Ninis - Die Wiege der Baeume
„Niavia, bitte! Ich habe Angst!” Yirmesa zitterte am ganzen Körper.
„Rückzug! Lasst sie ziehen!”, befahl Kalson. Er hatte noch niemals Frauen so kämpfen sehen. Sogar die Leibgarde der Seherinnen, die ihre Obere Amone schützten, empfand er als harmlos gegenüber diesen Eingeborenen.
Er sah, dass seine Schützen an den Maschinenarmbrüsten sie nicht mehr erreichen konnten. Und mit den Eisbären konnten sie nicht in das dichte Waldstück eindringen. Der Wald gehörte diesen Wilden, es war nicht klug ihnen zu folgen. Die Nahkämpfe kosteten zu vielen seiner Männer das Leben.
Ein Melder zu Pferd ritt an seine Seite, er brachte Kunde der Späher im Süden. Die Nachricht gefiel ihm.
Kalson stand auf einem Eisbären. „Männer! Wir drehen um, unsere Späher haben ihre Kinder gefunden. Die Furien hier werden uns folgen!”
„Yiri, was ist bloß mit dir geschehen?” Levinie berührte die Wunde, die nicht nur glühendem Metall ähnlich sah, sondern auch ähnlich heiß war.
„Nana, ich weiß es nicht …” Ihre Kleine hatte Angst.
Levinie versuchte ihre Wunden mit gekauten Kräutern zu versorgen, nur die Paste verbrannte sofort.
„Das soll sich Berlienies nachher ansehen.” Levinie konnte sich nicht vorstellen, wie ihre Kleine an eine derartige Verletzung gekommen war. Aber nun mussten sie weiter.
Als sie die verbrannten Ruinen von Menisis passierte, steckte Levinie ein Kloß im Hals. Die Heimat, die sie kannte, war Vergangenheit. Überall sah sie tote Tiere und schwelende Glutnester. Die Bäume und ihre Ahnen waren Asche.
„Weiter, wir werden Menisis wieder aufbauen!” Levinie folgte dem Schwarzwolf, der die verletzte Yirmesa trug.
Levinie schaute Niavia an: „Hast du eben das Gespräch der Renelaten belauschen können?” Sie wusste, dass das verbrannte Feldlager der Renelaten im Westen von Menisis lag. Ihre Flucht trieb sie in den dichten nördlichen Wald. Sie liefen einen Bogen, vorbei an den östlichen Ruinen von Menisis, um dann im Süden zum Halion zu gelangen.
„Die Fremden haben Karlema und die anderen entdeckt. Sie sind alle nach Süden marschiert.”
„Ich hoffe, dass die Renelaten sie aus der Luft gesehen haben und sich an ihren wunderbaren Fluggeräten orientieren.”
„Wieso?”, fragte Niavia.
Levinie lächelte schadenfroh: „Wenn sie von ihrem Feldlager direkt zum Halion laufen, landen alle im Morgensumpf!” Sie wusste auch, dass der Morgensumpf nicht das schönste Fleckchen Erde im Jabari war. Es gab dort Schwärme von Insekten, die sie treffender als sechsbeinige, fleischfressende Vögel bezeichnete. Dieser Morast offenbarte seine Tücke gerne erst in dem Moment, wenn keine Rückkehr mehr möglich war. Je tiefer man einsank, desto klebriger und übel riechender wurde das Zeug. Der teerhaltige Morast und der süßlich moderige Geruch würden zudem dafür sorgen, dass sie jedes blutsaugende Insekt im Umkreis von tausend Fuß terrorisierte.
***
Für den Orden!
Am frühen Abend kamen Levinie und die Wächterinnen beim Halion an. Die Sonne stand tief und bis auf die Rauchschwaden in der Ferne wirkte der Abend friedlich. Levinie atmete durch, denn sie hatten es vor den Fremden geschafft. Yirmesa, die sich seit dem Gefecht seltsam verhielt, humpelte wortlos neben ihnen her.
Levinie sah die freudigen Gesichter von Karlema und Berlienies. Verhaltener Jubel ertönte unter den Lamenis. Berlienies schaute aufmerksam auf die Ankömmlinge, sie suchte etwas, entdeckte Yirmesa und lief ihr freudestrahlend entgegen.
Niavia gab einigen der unverletzten Wächterinnen Zeichen, sich sofort nordwestlich zu orientieren, um die Angreifer auszuspähen. Karlema ging auf Levinie zu: „Wo sind die fremden Krieger?”
„Vermutlich stecken geblieben.” Sie blickte in Richtung Sumpf.
„Ich hätte nie gedacht, dass uns dieses stinkende Drecksloch mal einen solchen Dienst leisten würde.”
„Die Feuerkatzen sind auch verschwunden … einfach weg.” Levinie hätte es auch nie für möglich gehalten, dass sich derartig viele dieser Tiere im Jabarital aufhielten. Sie sollte lernen genauer zu beobachten.
Niavia gesellte sich dazu: „Wo kamen die nur her?”
Levinie schaute in die Runde. Auch Karlema und Berlienies standen bei ihnen.
„Unsere Vergangenheit holt uns ein. Es war beinahe sicher, dass sie noch leben”, sagte Berlienies.
Levinie verstand die Andeutung nicht, sie kannte keine Vergangenheit ihres Volkes, in der Feuerkatzen eine Rolle gespielt hatten.
„Bitte!
Weitere Kostenlose Bücher