Nino und der Schul-Drache - Erst ich ein Stück, dann du
„Nino, bist du so nett und borgst Herrn Stolze dein Buch?“
Nino sitzt wie erstarrt.
„Au ja!“, jubelt Chili, was natürlich nur Nino hören kann. „Ich kann Herrn Stolze Streiche spielen, yippieh! “
Schon ist der Drache im Lesebuch verschwunden. Mit blassem Gesicht reicht Nino es dem Rektor.
Wenn das nur gut geht, denkt er.
Chili und der Rektor
Nino knickt Eselsohren in sein Heft und scharrt mit den Füßen. Mindestens eine Viertelstunde ist der Rektor nun schon mit Chili weg. Wer weiß, was der Drache in der anderen Klasse alles anstellt? Auch Lara schaut immer wieder zur Tür und sieht beinahe verzweifelt aus. Nino stellt fest, wie sehr er sich bereits daran gewöhnt hat, dass Chili neben ihm sitzt und ihm notfalls helfen kann. Heute wollen ihm die Minusaufgaben über den Zehner hinaus nicht in den Kopf. Gerade als Nino zum dritten Mal 32–7 rechnet, geht die Tür auf und der Rektor kommt kopfschüttelnd herein.
„Also, ich weiß auch nicht,
Frau Hahn“, schnauft er.
„Bei mir in der Klasse geht es
nicht mit rechten Dingen zu!
Ich glaube, es spukt!“
„Es spukt?“, wiederholt Frau Hahn und sieht Herrn Stolze ungläubig an. „Das kann nicht sein. Was ist denn passiert?“
„Eine unsichtbare Hand scheint alles wegzuwischen, was ich an die Tafel schreibe. Dann fällt mir die Kreide aus der Hand, obwohl ich sie ganz festgehalten habe, und schreibt von allein – aber nicht den Unterrichtsstoff, sondern Witze!“
„Witze?“, wiederholt Frau Hahn.
„Ja, zum Beispiel: Die Lehrerin zu Karlchen: ‚Karlchen, man bohrt nicht mit dem Zeigefinger in der Nase!‘ – ‚Mit welchem dann?‘, fragt Karlchen. So kann ich nicht unterrichten!“
Herr Stolze tupft sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. Die Kinder lachen laut.
„Das ist nicht lustig!“, ruft Herr Stolze. „Das geht nicht mit rechten Dingen zu!“
„Wirklich seltsam.“ Frau Hahn spielt nachdenklich mit ihrer Halskette.
„Können Sie vielleicht
kurz mitkommen?“, fragt er.
„Fürchten sich Ihre Kinder?“,
erkundigt sich Frau Hahn.
„Dann sollten wir besser
gleich die Polizei …“
„Nicht die Polizei!“,
platzt Nino heraus.
„Auf keinen Fall!“,
ruft auch Lara.
„Kinder, ihr braucht euch vor der Polizei nicht zu fürchten“, lacht Frau Hahn. „Vielleicht wäre es wirklich etwas übertrieben. Möglicherweise findet der Hausmeister heraus, was los ist!“
„Das ist eine gute Idee.“ Herr Stolze nickt und wendet sich bereits wieder zur Tür. „Bleiben Sie bei Ihrer Klasse, Frau Hahn, ich hole den Hausmeister.“
„Das kann ich doch machen“, bietet sich Nino an. Zögernd willigt der Rektor ein.
Kurz darauf ist Nino bereits mit dem Hausmeister zurück. Der trägt wie immer eine Arbeitslatzhose und grinst. Der Hausmeister freut sich, wenn er etwas besser kann als die Lehrer.
„Bestimmt haben wir das Rätsel gleich gelöst“, sagt er und deutet auf seinen Werkzeugkasten. „In unserer Schule gibt es keine Gespenster!“
Mit festem Schritt steuert er auf die Klasse des Rektors zu. Ninos Klasse schleicht hinterher, um zu sehen, was nun passiert. Mit hämmerndem Herzen beobachtet Nino, wie der Hausmeister beide Flügel der Tafel aufklappt, um zu sehen, ob sich jemand dahinter versteckt. Dann klopft er mit einem Schraubenzieher gegen die Heizung, sieht im Abfallkorb nach, schaut unter die Tische und hinter alle Schränke.
„Nichts“, meint er schließlich und kratzt sich am Hinterkopf. „Da hat Ihnen sicher eine der frechen Gören einen Streich gespielt. Aber was soll‘s, wir waren früher auch nicht anders. Schönen Tag noch, Herr Stolze!“
Herr Stolze sieht gar nicht glücklich aus. Frau Hahn hingegen versucht, ihre Schüler zur Rückkehr in den Klassenraum zu bewegen. Nino wirft noch rasch einen Blick auf den Drachen, der seelenruhig einem blassen kleinen Mädchen die Fehler aus einem Lückentext radiert und die richtigen Wörter hinschreibt. Als Chili fertig ist, schwebt er durchs Zimmer und überlegt, was er noch anstellen könnte. Plötzlich gleitet er auf die Tafel zu, nimmt die Kreide von der Ablage und schreibt:
Heute Hitzefrei!
Schulschluss um 11.00 Uhr!
Oh nein, denkt Nino.
Das glaubt ihm doch
kein Mensch!
Es ist erst April und
auf dem Schulweg hatte ich
sogar meine warme Jacke an.
Nino holt tief Luft, weil er weiß, dass er jetzt alles aufklären muss. Doch noch ehe er etwas sagen kann, bricht lauter Jubel los.
„Hurra, Hitzefrei!“, freuen
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