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Nixenblut

Nixenblut

Titel: Nixenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dunmore
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versperrt hat.
    »Was?«
    »Ach, nichts.«

    Nachdem es draußen so strahlend hell war, kommt es uns drinnen besonders dunkel vor. Conor geht durchs Haus, schließt alle Fenster und sperrt die Hintertür ab, was wir sonst nie tun. Ich beobachte ihn schweigend und versuche, mich an jedes Detail der Geschichte zu erinnern, die Dad mir vor langer Zeit erzählt hat. Die Geschichte von dem Mann, der mit einer Meerfrau verschwand und denselben Namen trug wie er.
    »Conor«, sage ich schließlich. »Ich kann mir das beim besten Willen nicht vorstellen. Niemand kann mehrere hundert Jahre alt werden.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher. Zeit in Indigo ist doch auch etwas anderes als unsere Zeit, oder? Vielleicht gibt es verschiedene Arten von Zeit, die nebeneinander existieren. Nur dass wir sie unter normalen Umständen niemals kennen lernen. Granny Carne lebt vielleicht in ihrer eigenen Zeit, die mit unserer nichts zu tun hat. Denk doch nur an Eichen, die mehrere tausend Jahre alt werden.«
    »Erdzeit«, entgegne ich, ohne eigentlich zu wissen, was ich da sage.
    »Richtig. Wenn sie über Erdmagie verfügt, dann lebt sie vielleicht in der Erdzeit. Faro und Elvira leben in der Indigozeit. In welcher Zeit leben wir?«
    »Keine Ahnung. In der realen Zeit… der menschlichen Zeit.«
    »Real sind alle. Menschliche Zeit… das könnte sein. Also sagen wir fürs Erste, dass es drei verschiedene Arten von Zeit gibt: Erdzeit, Indigozeit und Menschenzeit. Vielleicht gibt es ja noch mehr.«
    »Ameisenzeit, Schmetterlingszeit, Planetenzeit, Teezeit…«
    »Ich meine es ernst, Saph. Denk doch mal an die Zeit in
Indigo. Ich glaube nicht, dass sie in einem unveränderlichen Verhältnis zu unserer Zeit steht. Es ist doch nicht so, dass ein Jahr in Indigo automatisch fünf Jahren an Land entspricht. Es ist viel komplizierter. Manchmal scheint die Indigozeit von unser Zeit kaum abzuweichen, doch dann ist der Unterschied wieder riesengroß. So wie Wasser, das mal schneller, mal langsamer fließt, je nachdem ob es bergauf oder bergab geht – ja, das ist es, es scheint irgendwie auf den Winkel zwischen der Indigozeit und unserer Zeit anzukommen.«
    Ich höre nicht zu. Wenn Conor erst mal in Fahrt ist, kann er stundenlang weitermachen. Deshalb ist er auch so gut in Mathe.
    Ich muss an Josies höhnischen Gesichtsausdruck denken. »Ich frage mich, was die Leute wirklich gesagt haben, als der erste Mathew Trewhella verschwand«, sage ich. Ob es damals auch Leute wie Josie Sancreed gab? Vermutlich.
    »Ich wette, sie haben gesagt, dass er mit irgendeiner Frau durchgebrannt ist«, entgegnet Conor. Sein Gesicht verhärtet sich. »Dasselbe, was sie über Dad sagen.«
    Conor weiß also Bescheid.
    »Weißt du, was Josie zu mir gesagt hat?«
    »Darüber tuscheln doch alle Leute hinter unserem Rücken. Josie hat es dir ins Gesicht gesagt, das ist der einzige Unterschied.«
    »Aber Dad ist mit keiner Frau abgehauen! Er ist mit niemandem abgehauen! So etwas würde er uns nie antun.«
    »Nein, wahrscheinlich nicht…«
    »Das weißt du genau, Con!«, rufe ich zornig. Conor darf nicht an Dad zweifeln. Wir sind doch eine Familie . Conor, ich, Mum und Dad.
    Conor, ich und Mum.

    »Ich weiß überhaupt nichts mehr«, sagt Conor und zuckt die Schultern. »Tut mir Leid, Saph. Aber im Moment weiß ich nicht mehr, wo oben und unten ist.«
    Es ist so untypisch für Conor, irgendwelche Zweifel zu haben, dass ich nicht weiß, was ich dazu sagen soll. Er ist mein großer Bruder, derjenige, der alles weiß. Wenn schon er nichts mehr versteht, wie sollte ich dann irgendetwas begreifen ?
    »Es wird sich schon alles klären«, sage ich unsicher. »Vielleicht gefällt es Granny Carne einfach, alte Geschichten zu erzählen.«
    »Sie hat uns die Geschichte vom früheren Mathew Trewhella aus einem ganz bestimmten Grund erzählt«, sagt Conor im selben Ton, in dem er mir sonst erklärt, wer in welcher Schulclique ist und warum. Dank Conor kannte ich die Gesetze des Schulhofs bereits, bevor ich zur Schule ging. »Bekomm keinen Schreck, Saph, aber Granny Carne glaubt vermutlich, dass wir in Gefahr sind.«
    »Wieso in Gefahr?«
    »Weil auch dieser Mathew Trewhella niemals zurückgekehrt ist. In der Geschichte, meine ich. Vielleicht kommt auch Dad nie wieder.«
    »Conor, nicht …«
    Er dreht sich um und fasst hart um mein Handgelenk. »Den ersten Mathew Trewhella haben sie bekommen, oder? Ich weiß, wie das ist, Saph. Wenn du in Indigo bist, dann scheint alles hier an Land ohne

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