Ninragon - Homunkulus
Sah nach rohem Holz aus, aber es hielt. Der Schiefe wich rückwärts zurück. Grinste irgendwie. Aus sicherer Entfernung, dachte er wohl.
Sie hob ihre Armbrust.
»Komm her«, sagte sie und legte auf ihn an. »Komm her, oder ich jage dir einen Bolzen in den Leib.«
»Nichts machst du. Du hast schon zu viel gemacht.«
Die Stimme kam vom anderen Ende der Lattengasse, aus ihrem Rücken.
Fast gleichzeitig mit den anderen ihres Kaders fuhr sie herum.
Aus dem Dunkel näherten sich ihr den Gang herab breite Gestalten. Keine darunter, die sie alle überragte, wie etwa ein Vastachi.
Sie traten aus dem Dunkel in einen Streifen einfallenden Mondlichts. Breite Schultern, vierschrötige Gesichter, dunkles Leder. Voran ein Koloss, groß und breit, wie ein Schrank. Sie kannte ihn. Sie hatte ihn gesehen, vor kurzem noch. Unter dunklen, buschigen Brauen hervor schaute er sie an, kahler Schädel, breite Nase, mächtiger Bart. In einer Gasse, hatte sie ihn das letzte Mal gesehen, im strömenden Regen, zwischen Lagerhäusern, Hintereingängen; seine Leibgarde hatte sich wie eine Wand vor ihm aufgebaut.
Eber.
Der Hauptmann der Firnwölfe.
Aber der Botenjunge des Vastacken … Was hatte der …?
Eber schenkte ihr ein sardonisches Grinsen. Hob die Hand und deutete dann mit dem Finger auf sie, visierte sie an wie über den Lauf einer Armbrust. Dann hob er seine echte Waffe, die er in der anderen Hand hielt.
Die Armbrüste ihrer Leute schossen mit trockenem, gestaffeltem Klackern hoch. Die der Firnwölfe auch. Wie ein zerrissener, gestreuter Trommelwirbel im hohen Hallraum der Ställe.
Sie sah Staubkörnchen durch die Luft schweben, zwischen ihr und den Firnwölfen, bleiche, treibende Späne vom Licht des Mondes abgespleißt. Die Armbrüste einer kleinen Armee sah sie auf sich gerichtet.
Ein Pferd wieherte im Hintergrund der Halle auf.
Wie viele waren das?
Sie versuchte über die Schultern von Eber und seiner Leibwache zu blicken. Noch mehr dahinter in den Schatten des Lattengangs. Wie viele, zur Hölle, waren das? Hatte er die ganzen Firnwölfe aufgefahren? Oder doch beinahe?
»Zähl nur nach«, sagte Eber, ihren Blick richtig deutend. »Ihr fünf gegen … wie viele? Ihr habt uns eine ganze Menge Arbeit gemacht, da sollten wir euch auch alle den Respekt zollen.«
Sie standen sich gegenüber, Waffen im Anschlag. Füße scharrten, verkniffene Auge visierten über den Armbrustlauf, Gesichtsmuskeln zuckten. Nervöse kurze Blicke hin und her.
»Waffen runter«, sagte Eber. »Einmal kann jeder von euch schießen. Fünf Bolzen insgesamt. Dann seid ihr tot.«
Sie, ihre Truppe, wechselten knappe Seitenblicke.
Dann ging sie bedächtig in die Knie. Legte ihre Waffe zu Boden.
Langsam taten es ihr ihre Kadermitglieder nach, Sandros, Chik, Mercer, Choraik.
»Und jetzt?«, fragte sie zu Eber hinüber.
Sein Lächeln war kalt. Er nahm sich Zeit dafür.
»Jetzt wird gestorben«, sagte er.
In diesem Lattengang wie in einem Gefängnis.
»Mit Armbrüsten«, fuhr Eber fort, schürzte seine Lippen, »macht es doch gar keinen Spaß. Dafür gibt es Besseres.«
Keine Chance hier rauszukommen, von allen Seiten eingeschlossen, wie Vieh in einem Schlachthaus.
»Und du hast dir Besseres verdient«, sprach Eber genüsslich, schwerfällig weiter. »Mit all dem Ärger, den du uns gemacht hast. Als sei eine klare Warnung nicht genug. Aber du musst ja trotzdem weitermachen.«
Verdammt, sie hatte ihre Truppe in den sicheren Tod geführt. Wie zur Hölle kam sie … »Eber, lass uns reden! Kannst du dir vorstellen was passiert, wenn du jetzt hier …«
»Genug geredet«, blaffte ihr der kahle Bulle, den man Eber nannte, ins Wort. »Jungs!«, nach hinten gerichtet.
Blitzender Stahl rasselte aus Scheiden. Schwerter, Langdolche, Fechtspeere. Kalt spiegelndes Dorngebüsch zum Hacken, Stechen und Spießen geschmiedet.
Zuerst nur ein vereinzelter Ruf. Dann Klappern. Weitere Schreie erschollen. Dann Stampfen und Trappeln. Wieder vereinzeltes Gewieher, von mehreren Tieren diesmal.
Stiefelgetrappel über den kahlen Boden hallte flach zu den Seiten weg. Da waren plötzlich Männer die eine Bretterwand trugen. Zwei davon. Zugleich. Sie wurden im raschen Laufschritt auf sie zu geschoben. Die Bretterwände mit den Männern dahinter schossen von den Seiten heran. Und wurden unter Gerassel und Gebrüll gezielt durch einen Schlitz zwischen den Lattenstäben des Laufgangs geschoben.
Die Bretterwand sauste an Danak vorbei, über die Breite des Gangs, blockierte
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