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Nixenmagier

Nixenmagier

Titel: Nixenmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Dunmore
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dich treffen möchte.«
    »Wer?« Mein Herz macht einen Sprung. Könnte … könnte Faro vielleicht jemand kennen, der weiß, wo Dad ist?
    »Mein Lehrer.«

    »Aha.« Ich versuche, die Enttäuschung in meiner Stimme zu verbergen, doch Faro nimmt sie sofort wahr.
    »Er ist ein großer Lehrer«, fügt er stolz hinzu.
    »Daran zweifle ich nicht … äh, wie ist sein Name?«
    »Saldowr.«
    »Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es ist, in eine Unterwasserschule zu gehen.«
    Faro lacht. »Wir gehen auch nicht in Schulen. Wir lernen die Dinge, wenn es an der Zeit dafür ist.«
    »Ich verstehe.« Faro scheint so sicher zu sein, dass sein Leben das richtige ist. »Aber wäre es nicht besser, zur Schule zu gehen und alles am selben Ort zu lernen?«
    »Ich hab schon von ›Schulen‹ gehört. Da sitzen dreißig junge Menschen und ein alter Mensch die ganze Zeit in einem Zimmer.«
    »Wir haben verschiedene Räume für verschiedene Fächer«, betone ich.
    »Hm.«
    »Außerdem essen wir auch gemeinsam und gehen in den Pausen nach draußen.«
    »Euer Leben ist schon merkwürdig«, sagt Faro nachdenklich. »Alle Kinder auf einem Haufen und in diesen Schulen versteckt. Gefällt dir das, Sapphire?«
    »Wir müssen dorthin gehen. So ist das Gesetz.«
    Faro nickt schweigend. »Das würde ich mir gern mal ansehen. Die Räume müssen sehr schön sein, weil sonst niemand von euch so lange darin bleiben würde. Aber jetzt komm mit zu meinem Lehrer. Er möchte dich unbedingt kennenlernen.«
    »Wie weit ist das?«
    »Nicht sehr weit«, antwortet Faro unbedacht. »Ein Stück
hinter den Verlorenen Inseln. Wir könnten schon morgen wieder zurück sein.«
    »Morgen?« Plötzlich steht mir das Bild von Sadie vor Augen, festgebunden an einem Eisenpfosten. Sie denkt, dass ich in ein paar Minuten zurück sein werde. Sie macht sich bestimmt schon Sorgen, richtet ängstlich winselnd ihre Nase in Richtung Strand, während das Wasser steigt. Ich sehe sie genauso deutlich vor mir, wie die Erinnerung, an der Faro mich teilhaben ließ. Normalerweise verblasst das Leben an Land hier in Indigo, doch das Bild von Sadie ist hell und klar. »Ich muss zurück, Faro!«
    »Mach dir keine Sorgen um die Zeit, Sapphire. Indigo ist stark heute Nacht. Aber das muss ich dir nicht erzählen, oder? Du hast es gespürt. Du warst in Indigo, ehe du damit gerechnet hast, und es hat dir nicht wehgetan. Das Mer-Blut weiß um Indigos Stärke. Doch Indigo ist nicht nur stark, sondern auch glücklich. Hör genau zu, Sapphire. Indigo ist lowenek . Du kannst es hören.«
    Dieses Wort erinnert mich an etwas. Wer hat es zu mir gesagt? Natürlich, der Delfin. Aber er schien nicht davon zu reden, wie glücklich er ist. Er klang erregt, unheilvoll. Als wolle er mich warnen.
    »Ich muss zurück, Faro! Zu Sadie. Ich habe sie mit ihrer Leine an einem Pfosten angebunden.«
    Faro macht im mondbeschienenen Wasser einen Salto. Sein Körper dreht sich in einem Muster aus Licht und Schatten. Als er wieder zur Ruhe kommt, sagt er: »Ich glaube, du bist selbst ziemlich angebunden.«
    »Ich?«
    »Ja, du. Immerzu willst du nach Hause. Wenn du im seichten Wasser stehst, sehnst du dich nach Indigo, doch sobald
du hier bist, musst du wieder zurück. Saldowr will unbedingt mit dir sprechen. Er hat dir etwas Wichtiges zu sagen.«
    Ich bin drauf und dran, ihm eine patzige Erwiderung zu geben, als ich begreife, dass Faro verletzt ist. Er hat mir angeboten, mich zu seinem Lehrer mitzunehmen, und ich habe abgelehnt. Diese Sache muss ihm sehr am Herzen liegen. Faro hat nie über seinen Vater oder seine Mutter gesprochen. Vielleicht bedeutet ihm sein Lehrer deshalb so viel, weil er keine Eltern hat.
    »Tut mir leid, Faro. Ich würde deinen Lehrer sehr gern kennenlernen«, erwidere ich, »aber heute Nacht geht es einfach nicht. Nicht wenn ich Sadie angebunden zurückgelassen habe.«
    »Hm«, brummt Faro und scheint durch meine Entschuldigung ein wenig besänftigt zu sein. »Mal sehen … Saldowr ist nicht wie ein zahmes Haustier. Den kann man nicht irgendwo anbinden und wiederkommen, wann es einem passt.«

    Triefnass stolpere ich aus dem Wasser, hinaus in die Kühle der Nacht. Die Wellen schlagen gegen die höchste Stufe und im nächsten Moment wird die Treppe vollkommen überspült.
    Ich beginne unkontrolliert zu zittern. Schnell, schnell, sofort nach Hause. Ich schaffe es kaum, Sadie loszubinden. Sie drückt ihren warmen Körper gegen meinen und leckt mit ihrer rauen Zunge meine Hände ab. Doch auch Sadie

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