Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)
der Oberschlaumeier, der dir den Schädel einschlägt, wenn du noch weiter aufmuckst. Weil ich nämlich der derzeitige Kommandant bin und somit dein Aufmucken Meuterei. Soweit klar?“
Keiler Drei war zugleich eingeschüchtert und empört. „Du nennst sie doch selber Spitzohren und Elfen.“
„Tu ich. Aber es gibt da einen Unterschied. Okay, wenn wir im Gefecht mit ihnen sind, wenn mir einer von ihnen die Kehle durchschneiden will, dann ist er ein verdammtes, dreckiges Spitzohr. Aber der hier sitzt vor uns, greift uns nicht an und bedeutet keine Gefahr für uns. Ich muss ihn nicht auf irgendwas reduzieren, was mir nach dem Leben trachtet und das ich umbringen muss, wenn ich weiterleben will. Jetzt im Moment ist er einfach nur der, der er ist. Und man sollte immer wissen, wen man vor sich hat. Also sag ich dir, er ist ein Kinphaure.“
Auric warf Keiler Drei einen letzten durchdringenden Blick zu, einen mit den Augen seines Vaters, und sah wie Keiler Drei in sich zusammensank.
„Und das war das Letzte, was ich dir dazu sage. Klar?! Wir müssen hier weg. Wir haben schon viel zu lange gebraucht.“
Sie sammelten sich mit dem Rest ihrer Truppen. Es dauerte eine ganze Weile bis alle beisammen waren, und ihre Feldscher sahen währenddessen so gut sie konnten nach den Verwundeten. Einige waren schon ihren Verletzungen erlegen, unter ihnen auch Dachs, der wegen seines abgeschlagenen Arms verblutet war. Nach einer Zeit, die Auric quälend lang erschien, waren alle endlich soweit, dass er das Signal zum Aufbruch geben konnte.
Als sie sich gerade in Bewegung setzen wollten, hörte er hinter sich eine Stimme in gestochen scharfem Idirisch. „Nicht in diese Richtung.“ Der Gefangene Kinphaure stand dort, flankiert von zwei Bewachern. „Die Besatzung der Grenzbastion ist längst alarmiert und wartet nur auf euch.“
„Und warum sagst du uns das?“, wandte Auric sich an ihn.
„Ich wurde vom Blauen Kreis zur Exekution bestimmt. Ich will leben. Und nicht ihnen wieder in die Hände fallen.“
„Vielleicht können wir ja schneller sein und trotzdem durchbrechen.“ Eigentlich wusste er, wenn die Grenzbastion wirklich alarmiert war, hatten sie dafür schon zu viel Zeit verloren. Aber er wollte hören, was der Kinphaure sagte.
„Da gibt‘s kein Druchbrechen“, meinte der, der sich Ikun genannt hatte, trocken. „Sie haben die Linien schon dicht gemacht und warten nur darauf, euch ins Messer laufen zu lassen. Wenn ihr erst einmal in diese Falle geht, gibt es daraus kein Entkommen mehr.“
„Du warst ein Gefangener. Woher also weißt du das?“
Der Kinphaure blickte ihm gerade und klar in die Augen, selbstsicher. Entweder zu selbstsicher für eine Spur der Herausforderung darin oder er beherrschte das Spiel verdammt gut. „Ich war der Kommandant dieses Postens.“
Also bahnten sie sich ihren Weg durch den Urwald weiter Richtung Osten, auf den Hügelkamm südlich des Beckens zu, den ihre Truppen zuerst genommen hatten. Auric fragte sich, ob sie ihn noch immer hielten. Es schien wahrscheinlich, denn sie hatten auf ihrem Weg kein erneutes Aufflammen des Beschusses mehr bemerkt. Dann lag also dort noch immer das Gros ihres Kontingents der Sechzehnten in Stellung, die zweite Welle, die eigentliche Angriffsarmee, die durch die heftige Gegenwehr der Spitzohren niemals die Chance zu ihrem Sturm auf die Festung Jhipan-Naraúk erhalten hatte.
Ihr Weg war beschwerlich. Das Gelände war unwegsam, und die Verwundeten verlangsamten ihr Vorwärtskommen. Auric hatte sich mit seinen Vertrauten unter den Soldaten beraten, und gemeinsam waren sie zu der Ansicht gekommen, dass sie sich von Westen her im rechten Winkel auf die Achse ihres ersten Vordringens in das Becken zubewegten. Diese Ansicht wurde dadurch bestärkt, dass sie kaum auf von Geschossen verbranntes Land trafen, was ihnen jetzt den Vormarsch erleichtert hätte. Wann immer sie an einen Platz kamen, wo die Vegetation ihnen einen Ausblick durch das Blätterdach gestattete, sahen sie Wolken von Aasvögeln in dichten Ballungen über verschiedenen Regionen des Waldes fliegen.
Auric hatte angewiesen, dass Ikuns Bewacher ständig mit ihm in seiner Nähe blieben, denn der gefangene Kinphaure hatte sein Interesse geweckt. Die Neugier schien gegenseitig zu sein, denn er bemerkte immer wieder, dass der Kinphaure auch ihn mit aufmerksamem Blick musterte, besonders wenn er mit Soldaten des Trupps umging oder Befehle gab.
Als Auric zu der Einschätzung gelangte, dass sie die
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