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Nixenfluch

Nixenfluch

Titel: Nixenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dunmore
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geblendet. Doch Faro trifft sein helles Licht mitten ins Gesicht, sodass er sich die Hände vor die Augen schlägt.
    »Hab doch gesagt, dass der Spiegel verflucht ist«, brummt er.
    »Faro, bist du verletzt?«
    »Hat mich geblendet, warte …«
    Faro nimmt eine Hand herunter und stößt mich weg. Seine Schwanzflosse peitscht vor Schmerz das Wasser auf. Bitte, bitte, er darf nicht blind sein , flehe ich im Stillen.
    »Geht schon wieder. Ich kann dich sehen. Guck nicht so erschrocken, kleine Schwester.«
    »Lass dich anschauen.«
    Ich blicke ihm in die Augen. Sie sind blutunterlaufen, doch das Leben ist in sie zurückgekehrt. »Oh, Faro, ich habe mir solche Sorgen gemacht.«
    Faro sieht zufrieden aus. »Der Spiegel ist wirklich verflucht«, sagt er und schüttelt den Kopf, als versuche er die Angst abzuschütteln, die uns beide ergriffen hat, als wir dachten, der Spiegel habe ihn vielleicht blind gemacht.
    Doch der Krake ist wieder da. Diesmal kommt er uns in Gestalt einer Garnele entgegen. Ich lasse meine Hand sinken und verstecke den Spiegel hinter meinem Rücken.
    »Ich bin’s nur«, sagt die Garnele. Sie klingt schüchtern und liebenswürdig, doch das aufgepeitschte Wasser verrät den ganzen Hass, die Bosheit und Wut des Kraken. »Ich kriege so selten Besuch, deshalb versuche ich, eine gute Show abzuliefern. Erinnert mich noch mal daran, warum ihr gekommen seid.«
    Er scheint auch weiterhin eine Garnele zu bleiben. Und wer will schon einer Garnele etwas antun?
    Hör auf damit, Sapphire. Konzentrier dich auf deine eigenen Gedanken und lass den Kraken nicht in deinen Kopf.
    Ich halte immer noch den Spiegel hinter meinem Rücken. Sein Gewicht zieht meine linke Hand nach unten. Es wäre so leicht, ihn loszulassen. Das ist es, was der Krake will. Warum soll ich ihm nicht seinen Willen lassen? Er ist doch nur eine harmlose Garnele mir zitternden Härchen und einem süßen Schwanz – was sollte die uns schon tun?
    Er ist ein Krake. Ein Monster. Er verschlingt Kinder.
    »Du bist der Krake«, sage ich laut. »Du tötest Mer-Kinder.« Die Garnele schüttelt sich vor Lachen. »Ich töte Kinder? Wo hast du bloß diesen Unfug her? Natürlich sind sie umgekommen. Aber was kann ich denn dafür, wenn die Eltern ihre Kinder bis an die Grenze der Tiefe bringen und dann sich selbst überlassen? Immer wird der arme alte Krake dafür verantwortlich gemacht. So ist es schon immer gewesen. Sobald jemand wie ich versucht, die Welt zu verbessern, wird er beschuldigt, ein Mörder zu sein.«
    In all ihrer Selbstgerechtigkeit wirkt die Garnele nicht mal unglaubwürdig. Ich werfe Conor einen unsicheren Blick zu.
    »Er lügt«, sagt Faro. »Hörst du nicht die schleimige Verlogenheit in seiner Stimme?«
    Für den Bruchteil einer Sekunde türmt sich die Klauenkreatur vor mir auf, dann hat sich der Krake wieder in eine Garnele verwandelt. »So ist das eben«, sagt sie kleinlaut. »Ich werde immer falsch eingeschätzt.«
    »Richtig eingeschätzt«, widerspricht Conor. Für eine Tausendstelsekunde erscheint erneut die bedrohliche Klauenkreatur, dann hat der Krake seine Selbstbeherrschung wiedererlangt. Ich tue so, als hätte ich nichts bemerkt.
    »Wir sollten nicht so hart über den Kraken urteilen. Conor«, sage ich. »Vielleicht stimmt es ja, was er sagt, und wir tun ihm unrecht. Denkt nur daran, was man uns alles über ihn erzählt hat, was für ein schreckliches Monster er angeblich ist. Aber wie soll denn so eine kleine Garnele den Meeresgrund zum Beben bringen und halb Indigo zerstören? Wie könnte so ein harmloses Wesen einem Kind etwas antun? Schaut es nur an. Das ist doch völlig unmöglich.«
    Faro und Conor drehen sich schockiert um und starren mich ungläubig an. Die Garnele macht einen Freudensprung.
    »Endlich mal jemand, der mich versteht.«
    Ich schaue ihn an und kann nur mit äußerster Anspannung verhindern, dass ich am ganzen Körper zu zittern beginne. Ich bin jetzt auf einer Wellenlänge mit dem Kraken. Ich verstehe ihn. All seine unterdrückte Wut und Grausamkeit sickert nun durch das Licht direkt in mich ein und bereitet mir Übelkeit. Doch ich schlucke den Brechreiz hinunter und fahre mit fester Stimme fort: »Ich bin sicher, dass der Krake den Mer wirklich helfen will, aber sie verstehen ihn einfach nicht.«
    Faro zischt mir durch die Zähne etwas zu, als könne er nicht glauben, was er da hört. Conor sieht mich prüfend an.
    »Saldowr tut, als wäre er so weise«, fahre ich fort, »aber er weiß gar nichts. Na, egal,

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