, und dann muß das Kind vor allem Ruhe haben. Sie wird von selber wieder gesund, wenn sie nur die Diät einhält und im Bett bleibt. Ich komme hin und wieder und gucke sie mir an.“ So war Nina denn Patientin.
    Ihre Augen waren gelb, die Haut war gelb, und sie nahm von Tag zu Tag mehr ab. Nichts war mehr zu erkennen von der fröhlichen, munteren, rotwangigen Nina, die sie bis vor zwei Monaten gewesen war.
    Die Übelkeit und die Leibschmerzen hörten allmählich auf. Aber Ninas Stimmung war tief unter dem Nullpunkt. „Aber mein Kind“, sagte Frau Löge und stellte das Tablett mit dem Diätfrühstück auf den Nachttisch. „Du darfst dir das nicht so zu Herzen nehmen. Es ist doch keine gefährliche Krankheit. Du brauchst nur Zeit, und die hast du ja Gott sei Dank. Und wenn du wieder ganz auf der Höhe bist, darfst du irgendwohin reisen, wo es schön ist, und dich erholen – an die See oder ins Gebirge…“
    Die Tränen schossen Nina in die Augen. „Ihr seid so gut zu mir, Mammi…“
    Frau Löge sprach wieder mit dem Arzt, und er schrieb Nina leichte Schlaftabletten auf. Der Vater kam nach Hause mit eingemachten Pfirsichen und Ananas, Nils Samuelsen schickte Blumen, und von den Freundinnen kamen kleine nette Briefe und Karten; alle wünschten gute Besserung. Vom Gymnasium traf Bescheid ein, daß Nina für den Herbst im humanistischen Zweig aufgenommen sei.
    Nina nahm jede Freundlichkeit mit einem matten Lächeln entgegen. Als es anfing, mit ihr vorwärtszugehen, versuchte sie zu lesen. Aber sie vermochte die Gedanken nicht zusammenzuhalten. Meist lag sie still da und starrte vor sich hin. Wenn es an der Wohnungstür läutete, hob sie den Kopf und horchte. Oft war es etwas für sie – ein paar Blumen, ein Korb mit Obst, ein Brief. Nina öffnete ihn mit zitternden Fingern und weit aufgerissenen Augen. Und dann sank sie gleichsam wieder in sich zusammen, legte sich ins Bett zurück und starrte weiter mit trübseligem Blick vor sich hin.
    Frau Löge hatte die hellsichtigen Augen und das warme Herz einer Mutter. Sie wußte, was mit dem Kind los war. Herrgott, konnte dieser schreckliche Mensch sich nicht auch einmal dazu bequemen, einen Gruß zu schicken? Frau Löge war überzeugt davon, das sei das einzige, das Nina wieder auf die Beine bringen konnte. Aber vielleicht wußte der „schreckliche Mensch“ nicht einmal, daß Nina krank war.
    Das mußte man ihm doch auf irgendeine Weise mitteilen können! Martin Löge redete doch so oft mit Espetun…
    Am selben Abend erörterte Frau Löge das Problem mit ihrem Mann.
    „Was sagst du da?“ fragte der Vater. „Meinst du, sie denkt

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