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Nixenmagier

Nixenmagier

Titel: Nixenmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Dunmore
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zittert. Sie hat Angst. Die Kälte lässt mich stottern, als ich sie zu beruhigen versuche.
    »Esssss tut mir lllleid. Ich wwwwollte dich nicht sssso lang alllllein lassen. Ich wwwwollte dir kkkkkeine Angst machen. Bbbitte, Sssadie, hör auf zu zittttttern.«

    Ich lasse meinen Schlüssel behutsam ins Schloss der Haustür gleiten, schleiche die Treppe hinauf und verschwinde im Badezimmer. Dort ziehe ich meine nassen Sachen aus, gehe unter die Dusche und drehe die Hähne voll auf. Das heiße Wasser prickelt auf meiner kalten Haut. Ich schließe die Augen und sauge die dampfende Hitze in mich auf. In Indigo ist mir niemals kalt. Ich tue meine Kleider in die Waschmaschine, stopfe meine Turnschuhe mit Zeitungspapier aus und stelle sie neben den Boiler, damit sie morgen früh trocken sind.
    »Sapphy, bist du da drin?«
    »Ja, Mum!«
    »Du bist aber schnell zurück. Ich hoffe, Sadie hatte genug Auslauf. Und verbrauch nicht das ganze heiße Wasser.«
    War ich schnell zurück? Wirklich? Faro hat also recht gehabt. Heute Abend vergeht die Zeit in Indigo fast gar nicht.
    »Bin gleich fertig, Mum!«, rufe ich.

    Als ich am nächsten Morgen aufstehe, finde ich Sadie der Länge nach ausgestreckt auf dem Wohnzimmerteppich vor. Mum steht in der Küche am Ende des Raumes und macht Kaffee. Als ich das Zimmer betrete, blickt sie kurz auf.
    »Ich will nicht, dass du dir Sorgen machst, Sapphy, aber Sadie scheint es nicht gut zu gehen.«
    »Was ist mit ihr?«
    »Ich weiß es nicht. Sie ist völlig apathisch.«
    Ich knie mich neben sie. Ihr Schwanz klopft träge auf den Fußboden. Ihre Augen sind matt. Sogar ihr Fell scheint seinen Glanz verloren zu haben. Gestern war sie doch noch völlig gesund.
    Ein kaltes Gefühl der Angst beschleicht mich, vermischt
mit Schuldbewusstsein. Ich habe Sadie an den Pfosten gebunden zurückgelassen. War in Indigo, ohne einen Gedanken an sie zu verschwenden. Mehrere Stunden hätten vergehen können. Aber so war es nicht. Ich war zurück, noch ehe sie mich richtig hätte vermissen können.
    Zeit. Ist Hundezeit dasselbe wie Menschenzeit? Vielleicht kam Sadie meine Abwesenheit wie eine Ewigkeit vor. Vielleicht hatte sie Angst, ich könnte ertrunken sein. Ist es möglich, dass sie eine Ahnung davon hatte, wo ich war? Was für Ängste muss sie ausgestanden haben, falls sie gespürt hat, dass ich sie allein an Land zurückgelassen habe, um in eine fremde Welt einzutauchen, in der sie selbst allenfalls eine Minute überleben könnte. Sie muss gedacht haben, ich hätte sie im Stich gelassen.
    »Wollen wir spazieren gehen, Sadie?«, frage ich, um ihre Reaktion zu prüfen. Doch sie rührt sich nicht. Kein freudiges Aufspringen, kein Scharren der Pfoten auf dem Holzboden, kein erwartungsvolles Glänzen in ihren Augen. Sadie starrt mich traurig an, als wolle sie sagen: Warum fragst du mich jetzt, wenn es mir schlecht geht?
    »Sie ist krank, Mum. Sie ist wirklich krank.« Ich kann die Panik in meiner Stimme nicht verbergen, obwohl ich Sadie nicht beunruhigen will.
    Mum kommt vom Herd herüber und blickt Sadie stirnrunzelnd an. »Nein, gut sieht sie nicht aus«, sagt sie schließlich. »Ich wünschte, Roger wäre hier. Der wüsste, was zu tun ist. Aber der ist heute in Newquay.«
    »Ich gehe mit ihr zum Tierarzt.«
    »Zum Tierarzt? Ach, ich weiß nicht, ob das nötig ist, Sapphy. Ihr ist nicht wohl, das ist alles. Lass uns erst mal abwarten, wie es ihr morgen geht.«

    »Das sagst du doch nur, weil der Tierarzt Geld kostet!«, platzt es aus mir heraus. »Ich werde ihn selbst bezahlen. Ich habe immer noch das meiste von meinem Geburtstagsgeld, das reicht.«
    »Hältst du mich wirklich für so eine Art von Mutter, Sapphy? Glaubst du, ich würde es zulassen, dass du dein Geburtstagsgeld für den Tierarzt ausgibst?«
    Mum scheint wirklich gekränkt zu sein. Ich merke, dass ich ungerecht bin. Mum schätzt das Risiko anders ein, weil sie nicht weiß, was Sadie letzte Nacht durchgemacht hat.
    »Das macht mir nichts aus«, erwidere ich. »Ich habe keine andere Verwendung für das Geld.«
    »Hör zu«, sagt Mum besänftigend. »Wenn Sadie wirklich krank ist, dann werden wir selbstverständlich mit ihr zum Tierarzt gehen. Aber erst mal warten wir bis morgen ab, okay?«
    »Aber sie ist krank, Mum! Schau sie doch an. Sie sieht aus, als wäre kaum noch Leben in ihr.«
    »Du übertreibst, Sapphire!«, entgegnet Mum lebhaft. »Da kommt Conor, vielleicht kann er dich ja überzeugen.«
    Doch Conor ist nicht in der Stimmung, um lange

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