Ninis - Die Wiege der Baeume
dass ein Kind fehlte. Je schneller sie den Quälgeist loswerden würde, umso besser.
Yirmesa stand erneut an dem Metallsee, sie hielt inne und überlegte, ob der Kleine das flüssige Metall ähnlich gut vertrug wie sie. Sie packte ihn am Nacken und hielt ihn unter lautstarkem Protest mit dem Po in das heiße Metall. Sie hob ihn hoch – alles war noch dran. Zufrieden lächelte sie. Ob er auch atmen konnte? Sie tauchte ihn komplett unter, wobei die kleine Feuerkatze die völlig lebensfeindlichen Eigenschaften von flüssigem Metall mit einem Schnurren quittierte.
„Na gut … ich hab's mir fast gedacht, aber jetzt weiß ich's genau!” Sie steckte ihn wieder unter die Robe und tauchte ab. Yirmesa schwamm durch die Röhren in die offenen Kanäle, sie wollte zum äußeren Ring von Mardana.
Wieder an der Oberfläche hörte sie die laute Stimme von Samuel, sie wusste, dass ihr Vorsprung knapp war, aber ihre Neugierde siegte. Zudem würde sich vielleicht eine gute Gelegenheit ergeben, ihren neuen Freund zurückzulassen, was sollte sie auch mit einer kleinen Feuerkatze anfangen? Sie kletterte an einem Haus hoch und schaute sich um, die Feuerkatzen standen noch vor dem Palast ihrer Königin. Die Versammlung füllte sich, es waren viele Hundert Feuerkatzen anwesend. Yirmesa war überwältigt von den Roben und Schmuckrüstungen, die sie trugen. Die Metallgewebe protzten in vielen Farben und die Kürasse strahlten elegant. Viele grüne und rote Juwelen verzierten sie – es war für Yirmesa unvorstellbar, dass Vierbeiner zu solchen Kunstfertigkeiten fähig waren.
Einige Feuerkatzen wurden durch Trägerkatzen auf Steinplatten gebracht, wobei der Prunk der älteren Tiere sogar die Kleidung von Taral in den Schatten stellte. Die Ehrengäste erhielten die besten Plätze für das Schauspiel. Ihr Mienenspiel zeugte von ihrem Stolz, sie ließen alle spüren, dass sie sich als die Elite ihres Volkes verstanden.
Neben Samuel stand die Zofe von vorhin vor dem abgedeckten Korb des verbliebenen Jungtieres. In den Yirmesa den Ausreißer jetzt kaum noch unbemerkt unterbringen können würde.
Gemessen an einigen der anderen Gäste wirkte Samuel recht schlicht. „Wertes Volk von Mardana, wir weihen heute Prinz Garia und Prinzessin Jalon. Nehmt Platz, wartet auf die Ankunft von Königin Taral und ihrem Gemahl.”
„Na du kleiner Prinz.” Yirmesa zerwuselte sein Fell. „Die werden nicht lange brauchen, bis sie merken, dass du fehlst. Ich muss nur noch den richtigen Platz für dich finden, dann kannst du wieder zurück.”
Yirmesa stieg zurück in das Metall und tauchte weiter. Die Strömung nahm zu, sie brauchte einige Zeit, um an den äußeren Ring zu gelangen. Es kostete sie all ihre Kraft, nicht mitgerissen zu werden. Erschöpft zog sie sich am Ufer hoch und erblickte einen Torbogen. Ja, da ging es weiter, sie folgte einer Treppe nach oben. Ihr Reisegefährte und die geliehene Robe hatten die Flucht bis hier gut überstanden. Die Stufen liefen, stetig ansteigend, an der Rückseite der mächtigen Kuppelmauer entlang. Alle sechzig Fuß gab es Fenster, die eine Sicht auf Mardana zuließen.
Yirmesa ging zügig, aber sie rannte nicht. Sie wusste, dass sie noch sehr viele Treppenstufen durchhalten musste. Das letzte Stück durch den Metallstrom steckte ihr noch in den Knochen.
Bei jeder Fensteröffnung hörte sie die Stimme von Samuel, der nicht müde wurde, eine lange Ahnenliste vorzutragen.
„Ehrt die ewige Dynastie von Königin Taral!” Die versammelten Feuerkatzen klopften begeistert mit den Pfoten auf den Boden, als das Königspaar die Bühne betrat.
Yirmesa ging weiter, ihre Zeit lief ab. Sie hatte kein Gefühl für ihren Vorsprung. Feuerkatzen liefen schnell, es musste ihr gelingen, rechtzeitig einen Weg zu finden.
„Hochgeborene Katzen von Mardana! Ich freue mich, euch heute zahlreich begrüßen zu dürfen. Ich bin stolz, euch mit meinem Gemahl, den Erben unseres Thrones vorzustellen”, hörte sie Königin Taral rufen. Sie trug einen festlichen roten Umhang und einen Stirnreif mit grünen Edelsteinen. Neben ihr stand ihr Gemahl, der etwas verloren wirkte. Yirmesa beneidete ihn nicht um seine Königin.
Die Zeit musste genügen, um sich einen ausreichend großen Vorsprung sichern zu können, dachte Yirmesa immerzu. Sie stieg weiter die Treppen hoch. Die Beine wurden schwerer, sie nutzte die kurzen Verschnaufpausen, um auf die Versammlung der Feuerkatzen zu blicken.
Alle Blicke richteten sich auf
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