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Nina, so gefällst Du mir

Nina, so gefällst Du mir

Titel: Nina, so gefällst Du mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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mußt du dich umsehen, Nina. Ist es hier nicht wunderbar? Da drüben im Wald gibt es Rehe und Elche. Wenn du Glück hast, siehst du welche. Und der Fluß hier ist der Blaubach. Das ist derselbe, der ein Stück weiter oben den Blaufall bildet. Und Forellen gibt es hier auch. Wir haben unter den Gästen einen Forellenfischer. Er verschafft uns mindestens zweimal in der Woche ein Mittagessen.“
    Grete plauderte vergnügt, während sie mit sicherer Hand das Auto den Hang hinauffuhr, dort, wo die Autostraße sich wie ein breites, festes, gewundenes Band hinaufschlängelte.
    „Schau geradeaus und nach oben“, sagte Grete. „Siehst du das weiße Haus dort? Das ist sie also, die Ferienpension Sirili, Inhaber Frau Annemarie Jerndal und ihre bezaubernde Tochter Grete. Kitzle mich nicht im Nacken, Zottel! Du bist ein gräßliches Vieh, und eines Tages kommst du mit in den Eintopf, daß du es weißt.“ –
    Nina stand am offenen Fenster und starrte in den Sommerabend hinaus. Sie hatte ihre Sachen ausgepackt und die Sommerkleider und das Sportkostüm sauber in der einen Hälfte des Kleiderschrankes aufgehängt, die ihr von Grete leergemacht worden war. Sie hatte mit den anderen Gästen Mittag gegessen, aber keinen Anlauf genommen, sich mit ihnen bekannt zu machen. Den Kaffee, der gleich nach dem Essen im Wohnzimmer angerichtet wurde, hatte sie sich geschenkt und war in ihr Zimmer hinaufgegangen. Es war ein Mansardenzimmer, klein und bescheiden, aber sauber und gemütlich. Ihr Bett stand unter dem Schrägdach auf der einen Seite, auf der anderen hatte Grete für sich selbst ein Feldbett aufgestellt. Der selbstgezimmerte kleine Toilettentisch mit dem blaugeblümten Plastik Vorhang war für Nina frei gemacht worden. Grete selbst hatte sich provisorisch auf einer kleinen Kinderkommode am Fußende des Feldbettes eingerichtet. Und in der großen Kommode hatte jede zwei Schubläden.
    Auf dem Hocker neben Ninas Bett standen Feldblumen und ein Teller mit einem Apfel und einem Obstmesser.
    Wie sah das Grete ähnlich! Nina erinnerte sich an rührende kleine Vorkommnisse aus der Schulzeit, als sie noch in dieselbe Klasse gingen. Nina hatte eines Tages ihr Frühstückspaket vergessen, und Grete überließ ihr die Hälfte ihres eigenen. Nina hatte ihr Lesebuch vergessen, und Grete wußte Rat: „Nimm du meins; ich habe in diesem Monat noch keinen Ordnungsstrich. Also kann ich es mir leisten. Aber du hast schon zwei, und wenn du noch einen kriegst, dann gibt es einen Tadel, das weißt du.“
    Nina kam zu spät in die Aula zur Andacht, und Grete sorgte dafür, daß sie dicht an der Tür stand und diese geräuschlos aufmachte. So konnte Nina hineinschlüpfen, ohne entdeckt zu werden.
    Immer war Grete hilfsbereit, und immer war sie fröhlich und voller Ulk.
    Und so war sie auch heute noch. Die harte, mühselige Arbeit tagein und tagaus hatte ihre gute Laune nicht trüben können.
    Diese Gedanken streiften Nina, während sie an dem offenen Fenster stand. Aber dann kamen andere Gedanken, über denen sie Grete vergaß.
    Das Fenster ging nach Nordosten. Sie konnte die Landstraße überblicken, die ein Stück oberhalb des Hauses im Wald verschwand. Aber dann wurde der Wald lichter, die 1 verkrüppelten Birken kletterten nach oben, mußten es jedoch bald aufgeben. Sie legten sich an die Berghänge und krochen als Zwergbirken weiter. Und dort tauchte die Landstraße wieder als ein graues Band auf, und ganz dort oben, weit, weit drüben, dort leuchtete ein weißer Punkt.
    Lag dort das Hochgebirgshotel „Blaufall“?
    Was die wohl jetzt da oben taten, alle diese wohlhabenden, munteren Gäste, die sich einrichten konnten, wie sie wollten? Jetzt hatten sie ihr spätes Mittagessen hinter sich, ein feines Mittagessen mit Suppe und Fisch und Braten und Nachtisch, sie hatten in den Salons Kaffee getrunken und in der Halle oder in der Bibliothek und wo es sonst noch sein mochte, und jetzt klirrten die Gläser in der Bar. Jetzt spielte das Tanzorchester in einem großen Saal, und jetzt… und jetzt… Nina mußte plötzlich ihr Taschentuch hervorholen und die Tränen trocknen.
    Sie tat sich mit einemmal selber ganz furchtbar leid. Andere tanzten in Abendkleidern, die ein Vermögen gekostet hatten, auf dem glänzenden Parkett. Sie selbst aber stand in einem schlichten, sehr schlichten Mansardenzimmer. Als sie „Mansardenzimmer“ dachte, kam das Taschentuch von neuem heraus… Andere aßen vier auserlesene Gerichte in einem unwahrscheinlich eleganten

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