Ninis - Die Wiege der Baeume
hatte damals ihre Tochter gerne zur Wächterin ausgebildet, war aber betroffen, dass deren Mutterwunsch vorerst nicht in Erfüllung gehen sollte.
Sie dachte an ihre Zeit, als sich ihre Hand rot gefärbt hatte. Die Waldkröten halfen ihr, Halt zu finden, sie diente zuerst bei den Wächterinnen und gründete ihre Familie erst später – die Lamenis hatten viel Zeit, sich zu verändern. Diese Geduld war Penthe damals fern.
Levinie spürte einen Luftzug an ihrem Ohr, sie drehte sich um und dieser verfluchte Eissturm fegte sie erneut weg. Als sie w ieder zur Besinnung kam, musste seit der Treueprüfung ein halber Sonnenzyklus vergangen sein.
Sie sah Penthe in der Rüstung der Wächterinnen. Levinie konnte sich gut erinnern, wie sie damals den Brustpanzer aus Leder angepasst hatte. Sie hatte aber verdrängt, wie ähnlich sich Yirmesa und ihre Mutter gewesen waren. Und nun sah sie es wieder: Wie zart Tarbara gegen sie wirkte, ihre Haut wie Milch und das flammende Haar in der Sonne. Levinie kämpfte wieder damit, auf ihre Töchter zuzustürzen, aber es war nur ein Traum.
Penthe trainierte hart bei den Wächterinnen, sie akzeptierte ihr neues Leben, auch wenn sie oft neidisch zu Tarbara blickte. An diesem Tag ging sie zum Mondfest, es war genau der Tag, an dem Tarbara und ihr Mann sich in eine Opelis begaben. Levinie lächelte, sie sah, wie die Pflanze im Boden verschwand. Auch Penthe hatte sich damals sehr für ihre Schwester gefreut.
Levinie blickte in den Himmel und die Zeit begann zu rasen. Im Blitzlicht sah sie immerzu neue Episoden aus Penthes harter Ausbildung und den Blütenstand der Opelis. Der Zeitraffer verlangsamte sich und Levinie hörte einen Schrei – sie sah in die entsetzten Augen von Penthe, deren Miene starr und hilflos wirkte. Alle Lamenis auf dem Mondfest waren wie gelähmt. Levinie fühlte sich den Tränen nahe, sie wollte diesen Moment nie mehr erleben – nie mehr. Als die Opelis Tarbara, ihren Mann und ihr Kind freigeben sollte, fiel nur Staub auf die Erde. Die Pflanze, die sonst das Leben in ihr sorgsam nährte, hatte versagt. Obwohl alle anderen Opelis gesunde Familien zurückgaben, gingen an diesem Abend keine neuen Paare mit ihnen in den Hort der Erde. Levinie erinnert sich, dass es drei Sonnenwenden keinen Nachwuchs bei den Lamenis gab – es dauerte, bis sie der Opelis erneut vertrauten.
Levinie schloss die Augen, der Schmerz saß tief, zu tief um zu vergessen. Stimmen rissen sie aus der Melancholie und warfen sie unvermittelt in eine wilde Diskussion des Rates. An diesem Tag stritt sich jeder mit jedem – Karlema wollte alle Opelis abholzen, sie zeterte und stritt sich mit ihrem Alter Ego. Berlienies warnte, dass die Vergangenheit sie einholen würde, ihrer Meinung nach zahlten sie den Blutzoll für die Barbarei ihrer Ahnen, Varus hielt sie allerdings mit ihren andauernden Belehrungen über alte Blut- und Ahnengeschichten für völlig verrückt. Auch Karlema nervte ihn kolossal, er drohte, ihr bunt glitzerndes Kleid wie einen Sack über ihrem Kopf zuzubinden und sie im Sumpf zu versenken. Wütend schlug er mit seiner Faust auf den Tisch und rief, dass er nüchtern keinen von ihnen länger ertragen wollte.
Jelor versuchte vergeblich allen begreiflich zu machen, dass die Opelis die Todespflanze selbst entwurzelt und zerrissen hatten. Sie selbst schlug auch an diesem Tag schon tiefe Furchen in die Tischplatte, die damals allerdings noch besser aussah. Im Traum von Yirmesa dankte sie Jelor für seine Besonnenheit. Nur er hatte noch seine Sinne beisammen und verhinderte ein weiteres Unglück.
Jelors Stimme verhallte, Nebel zog auf – Levinie reiste weiter, sie sah Penthe, kurz bevor sie damals Menisis verließ. Die Worte ihrer Tochter schmerzten im Traum genauso wie damals.
Penthe schrie sie und Karlema an: „Meint ihr, dass es reicht, eine dieser verfluchten Brütpflanzen in der Sonne verdorren zu lassen? Davon wird meine Schwester nicht wieder lebendig!”
Die Drei standen mitten in Menisis und Hunderte Lamenis verfolgten das Gespräch in der Öffentlichkeit. Penthe nahm ihren Stab und warf ihn ihr vor die Füße. „Herrin … da ist mein Stab! Die Wächterinnen haben sowieso keine sinnvollen Aufgaben. Was gibt es im Jabari schon zu bekämpfen? Jeder, der gegen uns in den Krieg zieht, friert sich vorher eh den Arsch ab, bevor er den ersten Schritt in diesen Vulkan setzt!” Sie raste. „Glaubt ihr, dass ihr mir vorschreiben könnt, wie mein Leben auszusehen hat? Glaubt
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