Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nina, so gefällst Du mir

Nina, so gefällst Du mir

Titel: Nina, so gefällst Du mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
Vom Netzwerk:
Speisesaal, während sie selber in Frau Jerndals Eßzimmer mit eichenen Paneelen und fünf kleinen Tischen und einer Durchreiche in der Wand von der Küche her Würstchen und Kartoffelsalat und Rhabarbergrütze gegessen hatte. Andere fuhren in eleganten Privatautos, und sie selber wurde in einem grünen Lieferwagen abgeholt, der vollgestopft war mit Pappschachteln und Paketen und Kisten. Andere tranken Sekt, der vom Kellner im Frack serviert wurde, sie aber bekam eine Flasche Brause auf einem Tablett gereicht, und die „begabte Bellina“ hatte obendrein noch etwas verschüttet, so daß Flasche und Glas Ringe auf dem Tisch bildeten.
    Hinter ihr ging die Tür. Es war Grete. „Bist du hier, Nina? Kommst du nicht mit hinunter?“
    „Nein, ich bin so müde. Ich möchte schlafen gehen…“
    „Ja, du Ärmste, es ist wahr, du bist ja noch erholungsbedürftig, das hab ich ganz und gar vergessen. Ach, ich will nur eben die Schürze wechseln; ich bin in der Tür mit der ‚begabten Bellina’ zusammengestoßen und habe eine halbe Tasse Kaffee abbekommen; ach, Gott sei Dank, da ist noch eine reine… Die sind da unten ganz aus dem Häuschen; alle wollen Brause haben oder Zigaretten oder Selters; und die ‚begabte Bellina’ verliert reinweg den Kopf; sie hatte gestern frei und war im Kino, und jetzt geht ihr offenbar George Hamilton nicht aus dem Sinn. Ich muß laufen, Nina, ich werd leise sein wie ein Mäuschen, wenn ich irgendwann heute nacht raufkomme. Schlaf süß – ach, liebe Zeit, jetzt klingelt es schon wieder; sicher hat Bellina Frau Pedersens Wärmeflasche vergessen; So long…“
    Grete war weg wie der Wind. Ihre schnellen Schritte verloren sich auf der Treppe, und Nina war wieder allein.
    Einen Augenblick dachte sie, sie sollte vielleicht doch hinuntergehen; aber dann gab sie es auf. Nein! Hinuntergehen zu dem übertrieben gesunden, energischen, verwitterten Gesicht von Fräulein Dyring – oder zu dem blassen Studenten, der mit dem dicken, asthmatischen Agenten Larsen Schach spielte – oder sehen, welche Mühe die überanstrengte FrauLudwig mit den drei ungezogenen Kindern hatte – oder das Geprahle von dem Forellenfischer mit anhören, dessen Namen Nina vergessen hatte – nein, das vermochte sie nicht.
    Dann zog sich Nina aus und ging ins Bett. Weit oben im Gebirge leuchtete ein weißer Punkt am Ende einer breiten Autostraße. Weit oben im Gebirge gab es Tanzmusik und Stimmung und Jugend und Munterkeit…
    Und sie selbst lag um neun Uhr abends in ihrem Bett, müde und unglücklich und blaß und mager und häßlich – und niemand machte sich was aus ihr, und niemand hatte sie gern…
    Nun, wenn ein junges Mädchen findet, daß niemand sie gern hat, dann heißt das soviel wie, daß viele sie gern haben – nur ein einziger, bestimmter Mensch nicht. Aber das wußte Nina nicht.
    Morgen wollte sie Spazierengehen. Niemand würde es sonderbar finden, daß sie als Genesende am liebsten allein ging, und niemand würde es auffallend finden, daß sie zufällig den Pfad durch den Wald und über das Moor und zum Fjell hinauf in Richtung „Blaufall“ einschlug.
    Nina schlief, als Grete auf Zehenspitzen ins Zimmer hineinschlich. Sie hörte weder, daß Grete ins Bett ging noch daß die Uhr unten auf dem Flur zwölf schlug.
    „Guten Morgen, Nina. Ich hoffe, ich habe dich nicht geweckt, als ich heute morgen aufgestanden bin. Ich habe versucht, ganz leise zu sein.“
    Nina kam gerade die Treppe herunter und begegnete Grete, die mit den Armen voller Laken und Kopfkissen durch den Flur kam. „Nein, ich habe nichts gehört.“
    „Fein. Du, Nina, du bist doch im Englischen so gut gewesen in der Schule. Weißt du, ich habe dich mit einem englischen Ehepaar zusammengesetzt, das gestern abend spät angekommen ist. Der erste Tisch rechts im Eßzimmer. Und wenn du Spazierengehen willst, dann nimm dir Butterbrotpapier von der Anrichte. Du kannst dir soviel Brote streichen, wie du willst. Besitzt du eine Thermosflasche? Dann kannst du von uns Tee oder Kaffee bekommen. Wenn sonst etwas ist, dann frage Fräulein Dyring. Sie sitzt als vierte mit an deinem Tisch, und sie weiß mit allem im Haus gut Bescheid. Ich muß rennen. Zwei Gäste fahren mit dem Zehn-Uhr-Bus ab, und wir bekommen gleichzeitig neue. Ich muß wahnsinnig fix die Betten neu beziehen.“
    Grete war weg, eilig und munter und voller Arbeitsfreude.
    Nina blieb einen Augenblick stehen und sah ihr nach. Sie war so wie immer, die gute alte Grete, so wie Nina sie aus der

Weitere Kostenlose Bücher