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Nixenmagier

Nixenmagier

Titel: Nixenmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Dunmore
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einen Fußweg durch die Felder, der zum Hügel über den Häusern führt.
    Ich kenne Rake’s Point, doch normalerweise sieht es hier völlig anders aus. Der Küstenpfad führt eigentlich oberhalb der niedrigen Klippen entlang. Doch als wir dem Ufer entgegenschwimmen, befindet er sich unter uns. Ein Wegweiser mit der Aufschrift »St. Pirans 1 km« steht mitten im Wasser. Ich packe Faros Arm. »Faro, nichts hat sich geändert. Das Wasser ist immer noch da. Glaubst du, Saldowr hat sich geirrt?«
    Das Wasser wirbelt auf, als Faro herumfährt und mich ansieht. »Jetzt schau dir die beiden an.« Er nickt in Richtung Elvira und Conor.
    »Ja, ich weiß.« Conor und Elvira nehmen ihre Umwelt nicht wahr. Sie haben nur Augen füreinander.
    »Saldowr hat gesagt, dass die Gezeiten zum Schlussstein zurückkehren«, stellt Faro fest, als wäre damit alles gesagt.
    »Aber warum steht der Wegweiser dann immer noch im Wasser?«
    »Wir müssen Saldowr glauben.«
    »Dir ist das wohl egal, was?«, bricht es aus mir heraus.
»Deinetwegen könnte St. Pirans für immer unter Wasser liegen, so wie das Dorf, das du mir gezeigt hast.«
    »Habe ich dir etwa nicht geholfen?«, gibt er zurück. »Wärst du ohne mich heil nach St. Pirans zurückgekommen? Und denk daran, Sapphire, was Saldowr alles für uns getan hat.«
    Ich schäme mich. Wir haben Saldowr zurückgelassen. Er hat sich allein der Gewalt der Gezeiten entgegengestellt, als sie zum Schlussstein zurückkehrten. Kein Wunder, dass Faro sich große Sorgen um ihn macht. »Es tut mir leid, Faro.«
    »Saldowr wird nicht sterben«, sagt Faro rasch. »Du hast ihn gehört. Er wird einen Heiler finden. Wenn Saldowr sagt, dass er überlebt, dann wird er auch überleben.«
    Faros Stimme erzeugt ein seltsames Echo in meinem Kopf. Er erinnert mich an jemand … Ich forsche eine Weile in meinem Inneren, und dann trifft es mich wie ein Blitz. Faro erinnert mich an mich selbst. Auch ich habe wider alle Wahrscheinlichkeit die Hoffnung nie aufgegeben, dass Dad noch am Leben ist.
    »Ja«, sage ich ruhig. »Saldowr ist stark. Aber die Flut ist immer noch da. Sieh dich um.«
    »Mach dir keine Sorgen«, beschwichtigt Faro mit unerträglicher Ruhe. »Du willst immer, dass alles sofort passiert. Für dich ist der Gezeitenknoten so etwas wie ein Zaubertrick. Das ist Luftdenken, Sapphire.«
    »Aber das Wasser ist sehr real, Faro.«
    »Mag sein … außerdem habe auch ich mich geirrt«, fährt Faro fort, als mache er ein großes Zugeständnis.
    »Wie meinst du das?«
    »Ich dachte immer, je mächtiger Indigo würde, desto mehr Glück und Frieden wäre in der Welt.«

    »Du dachtest also, dass es egal ist, wenn Tausende von Menschen ihr Heim, wenn nicht ihr Leben verlieren, solange die Mer glücklich sind?«
    Faro spricht weiter, als hätte er mich nicht gehört. »Aber auch Tausende von Mer haben sich verletzt, wurden von den Gezeiten fortgespült, sind in Höhlen gefangen und suchen nach ihren Kindern.«
    Vielleicht ist Dad dasselbe passiert! Natürlich hat er uns nicht im Stich gelassen. Er kam doch, um uns zu warnen. Er hätte alles dafür getan, um uns in den Fluten zu finden, aber er konnte es nicht. Vielleicht wurde er in einer Höhle eingeschlossen, deren Eingang jetzt von einem großen Felsbrocken versperrt ist. Vielleicht ist er verletzt …
    »Weißt du, wie es meinem Vater erging, als die Gezeiten sich verselbstständigt haben?«
    Faro macht einen perfekten Rückwärtssalto, als würden wir an einem Sommertag unbeschwert miteinander herumtollen. »Ja.«
    »Davon hast du mir nichts erzählt!«
    »Er musste das Baby retten. Sie wären fast weggespült worden. Meine Tante hat sich verletzt.«
    »Hm.«
    Natürlich musste er das Baby retten. Das verstehe ich. Auch ich würde niemals wollen, dass einem Baby etwas zustößt. Es war so klein und hilflos. Aber Conor und ich waren doch zuerst da …
    Faro nimmt meine Hand in seine Hände. »Unsere Leben werden sich wieder verbinden, kleine Schwester«, sagt er ernst. »Wir gehören zusammen, das weißt du doch. Was immer die Gezeiten auch tun, sie können uns nicht auseinanderbringen. «

    Seine Hände und sein eindringlicher Blick erfüllen mich mit einem seltsamen Gefühl des Trostes. Ich werde Indigo nicht verlassen, nicht vollständig. Ein Teil von mir wird immer dort sein.
    St. Pirans 1 km, sagt der Wegweiser, um den das Wasser schwappt. Ich bin noch in Indigo, doch die Menschenwelt macht sich immer deutlicher bemerkbar. Plötzlich werde ich von einer

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