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Nixenblut

Nixenblut

Titel: Nixenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dunmore
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Conor davon erzählen.
    Conor zu wecken, ist ein hartes Stück Arbeit. Er versucht, tiefer unter seine Decke zu kriechen.
    »Mmmhh!«
    Aber ich kenne kein Erbarmen. Ich ziehe ihm die Decke weg und drehe ihn zurück, sobald er sich zur Wand rollt.
    »Wassollndas?«

    »Conor, wach auf. Etwas ganz Wichtiges ist passiert.«
    Endlich dringen die Worte durch den Nebel seines Bewusstseins. Klar und deutlich sagt er: »Geh weg, ich schlafe noch.«
    »Wie kannst du schlafen, während du mit mir sprichst?«
    Conor stöhnt. »Verschwinde, Saph. Nur weil du in aller Herrgottsfrühe aufstehen musst …«
    »Das Meer hat mich letzte Nacht gerufen. Es hat mich beim Namen genannt. Das Meer hat eine Stimme, Conor! Ich glaube, es hat meinen Namen in Mer gesagt, und stell dir vor, ich habe ihn verstanden!«
    Conor reißt die Augen auf. »Was sagst du da?«
    »Moryow hat mich gerufen.«
    »Wer zum Teufel ist Moryow?«
    »Habe ich das gesagt?«
    »Weißt du nicht mal mehr, was du gesagt hast?«
    Plötzlich öffnet sich mein Bewusstsein für die Bedeutung des Wortes.
    »Moryow sind die Meere dieser Erde«, erkläre ich.
    »Das hast du dir gerade ausgedacht.«
    »Habe ich nicht, ich schwöre! Moryow kam mir letzte Nacht sehr nah. So nah, wie sie nur konnte. Doch Sadie wollte mich die Stimme nicht hören lassen … und ich glaube, auch die Eule hat es verhindert.«
    Conor stützt sich auf seine Ellbogen. Er sieht zerzaust und besorgt aus.
    »Das muss ein Traum gewesen sein, Saph. Eine andere Erklärung gibt es nicht.«
    »Es war aber kein Traum. Ich habe wirklich eine Stimme gehört. Sie war so klar wie deine und sie hat mich gerufen. «

    »Vielleicht ein Verrückter, der draußen herumgelaufen ist.« Er schaudert. »Gott sei Dank bist du ihr nicht gefolgt.«
    »Aber ich hätte es fast getan. Nur das Bellen von Sadie hat mich davon abgehalten.«
    »Jack wohnt doch über zwei Meilen entfernt. Wie solltest du da ihr Bellen hören?«
    »Ich weiß, aber das Bellen war so laut, als wäre sie in meinem Zimmer gewesen. Zuerst hörte ich die Lev von Moryow, dann wurde sie von Sadies Lev übertönt.«
    Conor lässt sich ins Bett zurücksinken. »Das ist doch alles totaler Unsinn. Moryow … Lev … ich habe keine Ahnung, wovon du da redest.«
    »Das ist kein Unsinn. Hör zu, Con! Ich glaube, es klingt nur verrückt, wenn man versucht, es … es auf eine menschliche Art zu verstehen.«
    »Wie soll ich es sonst verstehen? Ich bin ein Mensch und du bist es auch.«
    »Aber stell dir vor, ich könnte fließend Mer sprechen und mit allen Lebewesen in Indigo reden … vielleicht habe ich schon begonnen, ihre Sprache zu lernen.«
    Mit einem Mal wirkt Conor nicht mehr böse.
    »Ich sage ja nicht, dass ich dir nicht glaube, Saph. Es ist nur ziemlich erschreckend, wenn man eine Schwester hat, die plötzlich anfängt, eine andere Sprache zu sprechen. Da kommt man sich wie ein Fremder vor.«
    »Wie könntest du denn ein Fremder für mich sein? Wir sind doch Bruder und Hwoer.«
    Conor presste seine Hände gegen den Kopf. »Hör auf, Saph! Und was immer auch passieren mag – wenn du wieder mitten in der Nacht eine Stimme hörst, dann folge ihr nicht. Du darfst auf keinen Fall tun, was sie sagt. Versprich mir das!«
    »Ich kann nicht.«
    »Du musst.«
    »Aber versteh doch. Versprechen, die ich an Land abgebe, gelten auch nur an Land. Ich kann hier nicht sagen, was ich in Indigo tun werde.«
    Conor nickt widerwillig. »Okay, aber schwör es trotzdem. «
    »Ich schwöre!« Wir spucken in unsere rechten Hände und schlagen sie zusammen.
     
    Conor glaubt mir, dass mich die Meere der Erde gerufen haben. Noch gestern Nachmittag hatte ich das Gefühl, nicht mehr richtig zu unserer Familie zu gehören, während er sich offenbar immer enger mit Mum und Roger zusammenschloss. Doch jetzt bilden wir wieder eine Einheit.
    »Hey, Saph, was ist los? Du weinst doch nicht, oder?«
    »Nein, ich bin nur so froh, dass …«
    »Dass was?«, fragt Conor, während er mir mit der Ecke seiner Bettdecke die Tränen abwischt. »Du weinst wirklich die dicksten Tränen von ganz Cornwall. Wir sollten sie in Flaschen füllen und an die Touristen verkaufen.«
    »… dass du es nicht für einen Traum hältst.«
    »Ich weiß doch, wann du mir einen Bären aufbindest. Deine Worte klangen ganz echt. Ich weiß nur leider nicht, was ich mit ihnen anfangen soll.«
    »Lass uns mit Granny Carne reden«, schlage ich vor. Nicht weil ich gründlich darüber nachgedacht hätte, sondern weil es das ist,

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