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Nippon-Connection

Nippon-Connection

Titel: Nippon-Connection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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sehen sein?« fragte ich.
    »Warten Sie ab!«
    Das Band lief weiter. Noch immer geschah nichts. Aber dann sah ich plötzlich ganz deutlich das Bein des Mädchens zucken.
    »Was war das denn?«
    »Ein Krampf vielleicht?«
    »Ich weiß nicht.«
    Jetzt bewegte sich der Arm des Mädchens, der sich weiß vom dunklen Holz abhob. Es gab nicht den geringsten Zweifel: Die Finger schlossen und öffneten sich.
    »Sie lebt noch!«
    Theresa nickte. »Sieht ganz so aus. Jetzt achten Sie auf die Uhr!«
    Die Wanduhr zeigte zwanzig Uhr sechsunddreißig. Ich sah aufmerksam hin. Nichts geschah. Das Band lief weitere zwei Minuten.
    Connor seufzte. »Die Uhr bewegt sich nicht.«
    »Nein«, sagte Theresa. »Ich ging ganz nahe drauf, und da fiel mir als erstes die Anordnung der Pixel auf. Die Bildpunkte springen vor und zurück.«
    »Was bedeutet das?«
    »Wir nennen das Rock ‘n’ Roll. Damit vertuscht man normalerweise ein Standbild. Ein normales Standbild läßt sich mit bloßem Auge als solches erkennen, weil die kleinsten Bestandteile des Bildes plötzlich unbewegt sind, während sie sich bei einem normalen Projektionsbild immer ein bißchen bewegen, wenn auch ganz zufällig. Deshalb greift man zu Rock ‘n’ Roll, das heißt, man wiederholt drei Sekunden die Aufnahme immer wieder, wodurch eine geringe Bewegung entsteht, die das Standbild besser kaschiert.«
    »Wollen Sie damit sagen, daß das Band um acht Uhr sechsunddreißig gestoppt wurde?«
    »Ja. Und zu diesem Zeitpunkt war das Mädchen offenbar noch am Leben. Genaueres kann ich nicht sagen.«
    Connor nickte. »Deshalb ist das Originalband so wichtig.«
    »Welches Originalband?« fragte Theresa.
    Ich holte das Band hervor, das ich in meiner Wohnung gefunden hatte.
    »Lassen Sie es durchlaufen«, sagte Connor.
    In gestochen scharfer Schwarzweiß-Aufnahme sahen wir den sechsundvierzigsten Stock vor uns. Es war der Blickwinkel der seitlich angebrachten Kamera, der eine gute Übersicht über den Konferenzsaal bot. Und es war ein Originalband: Wir sahen den Mord, und wir sahen, wie Morton das Mädchen auf dem Tisch zurückließ.
    Das Band lief weiter. Wir beobachteten das Mädchen.
    »Kann man die Wanduhr sehen?«
    »Aus dieser Perspektive nicht.«
    »Wieviel Zeit, glauben Sie, ist inzwischen vergangen?«
    Theresa schüttelte den Kopf. »Es ist mit Zeitraffer aufgenommen. Ich weiß nicht, ein paar Minuten vielleicht.«
    Da bewegte Cheryl Austin sich. Ihre Hand zuckte, dann hob sie leicht den Kopf vom Tisch. Ganz ohne Frage - sie lebte.
    Und im Glas des Konferenzraums sahen wir den Umriß eines Mannes gespiegelt. Er kam von rechts und betrat den Raum, nachdem er sich einmal umgedreht hatte, um sicherzugehen, daß er allein war. Es war Ishigura. Zielstrebig schritt er auf den Tisch zu, umfaßte mit beiden Händen den Hals des Mädchens und erwürgte es.
    »Mein Gott!«
    Es schien eine Ewigkeit zu dauern. Cheryl Austin wehrte sich gegen ihren Tod. Auch als sie sich nicht mehr bewegte, hielt Ishigura sie noch lange auf den Tisch gedrückt.
    »Er geht kein Risiko ein.«
    »Nein«, sagte Connor.
    Endlich trat Ishigura von der Leiche zurück, knöpfte sich die Manschetten zu und strich sich die Anzugjacke glatt.
    »In Ordnung«, sagte Connor. »Sie können das Band jetzt stoppen. Ich habe genug gesehen.«
    Wir waren wieder im Freien. Das Sonnenlicht kämpfte sich mühsam durch den dichten Smog. Autos fuhren an uns vorbei, hoppelten über die Schlaglöcher. Die Häuser entlang der Straße schienen mir schäbig und heruntergekommen.
    Wir stiegen in unseren Wagen.
    »Und was jetzt?« fragte ich.
    Connor reichte mir den Telefonhörer. »Rufen Sie in der Zentrale an und sagen Sie denen, daß wir ein Videoband haben, auf dem Ishigura als Mörder zu sehen ist. Sagen Sie ihnen, daß wir jetzt zu Nakamoto fahren und Ishigura verhaften.«
    »Ich dachte, Sie trauen dem Autotelefon nicht.«
    »Tun Sie, was ich Ihnen gesagt habe! Wir sind sowieso bald fertig.«
    Also rief ich an. Ich erklärte dem Disponenten, was wir vorhatten und wohin wir fahren würden. Er fragte, ob wir Unterstützung wollten. Connor schüttelte den Kopf, und ich sagte nein.
    Dann legte ich auf. »Und jetzt?«
    »Jetzt fahren wir zu Nakamoto.«
    N achdem ich den sechsundvierzigsten Stock so oft auf Video gesehen hatte, war es seltsam, plötzlich wieder an Ort und Stelle zu sein. Obwohl es Samstag war, herrschte geschäftiger Betrieb, ständig eilten Sekretärinnen und andere Angestellte an uns vorbei. Am Tag sah die Büroetage

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