Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)
in der Tat schon selber erkämpft und verdient. Und habe es ebenfalls verdient, von ihr alle Liebe zu erhalten, zu der sie fähig sei, und alle Kraft und allen Willen, ihn gegen die Welt, die ihn hier draußen erwartete, zu beschützen und ihn zu befähigen sie zu durchstehen, ohne dass seine Seele gebrochen werde. Wie es hier draußen zwangsläufig mit allem geschah, was ursprünglich zum Geist befähigt war. Sie gab dem neuen Leben das Versprechen, dass sie alles daran setzen werde, dass es niemals unterliege und besiegt werde.
Daran hielt sie fest.
Keine der Seelen, die Auric als Geschwister folgen wollten, kämpfte ähnlich stark wie er um ihr Recht auf Leben. Der Sud blieb stets stärker. Der Erzeuger trug Mal um Mal die Niederlage davon.
So blieb Auric ohne Geschwister und auch darin eine Ausnahme in der Siedlung seiner Eltern.
„ So floh Angverian aus der Stadt Idirium, noch vor Tagesanbruch und nur mit jenen seiner Anhänger, die auch in bitterem Kampf an seiner Seite ausharren wollten. Er ließ in der letzten Dunkelheit der Nacht den Bannkreis der Sephrenischen Mauern zurück, da er einsehen musste, dass er dem Bund gegen seine Tyrannis nicht innerhalb der Mauern Idiriums würde trotzen können. Der vermeintliche Erbe des Drachen floh, nicht den Straßen folgend, sondern geradewegs quer durch das frühmorgendliche wilde Hügelland, zu den Brigaden seiner Ersten Armee, die er am Ufer des Ruvenan lagernd wusste.
Obwohl der Bürgerkrieg gegen Angverians verbliebene Anhänger und seine Feste Moratraneum noch lange andauern sollte, setzte doch von diesem Tag an niemand mehr, der sich König Idiriums nannte, jemals wieder seinen Fuß in die Stadt. Der Rat bestehend aus Angehörigen des Bundes wider den Drachenerben, der sich daraufhin auf dem Moniassum einfand, um nach den kriegerischen Wirren innerhalb der Mauern die Belange Idiriums erneut zu ordnen und den Feldzug gegen den entthronten Tyrannen zu führen, ist als der Ursprung des ersten Parlaments einer Republik Idirium zu sehen, die daher auch die Republik des Bundes genannt wurde. “
Es war der Klang ihrer Stimme, der den Strom der Worte trug. Dieser Strom vorbegrifflicher Laute und Klänge durchzog das Land seiner frühen Kindheit und ließ an seinen Ufern fruchtbaren Boden zurück, Boden der bereit war, die Frucht dieser Worte zu tragen, wenn ihm aus ihnen später die Bedeutungen keimen sollten, wenn dann aus ihnen schließlich die Zusammenhänge emporwuchsen und zum Licht drängten, wenn aus diesem Stamm sich die Geschichten und Erzählungen verzweigten und eine Krone aus Liedern, Gesängen, all den Werken der idirischen Literatur, sich immer weiter und reicher entfaltete.
Dennoch war es der Geruch, der von ihr ausging, der vor allem anderen, vor ihrer Stimme noch, vor ihrem Gesicht, sich seinem Gedächtnis einprägen sollte. Für ihn blieben die großen Werke der idirischen Literatur für immer mit diesem Duft verbunden, rein und klar vor der tiefen, beizigen Grundierung des Geruchs von Torffeuer.
Ohne den Duft seiner Mutter wären ihm wahrscheinlich all die anderen Gerüche nie so differenziert ins Bewusstsein getreten, hätte sich die ganze Welt ihrer sauren, geronnenen Widerwärtigkeit niemals für ihn aufgefächert. Er wäre in ihnen herangewachsen, wie alle anderen Einwohner ihrer Skrimarensiedlung auch, er hätte sie für das Natürlichste der Welt gehalten und nie gelernt sie als Gestank zu identifizieren. Der Duft seiner Mutter war der reine Stern gewesen, die fest ins Firmament gesetzte helle Marke, die für alles andere den Bezugspunkt bot – an der alles andere zum Kontrast werden musste. Ihr Duft war eine einsame Insel in einem brandigen Meer, ein verlorenes isoliertes Flämmchen in einer braun schwärenden, ranzigen Weltenhöhle.
Der Geruch von Torffeuer war deren Basisnote. Er war einfach allgegenwärtig, er trug und durchdrang diese Welt. Darüber hingen die Ausdünstungen von Tierfellen und wollenen Decken, die sich mit allem, was Mensch und Tier von sich gaben, vollgesogen hatten. Schließlich Nahrungsdämpfe, Fett und Schmalz, abgehangenes Fleisch, Pökelhälften, Tabak – sein Vater war als Than der Aivara-Skrimaren ein bedeutender Mann, und das zeigte sich im Luxus seiner Güter und seiner Lebenshaltung.
Jenseits der Geruchsaura seiner Mutter war Gestank allgegenwärtig. Die verfilzten, zottigen, vollgeschwitzten und vollgepissten Felle stanken. Die ungewaschenen Menschen stanken, vor allem in den tiefsten
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