Ninis - Die Wiege der Baeume
Wurzelwände, den Boden, einfach alles. Wie Scherben, die in einen tiefen Raum fielen, löste sich die Realität auf. Karlema und die Lamenis befanden sich im freien Raum. Der Nachthimmel umgab sie nun vollständig.
Es war zu spät, das Ritual glitt ihr tatsächlich aus den Händen. Ängstlich blickte sie sich um, doch das Spiel der Lichter überwältigte das gesamte Publikum. Niemals hatte sie sich derart allein gelassen gefühlt. Karlema zuckte, die Vibrationen nahmen zu, immer stärker, der ganze Raum erzitterte.
Mit eiskalten Klauen tastete sich die Angst Yirmesas Nacken entlang. Wie hatte sie nur so dumm sein können? Die Bilder ihres Lebens flogen an ihr vorbei. Nie wieder wollte sie ihre Nana mit Fragen bedrängen, nicht auf verbotene Bäume klettern und Karlema wirklich niemals wieder einen Grund geben, ihr so etwas anzutun!
Die Wahrheit über die Zukunft? Dieses Geschenk hätte sie gerne anderen überlassen. Sie wollte doch nur wissen, was aus ihrer Mutter geworden war, das hätte völlig ausgereicht. Sie fühlte sich ausgeliefert, dieses Ritual würde sie niemals unbeschadet überstehen!
Aber es gab keinen Weg zurück. Sie schaute zu den Sternen, als ob sich deren Licht einer höheren Macht beugte, die drei Monde standen einer Krone gleich am nächtlichen Himmel. Stille. Ihr Herz pochte, etwas Rotes begann auf ihrer Stirn zu glühen. Der Altar unter ihr ließ ihre Finger vibrieren. Schmerzen bohrten sich durch ihre Sinne. Blendendes Licht. Über ihr stürzten die Monde ineinander. Eine gleißende Lichtsäule strahlte auf sie hinab. Sie wollte schreien! Flüchten! Vergeblich. Die Vibrationen nahmen zu. Immer stärker! Sie hatte ihren Körper nicht mehr unter Kontrolle. Das Licht implodierte und schleuderte sie auf den Rücken. Ihre Glieder zuckten und pulsierten feuerrot. Augen und Mund weit geöffnet, die Muskulatur bis zum Bersten gespannt, erstarrte sie für einen Moment in der Zeit. Eine Vision riss sie aus der Realität:
Yirmesa sah eine Metallkugel auf ihrer Flugbahn, die einen kleinen Mond passierte und in die Luftschichten eines wunderschönen blauen Planeten eintauchte. Die Kugel glühte und schlug in einer Eiswüste ein.
Sie erblickte sich selbst auf einem Hügel, zu ihren Füßen glühende Raubkatzen. Neben ihr ein gewaltiger Baum. Vor ihr befand sich eine endlose Schar Krieger, die respektvoll die Köpfe senkten.
Ein Kuss, eine Umarmung und ein Lächeln – ohne dass ihr der Mann bekannt vorkam, glaubte sie den Vater ihrer Kinder zu sehen.
Ein Schlag – sie tauchte in einen eiskalten See, spürte die Kälte, schmeckte das Salz und roch die Wärme ihrer Nana – die sie schützend hielt.
Karlema hatte endgültig die Hoheit über das Ritual verloren, sie hätte es besser wissen müssen, die Kleine war seit dem Tag ihrer Geburt verflucht. Ohne den Segen der Monde würde das Bluterbe jeden von ihnen einholen, jeden!
Diese Mächte konnte sie nicht kontrollieren. Unfähig, sich zu bewegen, stand sie neben Yirmesa. Diese Kraft übertraf alles, was sie kannte. Was sollte sie dagegen tun? All ihr Wissen und nichts von dem konnte sie retten.
Einen Lidschlag später erfolgte die Detonation, eine Druckwelle flammroten Lichtes fegte durch den Raum. Ein gewaltiger Donner ließ die Wände und Decke des Wurzeltempels kurz aufblitzen und in einem rasenden Feuersturm explodieren.
Panisch spürte Karlema die Hitze in sich aufsteigen. Nein! Ihre Hände brannten. Feuer! Sie sah alles in Flammen. Schreie! Das Inferno zerriss ihre Sinne. Die Feuersbrunst stieß sie in den Abgrund. Ein ihr unbekanntes brennendes Reittier lief an ihr vorbei. Die Geräusche verklangen. Wie ein kaltes Tuch legte sich die Dunkelheit über ihre Augen.
***
II. Buch Menisis
Ihre Augen liefen rot an, lange Krallen wuchsen aus ihren Fingern, das Raubtier war erwacht. Blut tropfte in den Sand, Garmen versuchte sich aufzurichten, hoffnungslos, verzweifelt blickte er sie an, er war ihr hilflos ausgeliefert. Wie eine Puppe schleuderte sie seinen Körper umher und benutzte ihn wie es ihr gefiel.
Nackt saß sie nun auf seinem Schoß, spürte ihn in ihrem Körper und nahm ihn im Rausch. Vergeblich suchten seine Hände Halt. Ihr Becken zuckte und sie schrie ihre Lust in den Wald.
***
Furchen im Holz
Karlema dachte, sie sei tot. Beklommen und völlig verschüchtert bemerkte sie, dass der Tod sich seltsam anfühlte. Sie öffnete ihre Augen, die Haut kribbelte am ganzen Körper. Worauf hatte sie sich bloß
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