Nino und der Schul-Drache - Erst ich ein Stück, dann du
ist er, was heute alles passieren wird. Aber wo bleibt Frau Hahn? Nach wenigen Minuten haben alle ihre Federtaschen und Hefte für die erste Stunde ausgepackt. Von der Lehrerin jedoch fehlt jede Spur. „Vielleicht ist sie krank“, vermutet Marco.
Im nächsten Moment erscheint Frau Kugel, die Lehrerin der Nachbarklasse, in der Tür.
„Frau Hahn hat gerade angerufen“, berichtet sie. „Sie steht mit ihrem Auto im Stau. Es kann noch ein paar Minuten dauern. Ihr sollt bitte solange mit eurer Freiarbeit weitermachen. Ich lasse eure und meine Tür offen und schaue ab und zu nach euch. Seid bitte schön leise, bis Frau Hahn da ist!“
Als sie wieder verschwunden ist, schleicht Lara zur Tür und macht sie lautlos zu, damit Frau Kugel nichts merkt.
„Nur ganz kurz“, verspricht sie.
„Nino hat eine Überraschung
für euch. Passt auf!“
Alle sehen neugierig zu Nino.
Dieses Mal hat er keine Angst.
„Zeig dich, Chili“, flüstert er
und klatscht dreimal in die Hände.
Schon steht der Drache
vor den Kindern und lacht sie an.
Ein paar Mädchen kreischen erschrocken und klammern sich aneinander. Die Jungen blicken Nino und den Drachen staunend an.
Nino nickt und erklärt, wie er Chili gefunden hat.
„Hat jeder von uns so einen Drachen, der aus dem Lesebuch kommen kann?“, will Murat wissen und fängt gleich an, in seinem zu blättern.
Chili schüttelt den Kopf.
„Ich bin bei der Feuerspuckprüfung durchgefallen, weil ich Angst vor Feuer habe“, berichtet er. „Der älteste Drache hat mir deshalb die Aufgabe gegeben, anderen zu helfen, die auch vor etwas Angst haben. So kam ich zu Nino, der sich vor der neuen Schule fürchtete. “
„Du kannst also gar kein Feuer spucken?“, fragt Pia erleichtert. „Obwohl du Chili heißt? Chilischoten brennen doch im Mund wie Feuer, so scharf sind sie!“ „Nein, aber er kann sich unsichtbar machen und viel Blödsinn anstellen“, antwortet Nino für seinen Drachen.
Von außen wird die Türklinke heruntergedrückt. Lara sieht es zuerst.
„Schnell!“, zischt sie.
Nino begreift sofort und gibt dem Drachen ein Zeichen mit der Hand. Chili schafft es, sich rechtzeitig unsichtbar zu machen, bevor Frau Kugel den Klassenraum betritt.
„Was ist denn hier los?“,
fragt sie und blickt sich
verwundert um. „Ihr solltet
die Tür doch offen lassen!
Frau Hahn ist gerade angekommen.
Lasst sie nur nicht sehen,
dass ihr Unsinn macht
und laut seid!“
Eilig beugen sich die Kinder über ihre Rechenaufgaben und sind jetzt ganz still. Frau Hahn kommt herein und blickt zufrieden auf ihre Klasse. Freundlich begrüßt sie die Kinder, dann setzt sie sich an den Lehrertisch und schlägt das Klassenbuch auf.
Nino bemerkt, dass Chili sich langweilt. Er selbst schafft seine Aufgaben heute allein. Da fällt sein Blick auf Ben. Er sitzt da, macht ein gelangweiltes Gesicht und malt seinen Finger mit einem Filzstift an.
„Sieh mal, Chili“, flüstert Nino seinem Drachen zu. „Mit Ben stimmt was nicht. Er ist heute so anders.“ „Vielleicht ist sein Meerschweinchen krank“, flüstert Chili zurück.
„Nino“, mahnt die Lehrerin.
„Sei bitte leise.“
„Du musst Ben
zum Lachen bringen“,
flüstert Nino fast lautlos.
„Das will ich gern versuchen“,
antwortet Chili und schwebt
unsichtbar durch den Klassenraum.
Dicht über Ben bleibt er in der Luft stehen. Nino versucht zu erkennen, was Ben auf seine Hand gemalt hat, doch der sitzt zu weit weg. Chili kitzelt Ben sachte unter der Achsel. Ben blickt sich verwundert um, bis ihm Chili einzufallen scheint. Grinsend zwinkert er Nino zu. Und Nino strahlt zurück. Vielleicht ist Ben doch nicht so blöd.
Chili schwebt weiter zu Frau Hahn an den Lehrertisch. Sachte nimmt er ihre Hand, in der sie einen Stift hält, und lässt sie etwas ins Klassenbuch hineinschreiben. „Was habt ihr geschrieben?“, fragt Nino flüsternd, als Chili wieder bei ihm ist.
„In die Spalte für Verspätungen habe ich Frau Gockel eingetragen“, erklärt Chili.
„Sie heißt Frau Hahn“, kichert Nino. „Das musst du dir mal merken!“
Gerade will ihn die Lehrerin wieder ermahnen, da geht die Tür auf und herein kommt Herr Stolze, der Rektor.
„Entschuldigung“, sagt er.
„Ich will mit meiner Klasse lesen,
aber mir fehlt ein Lesebuch.
Haben Sie vielleicht eines übrig,
das Sie mir leihen können,
liebe Frau Hahn?“
Frau Hahn nickt. „In dieser Stunde brauchen wir es nicht“, antwortet sie.
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