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Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition)

Titel: Ninragon – Band 1: Die standhafte Feste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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dem, was er hier erlebte, musste er feststellen wie unendlich wertvoll dieser Teil ihm war, dass er ihm sogar mit der Zeit noch immer wertvoller wurde.
    Also galt er lieber als wortkarg. Das war ihm recht. Denn hätte er geredet, offen und frei, ohne an dem, was er in seinem Innersten barg, Verrat zu begehen, dann wäre er irgendwann auch auf die Alpträume zu sprechen gekommen.
    Über die Alpträume sprach niemand.
    Stattdessen sagten sie Sachen wie: „Kann einem schon ganz schön den Tag versauen, wenn einer deiner Gefährten direkt neben dir niedergehauen wird. Aber dann fällst du nachts vor Müdigkeit in den Schlaf, wachst morgens auf und denkst dir: He, verdammt ich lebe noch; gestern muss also ein guter Tag gewesen sein.“
    Gegen die Alpträume half nur der Baum, der auch im Winter blühte.
    Wenn die Gesichter kamen, die zerhackten mit den klaffenden Wunden oder den ausgestochenen Augenhöhlen, wenn sie ihn aus den Träumen der Nacht hinein in den Tag verfolgten, dann sagte er sich in Gedanken immer wieder die Geschichten auf, die er von seiner Mutter kannte: Epokravs Historien, Murinjas Annalen oder etwas aus dem Ring der Neun . Er memorierte sie immer wieder und wieder, bis sie in seinem Hirn umherliefen und endlos dahinratterten wie ein Karrenrad auf einer gepflasterten Straße, bis er in dem Fluss ihrer Worte, in den Rhythmen ihres Satzbaus versank. Und machmal verblassten dann auch die Bilder. Manchmal glaubte er fast den Geruch seiner Mutter aufsteigen zu verspüren.
    An den Worten, ihrem Zauber, an ihrer immergleichen Wiederkehr, und an dem Geist dieses Dufts hielt er sich fest.

Kriegsgeschichten

    Der Pfad zwischen der Uferböschung und dem Fluss war so schmal, dass die Vraigassen ihn nur einzeln passieren konnten. Einzeln krochen sie auch durch das Gestrüpp an dessen Ende, das den Pfad vor Blicken verbarg. Sie fühlten sich vollkommen sicher. Dies war ihr geheimer Pfad, auf dem sie dem Feind in den Rücken fallen wollten. Sie konnten nicht ahnen, dass einer von Kaustaggs Leutnants ihn schon Jahre zuvor entdeckt hatte. So aber rechneten sie mit keinerlei Gefahr und kamen säuberlich einer nach dem anderen durch das Gestrüpp.
    So wie sie den Kopf daraus hervorstreckten, packte Kainen sie und zog sie mit einem Ruck beiseite. Kegvarn packte die Arme, dass sie sich nicht mehr wehren konnten und Turgard hockte schon mit seinem langen Messer bereit, um ihnen die Kehle durchzuschneiden.
    Es waren erwachsene Männer, Vraigassen-Krieger, und Auric sah bei denen, die noch im letzten Moment wahrnahmen, was mit ihnen passierte, kurz bevor Turgards scharfe Klinge ihrem Dasein ein Ende bereitete, einen Ausdruck maßloser Verblüffung in den Augen aufblitzen, dass es ein paar Halbwüchsige waren, durch deren Hand sie den Tod finden sollten. Kein Ende, das eine Geschichte hergab, mit der man ruhmreich vor Thyrins Thron treten konnte.
    Einer nach dem anderen landete dort am Hang und blutete aus durchschnittener Kehle in den Uferdreck, in länger werdender Reihe nebeneinander, wie geschlachtete Hühner vor einer Siegesfeier. Hübsch einer neben dem anderen.  
    Am Schluss gab es etwas Gerangel, als ein paar direkt hintereinander durchkamen, weil sie wohl etwas gemerkt hatten.  
    Es war eine üble Schlachterei, aber sie erwischten sie einen nach dem anderen, alle sechzehn.

    Wenn du dich immer nur am Drachenmond festhältst, kann gar nichts passieren.
    Das sagte er sich immer wieder, während die Fratzen um ihn heulten. Immer am Rand festhalten, dann fällst du nicht. Und er hielt den Blick verbissen auf den kleinen roten Ball am Abendhimmel fixiert.
    Die Häuser taumelten an ihm vorbei, Schleier von Rauch schoben sich vor seine Sicht, dazwischen immer wieder johlende Horden aus den Trupps, auch Kegvarn und ein paar aus seinem eigenen Trupp. Du tust nichts, du tust gar nichts, lass die Paladine nur heulen. Und doch sah er sich seinen Körper mit einer Kette aus blauen Klumpen schmücken, die er aus dem aufgeschnittenen Bauch eines Toten zog. Du tust gar nichts. Das tust du nicht. Du bist hier ganz sicher auf der Hauptstraße, gehst sie entlang und hältst dich am Rand des Drachenmonds fest. Das sind nur Bilder, die dir der Rausch schickt, das ist nur das Drachenblut, das sich mit deinem vermischt. Noch immer hatte er den typischen bitteren Geruch des Drachenbluts in der Nase, diese eigentümliche Mischung von Galle, Wacholderbeeren und einer metallischen Note, noch immer schmeckte er ihn beißend hinten an der

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